[Tag 8] Wakhan-Tour bis Khorogh

15. Juli 2019: Von Hisor durchs Wakhan-Tal, über Kargush-Pass und die M-41 zurück nach Khorogh per Jeep (Tag 2 von 2)

~280 Kilometer per Jeep. Außerdem 2,5km und 480 Höhenmeter zu Fuß zum Ausblickspunkt.

Ich hab gut geschlafen, obwohl ich gestern einfach nur komplett angezogen ins Bett gefallen bin und mir im Laufe der Nacht mir irgendwann die Daunenjacke als Decke über geschmissen habe. Frühstück gab es dann wie bereits erzählt pünktlich um 6.30 Uhr, weil Akbar um 7 Uhr los wollte. Rückblickend bin ich im dafür auch sehr, sehr dankbar, doch die Gründe dafür sollten sich erst im Laufe des Tages herausstellen. Das Frühstück war karg, es gab das trockene Brot vom Abendessen und ein wenig Marmelade, das Omelette habe ich umgangen. Dazu gab es auch noch zwei verkohlte Pfannkuchen. Trotzdem war ich ganz glücklich mit dem Homestay, besonders da mein Zimmer echt schön war. Mit 190 Somoni (=19€) mit Abstand überteuert, besonders verglichen mit meinen weiteren Unterkünften der Reise, aber nun gut es war wohl der Touristenpreis so abgelegen im Wakhan-Korridor.

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Hisor am Morgen

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Nachdem wir das Auto wieder Beladen hatten ging die wilde Fahrt weiter nach Osten, weiter im Wakhan-Tal. In Langar kamen wir an der Einstiegsstelle für die Wanderung zum Pik Engels vorbei, ein wenig wehmütig, dass es für die Wanderung nicht reicht, bin ich ja schon. Aber andererseits dann doch froh, nicht die nächsten 10 Stunden Bergsteigen zu müssen.

Hinter Langar steigt der Weg gleich richtig an. Langar selber liegt auf 2800m, nach ein paar Serpentinen hinter dem Dorf verwandelt sich der Weg in groben Schotter und klettert immer höher am Berg hinauf. In dem Moment wird mir zum wiederholten Male klar, wie froh ich eigentlich bin, hier nicht mit dem Rad lang zu müssen.

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Es geht steil bergan.

 

 

 

 

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Auch auf afghanischer Seite. Hier ist die letzte befestigte Grenzbrücke nach Afghanistan zu sehen, auch diese mit militärischen Umzäunungen auf beiden Seiten
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Offensive Werbung um Tourist_innen einzufangen wird man hier vergeblich suchen.
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Blick zurück, wir sind seit Hisor/Langar schon ein wenig geklettert.
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Afghanistan
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Afghanistan
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Der afghanische Weg wurde frisch durch einen Erdrutsch verlegt
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Blicke in den Hindukusch

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Stellenweise sieht das Wetter auf der anderen Seite übel aus.

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Der Panj hat sich nun ziemlich tief in den Felsen gegraben, der Ausblick erinnert an eine Miniaturversion des Grand Canyon, schroff läuft der Fluss in seiner Rinne, manchmal verliert man ihn komplett aus den Augen.

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Panj im Canyon

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Nicht an einen Absturz denken, nicht an einen Absturz denken, nicht an…
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Je höher wir kommen, desto weiter reichen die Blicke in den Hindukusch

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Wenig später, in dem was nun als der obere Flusslauf des Panj bezeichnet werden kann, mäandert der Panj lieblich dahin. Weg ist der Wasserdruck der vergangenen Tage, der natürlich auch durch die zahlreichen Zuflüsse und Gefälle entstanden ist. An manchen Stellen kaum mehr 5 Meter breit fließt der Fluss ansehnlich dahin. Auch die Wassertiefe hat abgenommen, an manchen Stellen erscheint er kaum mehr Knietief.

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Der Panj erscheint jetzt zahmer.

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Auch wenn er hier noch ziemlich breit ist….

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… ein paar Kilometer später käme man wohl ohne größere Anstrengungen auf die andere Seite.
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Einzelne Unterkunft auf afghanischer Seite.

