Fazit: Tour durch Dänemark

Dänemark hat mir wunderbar gefallen. Die Landschaft ist hübsch, wenn auch nicht spektakulär. Viel Landwirtschaft, relativ flach (ein Segen auf dem Rad!) und mit perfekten Straßen für Radfahrende. 

Der Wind kam entweder von Hinten oder der Seite, war zum Glück auch nicht sonderlich stark. 

Die beiden Übernachtungen waren auf seh gegensätzliche Art toll: Das Wildcampen im um gedrehten Boot war selbst beim zweiten Besuch noch ein Erlebnis. Und meine erste Warmshower-Erfahrung hätte besser gar nicht sein können. 

Statistik 

  • Tage im Land: 2,5
  • Zurückgelegte Kilometer: 203
  • Wildcamping Nächte: 1
  • Warmshower Nächte: 1
  • Tagesdurchschnitt Kosten: 

Tag 4-5: Rostock – Holte 

Tag 4: Rostock – Praesto

(Ein Klick auf die Route vergrößert diese) 

Der Morgen begann früh. Ich habe mich mit meinen endlosen Taschen aus dem Hotelzimmer geschlichen, um meine beiden  Zimmernachbarinnen nicht zu wecken. Schnell auf dem Gang gepackt und dann alles ab aufs Rad. 

Ohne Frühstück ging es in Eile die 12 Kilometer zum Rostocker Überseehafen. Von den Temperaturen her angenehm und die Strecke gut ausgeschildert. So war ich knappe 35min später am Check-in Schalter von Scandline und habe für vergleichsweise günstige 19€ ein Ticket erworben um von Rostock nach Gedser überzusetzen. Das passierte dann auch passenderweise auf der ‘Copenhagen’. 

Spanned ist immer der Beladungsprozess, da die Räder immer als erstes an Board dürfen. Schon schön mit mehreren Radfahrer_innen durch die leeren Decks zu fahren. Es stellte sich mal wieder raus, dass ich das schwerste Rad am Start hatte, besonders auf die dänischen Rennradler mit Bikepacking – Ausrüstung (kleines Täschchen hinter der Satelstütze mit Ersatzklamotten) war ich neidisch. Deren Rad mit Gepäck wog wohl so viel wie mein Vorderrad allein. 

Die Fährfahrt war entspannend wie immer, hab in der Sonne gelegen und gelesen. 

In Gedser begrüßte mich nach knappen 100m dieses Schild!:

Da weiß man wenigstens was das Ziel ist. Spannend es erstmalig angeschrieben zu sehen. Mit jedem geradelt Kilometer wächst in mir die Erkenntnis, was ich mir dabei eigentlich zugemutet habe. Auch ist meine Tour etwas länger geplant als oben beschriebene Kilometeranzeige. Aber egal, jeder Kilometer bringt mich dem Ziel näher, und runtergebrochen auf die ganzen spannenden Ziele, die ich im Laufe der Reise noch ansteuern will verliert dieser Kilometerberg auch an Einschüchterungspotential. 

Der Weg führt über wunderbare Radwege  erst nach Nykøbing und dann weiter in Richtung Varningsborg. Heute habe ich nach gefühlten 3 Tagen Gegenwind endlich mal Rückenwind. Ich fahre im zwölften, statt im zehnten Gang und erreiche angenehm eine Reisegeschwindigkeit von 25km/h, wo die letzten Tage eher so 18 drin war. Kann gerne so weitergehen. 

Wieder mal zeigt sich, wie viel weiter die Dänen in Sachen Radwegsnutzung sind. Die Radwege waren teilweise genauso breit wie die Auto-Spur, und selbst wenn keine dezidierte Spur vorhanden war, da war der Seitenstreifen 50cm breit und nicht wie in Deutschland nur 20cm. Die Autofahrer sind super rücksichtsvoll, und schleichen lieber einen ganzen Berg bei 10km/h hinter mir her, als dass sie überholen würden, ohne die Gegenfahrbahn überblicken zu können. Habe heute eine Radfahrerin gesehen, die gestürzt war. Das Auto,  dass sie kurz vorher überholt hatte stieg sofort in die Bremsen und fuhr sogar im Rückwärtsgang zurück um zu sehen, ob es der Fahrerin gut geht. Ich bin beeindruckt! 

