Ein Klick auf das jeweilige Bild vergrößert die Ansicht. Wir befinden uns heute auf dem schwarzen Tourabschnitt Nr. 6 (Obwohl ich eine Route nördlich um das Gebirge gelaufen bin, um zur türkisen Tour 15 zu gelangen).
Habe heute den Wecker auf 7 Uhr gestellt und erwarte nun Markus Einschätzung zum weiteren Verlauf. Die Nacht hat ihm tatsächlich geholfen einen Entschluss zu fassen:
Auch wenn es ihm 1-2 Tage zu früh ist, so wird er heute auf den Kungsleden wechseln und ich werde alleine im Sarek weiterziehen. Und auch wenn es für ihn zu früh ist, er bevorzugt diesen Ausstieg als die Option, mehrere Tage im Regen weiter wandern zu müssen, dies kann ich natürlich nachvollziehen.
So dauert das Packen heute früh doch länger, schließlich müssen wir alles korrekt aufteilen, wäre unangenehm wenn ich erst heute Abend feststelle, dass mir die Feuerzeuge fehlen. Der größte Nachteil an Markus Weggang ist, neben dem Fakt das es mit ihm verdammt Spaß gemacht hat, dass nun mein Rucksack wieder schwerer wird:
Ich hatte von Anbeginn der Reise das Zelt und den Kocher getragen, diese zwei Posten machen zusammen fast 5KG aus. Im Gegenzug dafür hat Markus unsere Abendessen und Mittagessen transportiert. Die sind zwar auch schwer, werden aber Tag für Tag ein wenig leichter. (So ja auch der Unterschied im Start-Rucksackgewicht von 32kg zu 27kg) Wäre Markus jetzt im Sarek geblieben, hätten wir langsam die verbleibenden Mahlzeiten auf zwei Rucksäcke aufteilen können, ich hätte ihm im Gegenzug aber Teile vom Zelt und vom Kocher gegeben, damit wir mit ähnlich schweren Rucksäcken weitergegangen wären.
Jetzt behalte ich jedoch die schwere Ausrüstung und mit einem leicht süffisanten Grinsen überreicht mir Markus nun 6 Portionen Abendessen und 6x Mittagessen. Hinzu kommen noch das Sattelitentelefon, die Zahnpasta und dankenswerterweise auch sein Taschenmesser. Gefühlt bin ich also fast wieder beim Ausgangsgewicht von 32kg, es fühlt sich auf jeden Fall wieder mächtig schwer an am Rücken.
Der Abschied nach dem Zeltabbau fällt uns beiden schwer, allerdings verlässt mich Markus auch mit dem schönsten Lob: „Danke für die Planung, lief alles top bisher“, dies verstehe ich als Auszeichnung für die ausführlichen Planungen der letzten Monate, die ich zum größten Teil alleine vorgenommen habe. Ich bin natürlich auch sehr erleichtert, dass bisher das Meiste geklappt hat, denn als Allein-Planer hat man ja auch automatisch die Verantwortung für die zweite Person gleich mit.
An dieser Stelle: Danke fürs Mitkommen Markus! Hat mir sehr viel Spaß gemacht mit dir den Sarek zu erkunden und gemeinsam über die Landschaft staunen zu können. Danke für eine Vielzahl an running gags und ausführliche Gespräche. Gerne bald wieder!
Nach der Verabschiedung laufen wir nun in getrennte Richtungen davon: Markus in Richtung Skierffe um dort den Weg zurück zum Kungsleden zu finden. Für mich geht es wieder westwärts, denn nachdem wir nun am östlichen Rand des Sareks gelangt waren, will ich wieder ins Zentrum des Nationalparks zurück. Mein Ziel für Morgen ist die Querung des Skájdásvágge, um so ins Tal Basstavágge zu gelangen. Auch diese Strecke bin ich letztes Jahr schon gelaufen, kenne mich also aus was mich da erwartet. Um zum Skájdásvágge zu gelangen, müsste ich die Strecke von Vorgestern in Gegenrichtung zurücklaufen. (Hatte da im Tages-Eintrag ja schon angemerkt, dass man in der Früh bereits die Querung sehen konnte.) Nun bin ich die Strecke letztes Jahr einmal gelaufen und dann vorgestern in die Gegenrichtung. Ein drittes Mal wirklich exakt dieselbe Strecke? Muss nicht sein, würde ich gerne vermeiden.
Nach einer ausführlichen Schmökerei im Grundsten-Reiseführer habe ich schließlich eine Alternative gefunden. Zwar wird diese als deutlich länger beschrieben (30km statt etwa 16 km), doch nach einem detaillierten Blick in die Karte geh ich davon aus, dass dort vom Kungsleden aus gerechnet wird und auch am Ende noch ein Stück mit eingeflossen ist, welches ich nicht gehen muss. (Diese Erkenntnisse stellen sich im Laufe des Tages als korrekt heraus!).
Die heutige Wanderung geht somit nicht an der nördlichen Abbruchkante des Rapadalen entlang. Stattdessen biege ich gleich nach Norden ab und laufe über die Jågåsjgaskaláhko-Hochebene in Nordwestliche Richtung, um dann am Fluss im Vássjávágge nach Westen aufzusteigen und auf der Südseite des Berges Vássjábákte mein Zelt aufzustellen. Denn dort beginnt morgen der Passanstieg ins Skájdásvágge.
Das erste Stück bis zum See Ábbmojávrre ist sehr einfach zu gehen, begleitet von wunderschönen Herbstfarben. Auch ziehen, wie in den letzten Tagen, zahlreiche Rentiere an mir vorbei, heute nehme ich mir auch ausreichend Zeit um diese fotografisch festzuhalten.