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Umso verlockender ist nun der Blick rüber nach Afghanistan. Kaum eine Minute Anstrengung im Fluss und man könnte afghanischen Boden berühren, es wäre ganz leicht. Da ich aber nicht auf die Gastfreundschaft des afghanischen Grenzschutzes zählen dürfte, so ganz ohne Visum, bleibt die Idee ein kleines Leuchtfeuer im Gehirn, ohne konkrete Umsetzung. Zudem habe ich nur ein Single-Entry-Visum für Tadschikistan, sie könnten mir also bei der Querung zurück die Wiedereinreise verweigern, dann wäre ich wirklich aufgeschmissen! Hätte ich jetzt nachts hier mit dem Zelt an einem die tausend kleinen Grasstreifen direkt am Fluss campiert, ich könnte nicht garantieren ob ich nicht doch einen kurzen Abstecher zum anderen Ufer gemacht hätte. Im Vorbeifahren mit dem Auto muss die Idee aber beerdigt werden. Ist wohl auch besser so, einen afghanischen Abschiebeknast will ich nicht von Innen sehen müssen.

Der Weg klettert immer weiter, teilweise geht es auf abenteuerlich befestigter Piste auch an Flüssen vorbei, die direkt von den schneebedeckten Bergen ins Tal rauschen. Irgendwann kommt man an der Kargush Militärbasis samt Checkpoint vorbei, wo nach langer Zeit mal wieder das Visum kontrolliert wurde.

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Der letzte Blick auf den Panj, der mich die letzte Woche lang begleitet hat. Ab nun werde ich mich von der afghanischen Grenze entfernen. Hier oben sieht der Fluss auch eher nach einem Bachlauf aus.

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In Bildmitte die Kargush Militärbasis
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Warten am Checkpoint

Kargush-Pass ist im Winter unpassierbar, und erst im späten Frühjahr trauen sich Autos hier wieder hoch. Ich kann es nachvollziehen, unglaublich schroff erscheint mir die Gegend. Der Blick nach Osten wandert in den Zorkul Nationalpark, viel sieht man allerdings nicht. Ein Besuch des Nationalparks hatte ich in der Planungsphase auch mal angedacht, allerdings braucht man dafür ein Extrapermit und da scheint es wohl richtig Einsam zu sein. Reiseberichte sprachen davon in vier Tagen keiner Menschenseele begegnet zu sein, zudem ist der Weg angeblich richtig grottenschlecht, eine Fahrradpanne dort wäre wohl äußerst unangenehm und folgenreich. Doch auch der Blick am Checkpoint beschert mir eine leichte Gänsehaut: Schneebedeckte Berge reihum und das Gefühl, hier wirklich an einem wenig besiedelten Bereich der Erde angekommen zu sein.

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Steil bergauf
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In Richtung Kargush Pass

Nach der Militärstation geht der Weg weiterhin nur in eine Richtung: Steil Bergauf! Das Auto keucht und stöhnt, doch im Gegensatz zu gestern wartet es nicht mit weißem Rauch unter der Motorhaube auf. Besser so, denn auf uns und den Jeep wartet nämlich ein Pass, doch davor gibt es kurz nach dem Checkpoint einen Höhepunkt für mich: Das Navi springt von 39xx auf 4000m um! Das erste Mal im Leben bin ich auf 4000 Metern angekommen.

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Kargush Pass selber liegt dann auf 4344 Metern. Das sind ganze 1500 Meter höher als wir heute Morgen noch in Langar waren. Somit ein ähnlicher Höhengewinn wie meine Passüberquerung am ersten und zweiten Reisetag, als es hinter Kulob zum Berggipfel ging. Bloß dass es dort auf 2000m Gesamthöhe ging, hier am Kargush Pass ist die Luft natürlich deutlich dünner. Optimal ist es von der Höhenanpassung her ganz sicher nicht, da sagt die Medizin-Richtlinie dass man mehr als 500 Höhenmeter Zugewinn pro Tag vermeiden sollte. Doch ich tröste mich damit, dass ich heute Abend in Khorogh wieder auf 2000 Metern Höhe bin, und dass mein Körper das sicherlich verkraftet.

Nun, es hilft vermutlich, es sich so schönzureden, besonders da nun noch was ansteht: Der Pass ist an sich relativ unspektakulär, zwei kleinere Seen kommen in den Blick. Doch es gibt einen wundervollen Aussichtspunkt auf dem Berg direkt östlich des Kargush Pass. Eingezeichnet ist dieser sogar in meiner Landkarte, und da er 360° Aussichten verspricht, kann ich mir den natürlich nicht verkneifen. Ein wenig schwierig ist es Akbar meinen Wunsch zu vermitteln, auch weil er wohl hoffte einfach schnell nach Khorogh weiterfahren zu können. Doch irgendwann hat er es verstanden. Er gibt mir 2,5 Stunden Zeit zum Wandern, wenn ich in 3 Stunden nicht wieder da bin, kommt er mich suchen. Diese Zeiten gebe ich ihm vor, er ist ein wenig bedröppelt, da er mir ursprünglich eine Stunde zugestehen wollte. Aber hilft ja nichts, in einer Stunde erreiche ich den Gipfel nicht und dafür wird er ja bezahlt.