Um Mittag rum setze ich per Brücke auf die nächste Insel über. Rechts davon sieht man die nächste Brücke, welche allerdings nur für den PKW-Verkehr auf der Autobahn befahrbar ist. Aber so war wenigen meine Brücke leerer. War auch viel spannender, ne Brücke die gleichzeitig von Füßgänger_innen, Fahrrädern, Autos und Zügen befahren werden kann habe ich noch nie gesehen. 

Am Brückenbeginn noch ein Foto für eine Leserin dieses Blogs.  Du weißt schon, dass du damit gemeint bist 😉 :

Mittagspause gab es beim örtlichen Sperrmüll, ich gebe zu, mein Rad und ich, wir fühlten uns ein wenig alleingelassen 😀

 Kann es noch skandinavischer werden? 

Abschließend ging es dann zu meinem liebsten Wildcamping-Platz aller Zeiten (auch wenn ich hoffe auf dieser Reise noch ein paar weitere für meine Liste zu entdecken). Der Campingplatz besteht aus zwei umgedrehten Booten am Wasserrand und eignet sich ideal für eine Übernachtung. Beschrieben hatte ich den Platz schon bei der letztjährigen Kopenhagen Tour, da hat er mir so gut gefallen, dass ich einen Umweg eingeplant habe um heute wieder hier Übernachten zu können. 

Nach knappen 90km heute erreichte ich den Platz bereits um 16 Uhr und hatte so Zeit, ordentlich in der Sonne zu liegen, dass erste Buch fertig zu lesen, nach Herzenslust zu schlemmen und sogar den Privatstrand auszutesten:

Davon gibt es zwei Stück, leider war das Wasser recht voll mit kleinen rosa Quallen. Als ich schließlich doch im Wasser war (erstaunlich warm sogar), merkte ich, dass die Sandzunge mehrere hundert Meter raus ins Meer ging, es also nie tiefer als 30cm wurde. Der erste richtige Badegang im Meer ist also verschoben. 

Sonst gab es lecker Nudeln mit Bolognese-Sauce und jetzt sitze ich hier um 22 Uhr in meinem Boot, es ist immer noch Hell und werde nun wohl lesen bis mir die Augen zufallen.  

Tag 5: Praesto – Holte

(Ein Klick auf das Bild vergrößert die Route) 

Heute beginnt kühl und wolkenbehangen. Ist mir ganz recht, dann kriegt mein Sonnenbrand heute mal Zeit zum ausheilen. 

Nach dem Zusammenpacken geht es wieder zurück auf die Landstraße. Die stellt sich heute als erstaunlich hügelig heraus. Kaum braust man von einer Kuppel herunter, wartet in der Talsohle direkt der nächste Anstieg, den ich mit ca. 10km/h hoch schnaufe. 

Die ersten 40km bis Koge kosten so unglaublich viel Kraft. Weil heute alles so wolkenverhangen ist, gibt es auch weniger Fotos. 

 Nanu, doch falsch abgebogen? 

In Køge geht es dann am Meer entlang immer in Richtung Kopenhagen. Mittagspause mache ich am Strand. 

Dein Traum, Tamina? 

In Kopenhagen beginnt es ziemlich entspannt. Ich fahr auf einem Radweg neben der Straße und an manchen Stellen könnte man meinen, man ist gar nicht mehr in der Stadt. 

 Die Schafe haben das Auenland übernommen. 

Ich sag doch die Dänen sind verrückt nach Radfahrern. An manche Ampeln gibt es diese Gitter, da kann man den Fuß drauf abstellen ohne absteigen zu müssen. 

Zum Ende hin wird es dann doch unangenehm, zu viele Abzweigungen müssen gefunden werden, dauernd ist eine Ampel rot. So verbringe ich die letzte Stunde mit vielen Blicken aufs Navi und das linke Knie, welches das Rad immer wieder aus dem Stillstand beschleunigen darf, fängt auch gehörig an zu meckern. Hoffentlich gibt sich das die Tage wieder. 