Ein wenig melancholisch bin ich schon, entscheide mich dann aber beim Laufen doch Musik zu hören und in Gedanken die Woche mit Markus Revue passieren zu lassen.
Als ich beim Abfluss des Sees Niehterjávrre ankomme, habe ich bereits drei Flüsse problemlos passiert. Dies wird mir bei dem Fluss allerdings nicht gelingen. Das Wasser ist zwar nicht tief, aber es finden sich kaum Steine im Wasser, ich finde einfach keine Verbindung zur anderen Uferseite. Also Schuhe ausziehen und ab durchs Wasser.
Auf der anderen Seite beschließe ich gleich Mittagspause zu machen, dann können auch die Füße in Ruhe trocknen. Erstmalig auf der Tour schmeiße ich nun den Kocher zum Mittagessen an, die ganzen Brotlastigen Mittagsspeisen haben wir schon aufgegessen und was übrig war habe ich Markus mitgegeben, damit er Mittags auch was zu beißen hat, wenn ich schon mit dem Kocher weiterziehe.
Bin ich heute früh teilweise noch im T-Shirt gelaufen und die Sonne schien ab und an wird es nun doch deutlich bewölkter und der Wind gewinnt an Stärke, was zugleich die gefühlte Temperatur ordentlich in den Keller plumpsen lässt. Ich beende die Pause somit vorzeitig und gehe weiter. Vielfach geht mein Blick zum Skierffe, auch den Tjahkelij sieht man noch mehrmals. Zudem blicke ich nach Osten auf die Hochebene, auf der der Kungsleden verläuft, in dem Wissen das Markus da gerade irgendwo langstapft.
Die Hochebene wird nach dem Mittagessen deutlich steiniger, spätestens nach der Abbiegung ins Vássjávágge-Tal. Hier geht es über knappe 4 Kilometer knappe 380 Höhenmeter empor, und dies auf einem nahezu durchgängigen Blockfeld. Die Strecke zieht sich trotz guter Musik im Ohr ganz schön. Vor dem Aufstieg hat man einen schönen Blick auf den Dágarlábddå gehabt, auf den ich den vorherigen Teil des Tages direkt zulief.
Nun jedoch dominieren Wolken und Nebelfetzen die Szenerie. Oben angekommen steh ich an der Wasserscheide, hier liegt tatsächlich noch eine Menge Schnee und es ist wirklich bitter kalt.
Quer zum Hang laufe ich nun zur morgigen Einstiegsstelle am Fuße des Berges. Dabei komme ich noch an schlafenden Rentieren vorbei, ein Anblick, den ich so noch nie erlebt habe. Lange bleiben kann ich jedoch nicht, es ist sicherlich gute 10° kälter als gestern Abend und ich will nur schnell eine gute Stelle für mein Zelt finden.
Bald finde ich eine grasige Stelle, wo auch in der Nähe ein kleineres Bach-Rinnsal mit frischem Wasser vorhanden ist. Dies gefällt mir sehr, schließlich habe ich letztes Jahr nur ein paar Kilometer weiter westlich mein Zelt auf purem Schotter aufgestellt, dies wäre mit dem diesjährigen Tunnelzelt wohl nicht gegangen.
Der Zeltaufbau dauert heute Abend ewig! Verglichen mit zwei Personen und vier Händen ist es allein doch komplizierter das Zelt ordentlich abzuspannen, besonders weil hier oben ein ganz schöner Wind weht. Das Zelt will gespannt werden und bis ich 20 Heringe im Boden versenkt habe, vergeht einiges an Zeit. Dafür habe ich aber nun im Zelt aber luxuriös viel Platz. Das mitgenommene Nordisk Oppland 3-Personen Zelt ist schon für Markus und mich zu zweit wirklich geräumig, schließlich hat man ca. 190cm Innenzelt-BREITE und auch im Vorzelt konnten ganz ohne Probleme zwei große Rucksäcke liegen und man konnte immer noch im Vorzelt sitzen und kochen. Alleine kann ich mich also nun ausbreiten wie ich will, das ist natürlich herrlich.
Die morgige Querung liegt heute Abend noch im Nebel, es ist jedoch bereits abzusehen, dass es ein steiler Aufstieg wird. Abends gibt es noch Nudeln Bolognese.
Zudem ist nun mehr als ersichtlich, dass wir viel zu viel Spiritus dabei haben. Ich hatte ja zu Beginn der Reise erzählt, dass wir anderen Spiritus gekauft hatten, und nicht ganz klar war, ob dieser ebenfalls so gut brennt. Aus dem Grund hatten wir das abendliche Tee-Zubereiten weggelassen um im Notfall noch genug Spiritus für den Rest der Reise zu haben. Nun habe ich aber nur noch 5 weitere Tage vor mir und von den ursprünglichen 2 Liter Spiritus sind immer noch ca. 1,5 Liter vorhanden, die schwer auf meinem Rücken lasten. Ich werde vermutlich die kommenden Tage ein bisschen Spiritus in verschwenderischer Absicht abbrennen, aus diesem Grund gibt es ab jetzt aber auf alle Fälle wieder Tee. Im langsam aufwärmenden Zelt zu liegen mit einem Liter Tee und meinem Kindle ist wirklich ein toller Ausklang zu einem sehr schönen Wandertag. Außer Markus in der Früh ist mir keine Menschenseele begegnet, die Einsamkeit gefällt mir nach unserer Zeit am Skierffe, wo man natürlich deutlich mehr Menschen begegnet ist. (Aber auch nicht mehr als 5 oder 6 Personen am Tag)
Abends besuchen mich dafür noch Rentiere direkt am Zelt. Diese sind so nah, ich habe manchmal das Gefühl sie knabbern das Zelt an.