Akbar bleibt im Auto zurück, ich mache mich querfeldein auf in Richtung Berg, da ich keinen Weg sehen konnte. Im Nachhinein weiß ich, man hätte einfach dem vertrockneten Flusslauf bis oben folgen sollen, so kämpfe ich mich auf teilweise steileren Stellen bergauf. Schneller war diese Route nicht unbedingt, auf losen Schotter komme ich nur mühsam voran. 2 Schritte vor, einen wieder zurück. Ich warte die ganze Zeit darauf wie mein Körper wohl auf die Höhe reagiert. Die Berichte zu rasenden Kopfschmerzen und Übelkeit spuken mir im Hirn herum, ebenso die Erklärungen meiner Ärztin zu Effekten des Hirnödems oder eines Lungenödems.

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Da geht es jetzt hoch!

Doch davon kriege ich zum Glück nichts mit. Ich merke, dass ich alle 40-50 Schritte Pause machen muss, und auch mein Herz schlägt mit solcher Vehemenz gegen die Brust wie ich es sonst bei einer Wanderung nicht kenne. Aber bei den vielen Pausen reichen ein paar Sekunden Durchschnaufen, schon geht es weiter.

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Das erste Murmeltier wartet auf mich, die folgenden Tage werde ich noch dutzende sehen.

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Weiter geht es auf direktem Wege den Berg hinauf. Mein kleiner Notfallrucksack ist, beladen mit all dem Wasser und Kameraequipment, nicht sonderlich gemütlich, aber schlägt sich tapfer. Ebenso wie in einigen Reiseberichten gelesen brauche ich eineinhalb Stunden bis zum Gipfel. Ich stehe auf 4750 Metern, 500 Höhenmeter oberhalb des Kargush Pass!

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Gipfel erreicht!

Auf dem Gipfel empfängt mich eiskalter Wind, der an mir zerrte, doch bei dem unglaublichen Panorama, welches sich vor meinen Augen auftat waren jegliche Widrigkeiten sofort Vergessen. Im Süden sieht man Afghanistan, dort ragen die schneebedeckten Kappen der Hindukush-Berge hinauf. Um mich rum die Pamir-Berge, höhere auch in Richtung Koitezek-Pass wo es nachher mit dem Auto hingeht. Im Osten und Nordosten dann die Berge in China, kurz hinter dem Wakhan-Korridor ist im Osten Pakistan und dann kommt auch schon Indien.

 

 

 

 

 

 

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Koh-i-Pamir (Bildmitte) – 6320m

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Gipfel und Hindukusch-Panorama

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Oben ist noch Luft zum Springen 😉

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Also ein phänomenaler Blick in eine spannende Gegend, die mir so gänzlich unbekannt ist. Dies ballt sich alles zum einem ganz verrückten Gefühl, irgendwo zwischen Spannung, Erleichterung, Verwunderung und tiefer Dankbarkeit.

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Blick in Richtung Kargush-Pass. Dorthin muss ich nun wieder runter.

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Akbar wartet noch beim Auto

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Bis dahin ist es allerdings noch ein Stückchen

Ich bleibe insgesamt nur zehn Minuten auf dem Gipfel, weil es doch knackig kalt ist. Doch die Zeit reicht für einige Fotos und der Ausblick brennt sich hoffentlich für alle Ewigkeit ins Gehirn ein. Schnell stolpere ich wieder dem Tal entgegen, unterwegs begegne ich noch zwei finnischen Wanderinnen samt Jeep-Guide (der war deutlich jünger als Akbar und ist wohl gleich mit hoch gerannt 😉 )

35 Minuten später stehe ich wieder im Tal an der Straße, die Füße brennen von dem rasanten Abstieg und ich hoffe es sind keine größeren Blasen dabei entstanden. Scheinbar sind meine leichten Wanderschuhe dafür nicht gedacht, umso besser dass ich nicht 10 Stunden zu Pik Engels gewandert bin.

Bei der Weiterfahrt erneut die Erleichterung über meinen fahrbaren Untersatz. Die Hochfahrt zum Kargush Pass hätte mich mit Muskelkraft sicherlich 2 Tage gekostet, streckenweise gab es da länger kein frisches Wasser und der Weg war auf der gesamten Strecke hundsmiserabel, das hätte wohl wenig Spaß gemacht. Akbar und ich rumpeln im Jeep weiter, es sind knappe 30 Kilometer Weg vom Kargush Pass, bis man auf den Pamir Highway trifft, der hier in feinstem Asphalt wie eine Fata Morgana erscheint.