Kurz hinter Kopenhagen biege ich in Holte von der Straße ab, nachdem ich heute knappe 100km zurückgelegt habe. In Holte habe ich vor zwei Tagen via Warmshowers (eine Couchsurfing-Plattform für Radreisende) eine Einladung für eine Übernachtung erhalten. Schon bald zeigen mir Lars und Annette ihr wunderschönes Haus. Lars hat im Keller eine Werkstatt, die selbst NASA und BMW beschämen würde. Hier baut er selbstentwickelte Elektro-Trikes, also Fahrräder mit 3 Rädern. Sein neuer Prototyp soll über 500km Reichweite haben, und da der Motor mehrere Tausend Watt bereitstellt kann man mit einem Druck auf dem Gashebel auch jegliche Tempolimits überschreiten. Ich darf mir das gar nicht zu genau anhören, sonst will ich morgen nicht mehr auf meinem schweren Drahtesel steigen und steile Hügel erklimmen. 

Annette und Lars kochen zum Abendessen wunderbare Burger und haben auch sonst allerlei spannende Geschichten zu erzählen, weswegen wir bis spät noch quatschend im Esszimmer sitzen. 

Auch die Möglichkeit unter eine heiße Dusche zu springen, sowie die dringend notwendige Wäsche meiner muffeligen Klamotten werden dankenswerterweise möglich gemacht. 

Vielen Dank euch beiden für eine tolle Übernachtung, habe mich sehr gefreut euch kennenzulernen! 

Morgen geht es dann mit der Fähre nach Schweden, nach zweieinhalb Tagen also gleich weiter ins nächste Land.  

Fazit Tour durch Deutschland

Auch wenn die Strecke mit nur 3 Tagen doch recht kurz war, möchte ich noch ein kurzes Fazit zum deutschen Abschnitt schreiben. 

Da mir die Gegend bekannt war, gab es landschaftlich keine großen Überraschungen. Wunderschön waren die vielen Rapsfeld, sowie die schönen Alleen die dringend nötigen Schatten spendeten. 

Fasziniert bin ich immer wieder davon, wie hügelig der ach so ‘flache’ Norden Deutschlands doch ist. Mecklenburg-Vorpommern war ein konstantes und kraftraubendes Auf und Ab. 

Die Autofahrer sind alles von super-vorsichtig bis komplett bekloppt. Teilweise hat der Gegenverkehr zum Überholvorgang angesetzt, nur damit Daniel und 2 Auto parallel auf der Straße sich befanden. Auch LKW Fahrer scheinen doch einen recht ‘liberalen’ Umgang mit dem Sicherheitsabstand zu haben, das wurde teilweise arg knapp. 

Jedes Mal ein Highlight beim Fahren: Die Tierwelt, die man vom Rad aus entdecken kann. Auch in Deutschland sieht man jede Menge davon:

  • Mehrere Gruppen Rehe beim äsen im Wald. 
  • Störche im Flug und auf der Wiese
  • Eine Schlange am Wegesrand
  • Zwei Füchse auf der Jagd, samt super-niedlichen Sprung auf die Beute
  • Ein Feldhase der vor mir vom Weg in die Wiese geflüchtet ist
  • Mehrere Raubvögel, die vor mir in Fahrtrichtung mit durch die Alleen flogen und mich so ein wenig “begleiteten” und sonst auch öfters in der Thermik beim Kreisen zu beobachten waren

Alles in Allem also ein sehr schöner Abschied, auch wenn ich mich jetzt auf neue Gegenden freue. 

Statistik 

  • Tage im Land: 3
  • Zurückgelegte Kilometer: 298,60
  • Wildcamping Nächte: 0
  • Campingplatznächte: 2
  • Hostel Nächte: 1
  • Warmshower Nächte: 0
  • Tagesdurchschnitt Kosten: 

Tag 2-3: Wentowsee bis Rostock

Tag 2: Wentowsee bis Malchiner See

(Zum vergrößern bitte die Route anklicken) 

Nach einer sehr entspannenden Nacht im Zelt (Schlaf nachholen), geht es heute früh sogar einigermaßen mit dem Packen und so komme ich um 10 Uhr los. 

Mein Weg führt mich heute erneut über zahlreiche Landstraßen, erst schön verschlungen durch zahlreiche Wälder, später über Felder und entlang Alleen. 

50 shades of green

In Neustrelitz geht mir nach knapp 40km schon die Puste aus, deswegen gibt es eine Pause beim örtlichen Döner-Imbiss. War wahrlich kein Sternekoch, da hätte ich wohl lieber mein Brot und meine Salami gegessen. 

Diese Teufelsanbeter… 

Problem heute:
Ich wollte es eigentlich deutlich kürzer angehen als gestern, einfach um den geschundenen Körper ein wenig Zeit zum erholen zu geben. Allerdings gibt es hier weit und breit kein Campingplatz, ich musste also eine gehörige Strecke fahren um zum nächsten zu kommen. Die Alternative wäre gewesen schon nach 45km den Campingplatz aufzusuchen, dass war mir dann aber doch zu kurz.

Generell zeigt sich Mecklenburg-Vorpommern von seiner schönsten, sonnigsten Seite. Allerdings ist hier auch wirklich kein Kilometer flach: Endlos geht es auf und ab, jede Beschleunigung beim Bergab fahren wird mit vollständiger Gewissheit beim darauf folgenden Anstieg wieder ausgebremst. 

Tolle Naturerlebnisse am Wegesrand

Leider gab es auch keinen Stellplatz direkt an der Route. Ich bin nach 90km heute von der Hauptroute abgebogen, um 10 Kilometer zum Campingplatz zu fahren. 

Und nachdem ich im Ort ankam, stellte ich fest, dass dieser Campingplatz gar nicht mehr existiert. Das bedeutete erstmal, zwei Kilometer bis zur Abbiegung zurückzuführen, leider alles bergauf. Und dann noch mal 5km weiter weg von der Hauptroute. Dieser Weg ging zwar bergab, heißt aber, dass ich morgen diese 5km Steigung als erstes in Angriff nehmen muss, und insgesamt 15km zurück zur Route fahre. 

Dementsprechend bin ich heute Abend nach 107km auch platt wie noch was und ärgere mich, dass ich heute das komplette Gegenteil von ‘Einfach mal Ruhig angehen lassen’ gemacht habe. Zudem war ich den ganzen Tag über zu faul mich einzucremen und hab nun die Rechnung erhalten: Sonnenbrand an mehreren Stellen! Wenigstens das Badselfie sah heute witzig aus, ganz in weiß und rot. 😉 

Einziger Vorteil der nächsten Tour: Bis Rostock sind es nur knappe 75km morgen, werde also mit etwas Glück dort am Nachmittag ankommen und kann sowohl in Ruhe ein Hostel suchen, wie auch den örtlichen Supermarkt plündern. 

Tag 3: Malchiner See bis Rostock

(Zum Vergrößern der Route bitte auf das Bild klicken) 

In der Früh liegt noch ein gespenstischer Nebel über dem Campingplatz. Die Vögel haben mich schon um 4 Uhr geweckt, geschlafen habe ich heute bis 7 um die größte Mittagshitze zu umgehen. 

Durch schnelles Packen und Duschen komme ich bereits um 9 Uhr los. Und es stellt sich raus: Die steile Strecke, die sich gestern ins Gedächtnis gebrannt hast, ist in Wahrheit gar nicht so schlimm. Relativ schnell bin ich wieder auf dem Bergkamm und damit wieder auf flacher Terrain. 

Schnell bin ich zurück in Malchin, dann geht es über Teterow und Laage. Ausgebrannter LKW-Wrack. Was da wohl passiert ist? 

So mag ich meine Radwege: Neuer Asphalt, von der Straße getrennt und vorallem: Steil bergab! 😉 

Generell scheint es heute deutlich stärker bergab zu gehen, scheinbar als Lohn dafür, dass ich gestern jeden Hügel in Norddeutschland überwinden musste. Das ist auch gut so, denn bei knappen 28 Grad Celsius muss ich über 24km/h schnell sein um nicht zu schmelzen, zumindest zeigen dies meine ausführlichen Tests im Laufe des Tages. 

Heute habe ich meine Gepäckanordnung ein wenig verändert, so sehe ich mit meinem Rückspiegel tatsächlich auch herannahende LKWs und nicht nur meine Gepäcktragertaschen 😀 Das beruhigt und fördert das entspannte Fahren auf der Landstraße, auf welcher ich wirklich schnell vorankomme. 


Wunderschöne Architektur am Wegesrand.

Insgesamt komme ich weit besser voran als die vergangenen zwei Tage, so gönne ich mir eine lange Mittagspause im Schatten. 

 Gegen 15 Uhr erreiche ich auch endlich das Ziel der Reise in Deutschland:

Und nach kurzer Fahrt durch die Stadt erreiche ich nach knappen 76km das Hostel im Zentrum, welches ich unterwegs gebucht habe. Dies befindet sich direkt neben dem Autonomen Zentrum Peter-Weiss-Haus, es ist also für Punk Musik, billige Cocktails und leckeren Grass Geruch gesorgt. Auch bin ich überrascht, wie schön Rostock ist, da ich die Stadt gar nicht auf dem Schirm hatte. Nun steht sie fest auf der Liste, von Städten die noch einmal ausführlicher besucht werden wollen. 

Eine Kirche mit Wohnungen, Solarzellen und Satellitenschüsseln. Funky! 

Den späten Nachmittag und Abend verbringe ich mit einem überdimensionalen LIDL Einkauf (ich will die günstigen Lebensmittelpreise nutzen und nehme damit auch in Kauf, dass die Ortlieb Gepäcktasche nicht mehr zugeht und ich morgen böse schleppen muss) und einem leckeren Burger zum Abendessen (auch hier nehme ich nicht an, mir das in nächster Zeit in Skandinavien leisten zu können, zu laut klingen noch die die Erlebnisberichte von “19€ Pizza in der schwedischen Tankstelle” in den Ohren. 

Nun werde ich mir hier im Peter-Weiss-Biergarten noch einen Cocktail leisten und dann mich ins Bettchen aufmachen, da ich morgen die Fähre um 9 Uhr erwischen will und dann alsbald nach Dänemark übersetzen werde. 

 

Tag 1: Endlich unterwegs! Berlin – Wentowsee

Afoot and light-hearted I take to the open road,
Healthy, free, the world before me,
The long brown path before me leading wherever I choose.

                  Walt Whitman: Song of the Open Road

Ich bin endlich unterwegs. Auch wenn in der Planungsphase der Tag so fern schien, und ich manchmal nicht mal selber dran glaubte, dass ich die Tour in Angriff nehmen werde. 

Und doch liege ich gerade in einem Zelt nach einem Tag auf dem Sattel und verfasse diesen Post. 

Wie von Walt Whitman in diesem schönen Gedicht dargestellt (danke Joanna!) bin ich nun auf dem “Long brown path” und sofern ich dies mitbestimmen kann, wird dieser mich zum Nordkapp bringen. 

Nach dem Stress der vergangenen Tage und der Aufregung kam der heutige Starttag nach weit weniger Schlaf, als eigentlich gesund gewesen wäre. Ich habe noch ein paar letzte Sachen in der Wohnung aufgeräumt, habe dann mein Rad mit zahlreichen Taschen dekoriert und hab dann das letzte Mal für lange Zeit die Tür hinter mir zugeschlagen. 

Die ersten paar Minuten ging es durch den Prenzlauer Berg zu einem bedeutenden Startpunkt für mich:

Was könnte es besseres geben als von der Nordkappstraße zum Nordkapp zu fahren?

Zweiter Stop ist der S-Bahnhof Westhafen, wo ich mit zahlreichen Freund_innen verabredet bin, die einen Teil ihres kostbaren Feiertags dafür verwenden wollen, mit mir gemeinsam die Tour zu beginnen. 

Es wird eine herrliche Fahrt entlang des Berlin-Kopenhagen Radwegs. Ich bin erstaunt an wie viele Stellen ich mich erinnern kann, obwohl die letzte Tour nach Kopenhagen fast genau ein Jahr zurück liegt. 

Da die Route wirklich gut ausgeschildert ist, brauche ich nicht konstant die Führung übernehmen, und so schlängeln wir uns in Zweier- und Dreiergrüppchen den Weg entlang. 

Starten wollte ich ursprünglich am Brandenburger Tor, einfach weil ich das bisher immer so gemacht habe. Aber da kam mir Kirchentag, 80.000 Zuhörer_innen und ein Mann namens Barack Obama dazwischen. Dieser hält nämlich heute dort die Rede. Dann halt vom Westhafen aus, so sind wir wenigstens schnell am Flughafen Tegel, dann geht es über Henningsdorf und Birkenwerder nach Oranienburg. 

Pausen kommen nicht zu kurz und um 15 Uhr verabschiede ich mich von allen vor dem Bahnhof in Oranienburg. 
Danke euch allen fürs mitkommen, hat mir sehr viel bedeutet und riesigen Spaß gemacht! 

Danach schwinge ich mich wieder auf das Rad und biege nun vom Berlin-Kopenhagen Radweg ab. Der ist zwar schön um die Landschaft zu entdecken, aber so verzweigt, dass man viele extra-Kilometer machen muss um nach Rostock zu kommen. 

Ich stattdessen habe vor, auf relativ direktem Wege voranzuschreiten und da ich von einem Bekannten einen Landstraßen-GPS-Track erhalten habe (Danke Daniel!), fahre ich nun auf dieser Route weiter. 

Das geht meistens ganz gut, auf begleitenden Radwegen neben der Landstraße. Teilweise bleibt mir aber auch nichts anderes übrig als auf der Bundesstraße selbst zu fahren, und da mir die SUV-Fahrer_innen dankenswerterweise ganze 30cm Platz beim Überholen mit 100km/h zugestehen, wird es manchmal etwas unentspannt. 

Bis Oranienburg habe ich bereits 55km auf dem Tacho und langsam merke ich, dass die Kraft in den Beinen schwindet. Bloß gut, dass eine Imbissbude mit dem klangvollen Namen “Curry Imbiss an der B96” meinen Weg kreuzt. Mit neuer Energie folge ich weiter der Strecke! 
Allerdings macht sich das Fahrradgewicht deutlich bemerkbar, mit Gepäck bin ich bei über 50kg, welche beschleunigt und Anhöhen herauf transportiert werden wollen.

Schön ist es dennoch! 

Doch ich habe einen Campingplatz am Gransee im Visier und das werde ich auch schaffen. In Gransee selber merke ich jedoch, dass der Campingplatz doch noch ein Ort weiter ist, und so setze ich relativ müde und erschöpft zu den letzte 10km des Tages an. 

Nach 95km Tagesstrecke komme ich an einem schönen Platz am Wentowsee an und richte mich häuslich ein. Bis auf die zahlreichen Mücken lässt es sich hier gut aushalten, ich nehme es aber einfach als Training für Schweden. 

Sonnenuntergang am Wentowsee
Interessant ist, wie lange alles am Anfang einer Campingreise dauert. Zelt aufbauen, kochen, duschen. Alles dauert gefühlt doppelt so lange wie zu Hause. Und morgen kommt dann noch das Taschen einräumen, ein Vorgang, vor dem es mir jetzt schon graust. Aber mit Übung wird das zukünftig deutlich schneller gehen. 

Ich bin zufrieden mit dem ersten Tag und erwarte mit Spannung, wie sich Popo und Beine morgen bei den ersten Kilometern anfühlen werden. 


(Ein Klick auf die Route vergrößert das Bild) 

Infos über die geplante Nordkapp-Reise

Dieser Beitrag ist noch in Arbeit, ich will noch deutlich mehr Informationen hinzufügen. 

 Idee zu dieser Tour

Da ich das letzte dreiviertel Jahr nahezu geschlossen in der Bibliothek saß, um an meiner Masterarbeit zu arbeiten, kam die Idee nach einem neuen Urlaubsplan recht schnell auf. 

Erstens hatte ich genug Vorlauf um etwas größeres zu planen, weit wichtiger war aber, dass ich von da an mich mit Tagträumen von der zukünftigen Reise durch meine Arbeit quälen konnte und ein klares Glücksversprechen für die Zeit nach der Abgabe hatte. 

Klar war, es sollte eine Radtour werden, unklar allerdings das Ziel. Ganz exotische Pläne wie Pan Americana oder in Richtung Asien aufzubrechen habe ich relativ schnell verworfen, auch aufgrund des Planungsaufwands. 

Schließlich legte ich mich auf Berlin-Nordkapp fest: Ich kann vor der Haustür losfahren, ich muss keine Visa beantragen, ich kenne Teile der Länder, die durchfahren werden, es ist nicht komplett fernab der Zivilisation und wenn alles schief geht, kommt man relativ einfach wieder mit Bus, Bahn und Flugzeug nach Hause. 

Nicht gedacht hätte ich, dass eine solche Reise so viel Planung braucht. Zahlreiche Abende wurden darauf verwendet, eine annehmbare Route zu planen (siehe nächster Abschnitt). Aber auch die Auswahl der richtigen Ausrüstung, einigen Neuanschaffungen, sowie der Besuch der ADFC-Fahrradwerkstatt und die Wartung des Rades kostete Zeit. Dabei habe ich aber gelernt wie man allerlei Teile am Rad repariert, davon hatte ich davor wenig Ahnung. 

Schließlich musste, als der Zeitrahmen mit 2,5 Monate beschlossene Sache war auch noch ein Untermieter für die Wohnung gefunden werden, was zum Glück schnell und einfach funktioniert hat. 

Und all das, während ich morgens bis abends an der Masterarbeit saß und versuchte, eine Arbeit zu verfassen, die ihrem wissenschaftlichen Anspruch gerecht wurde. 

Hat aber alles geklappt, auch wenn die letzte Woche vor der Abreise gefüllt war mit mehrseitigen To-Do Listen und weniger entspannt war, als von mir erhofft. 

Nun aber zur Route:

Geplante Route

(Ein Klick auf das Bild vergrößert es.)

Hier könnt ihr die angestrebte Route sehen (Jeder Teil ist ein Foto oben):

Teil 1) Deutschland: Von Berlin nach Rostock. (Nicht komplett über den Berlin-Kopenhagen Radweg, da ich diesen letztes Jahr bereits gefahren bin.)

Teil 2) Dänemark: Nach einer Fähre von Rostock nach Gedser werde ich relativ gradlinig durch Dänemark fahren. Kopenhagen umfahre ich, stattdessen will ich mir Roskilde anschauen.

Teil 3) Schweden: Fähre von Helsingør nach Helsingborg, dann an der Westküste entlang nach Göteborg. Dort biege ich ab nach Trollhättan und dann westlich entlang des gigantischen Vänern See. Ab Karlstadt werde ich die Strecke der Kläralvsbanan nutzen und danach kommt sehr, sehr, sehr viel Wald. Von Mora nach Östersund, weiter über Strömsund, Storuman, Sorsele. Irgendwo nahe Jokkmokk passiere ich dann den Polarkreis und erreiche über Gällivare die Stadt Kiruna in Schwedisch-Lappland.

Teil 4) Schweden/Norwegen: Nach all der Fahrt nach Norden geht es jetzt erstmal westlich von Kiruna nach Narvik in Norwegen. Dort werde ich einen Bus besteigen, der mich bin an den westlichsten Zipfel der Inselgruppen ‘Lofoten’ bringt.

Teil 5) Norwegen: Teilweise fahre ich dann auf den Lofoten, später auf den Inselgruppen Langøya, Andøya und Senja bis nach Tromsø, von dort immer entlang den Fjorden. Danach geht es weiter nach Alta und dann ist es auch nicht mehr weit bis zum nördlichsten Ziel: Dem Nordkapp.

Teil 6) Norwegen/Finnland/Schweden: Einfach am Nordkapp aufhören wäre jedoch langweilig, deswegen will ich über Norwegen und einem kleinen Stück Finnland zurück nach Kiruna fahren. Von dort geht dann auch mein Rückflug.

Nicht aber, bevor ich dort zuerst eine längere Wanderung unternommen habe. Ich war bisher zwei mal in Schwedisch Lappland wandern (siehe die Berichte hier im Blog) und liebe die Landschaft innig. 
Dies wird vor dem Rückflug hoffentlich ein ehrwürdiger Abschluss. 

Ich habe mir vorgenommen, täglich ca. 100km auf dem Rad zurückzulegen und alle 7-10 Tage einen Ruhetag einzulegen. Ob dieses Pensum für mich realistisch ist, wird sich sicherlich zeigen. Ich hoffe ja auf eine stark verbesserte Fitness, welche sich in den ersten Wochen auf Tour einstellen wird, bisher habe ich dieses Jahr viel zu wenige Kilometer auf dem Rad zurückgelegt. 

Unterkunft

Ich nehme meine gesamte Campingausrüstung mit. Das heißt Zelt, aber auch den Kocher und hoffe so möglichst unabhängig zu sein. In Skandinavien gilt weithin das ‘Allermannsräten’ (Jedermannsrecht), was mir ermöglicht an vielen Stellen wild zu zelten. 

Wenn es im Norden doch mal zu kalt und eklig wird, hoffe ich auf Campingplätzen eine Hütte kostengünstig mieten zu können.