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Weiter geht die wilde Fahrt.

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Nun endlich kommt wieder der reguläre Pamir Highway (M41) in den Blick
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Asphalt! Schönster, feinster Asphalt!

Die Torturen scheinen überstanden, ab jetzt wieder auf passabler Straße zurück gen Khorogh. Dies war auch bitter notwendig, für die 30 Kilometer haben wir eine knappe Stunde gebraucht, so mies war der Weg. Unterwegs treffen wir noch einen Radreisenden in die Gegenrichtung, der sich Bergauf die Schotterpiste hochquält. Ich schenke ihm einen Liter Wasser, er wird ihn brauchen, da kommt so schnell erst mal kein fließendes Gewässer in nächster Zeit.

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Das werde ich sein in 3 Tagen…

Zum weiteren Verlauf: Es geht nun auf der M41, dem offiziellen Pamir Highway bergab zurück nach Khorogh. De facto sattle ich morgen das Fahrrad und fahr auf exakt demselben Wege in die Gegenrichtung, also wieder hoch auf das Pamir Plateau. So sehe ich heute schon die Landschaft, die ich die nächsten Tage er-radeln werde. Das finde ich nicht ideal, schöner finde ich es mit dem Rad neue Wege zu erkunden. Doch da ich unbedingt Kargush Pass und den Ausblick vom Berg erleben wollte, machte es Sinn dass ich im Jeep eine Rundtour buche, und nicht durchs Wakhan-Tal zurück kehre nach Khorogh.

Hier am Abzweig warten aber noch 190 Kilometer Jeepfahrt bis Khorogh auf uns. Doch die passable Straße hört bald wieder rauf, für weitere 55 Kilometer verschwindet der Asphalt und es geht auf recht grober Piste dahin. Nicht so schlimm wie im Wakhan, aber schlecht genug um das Tempo drosseln zu müssen.

Die Vorschau darauf, was mich die nächsten Tage mit dem Rad erwartet, gefällt mir gar nicht. Dauernd begutachte ich den Weg aus der Fensterscheibe und frage mich “ist das hier nicht zu steil zum Hochfahren?”, “wo könnte ich denn hier das Zelt aufschlagen, da ist seit 20 Kilometern keine gute Stelle gekommen?”, “wo war eigentlich die letzte Wasserquelle, wie viel Liter Wasser muss ich denn mitschleppen?”. Besonders die Steigungen machen mir Sorgen, der Gegenanstieg sieht wirklich knackig aus.

So mache ich mich selber ganz nervös und verrückt. Wäre ich einfach von der anderen Seite mit dem Rad gestartet, ich hätte jeden Kilometer einfach erkundet und hätte gesehen was mich erwartet. So habe ich jetzt die dumpfe Sorge, dass es Morgen zu anstrengend werden könnte. Wenigstens nutze ich die Autofahrt um mir im Navi einige geeignete Zeltplätze, Wasserquellen und Einkaufsmöglichkeiten einzutragen, so lenke ich mich wenigstens selbst ab und tue was Sinnvolles.

Vor dem Abstieg vom Pamir-Plateau kommen wir noch am Koitezek-Pass vorbei. Hier, auf holpriger Schotterpiste, verschwindet die Sonne gänzlich und die bisherige Hitze wird durch dunkle Wolken ersetzt. Ehe ich mich versehe schüttet es wie aus Kübeln, teilweise auch Schneeregen und dann schneit es zu allem Überfluss auch noch richtig. Ich bin froh im Auto zu sitzen und hoffe inständig dieses Wetter nicht in drei Tagen auf dem Fahrrad zu erleben. Auch sind das aus der Gegenrichtung noch mal viele Höhenmeter auf einem steilen Straßenabschnitt hoch zum Pass, das kann ja was werden mit dem Rad.

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Koitezek-Pass
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und das Wetter wird immer schlimmer

 

 

 

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Doch kurz danach kommt die Sonne wieder raus.

Anschließend geht es zum Glück flacher und wieder auf gutem Asphalt gen Khorogh, ich halte mich mit den Fotos aber zurück, schließlich will ich die Strecke erst “so richtig” mit dem Rad erkunden. Wieder sammeln wir in verschiedenen Dörfern Personen ein und nehmen sie mit. Ich merke dagegen wie ich immer wieder mal eindöse, die Anstrengung der Wanderung holt mich doch ein. Zudem brauchen wir für die 190 Kilometer knappe vier Stunden mit dem Auto, selten kann Akbar richtig Gas geben.

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Auf dem Weg gen Khorogh

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Zurück in Khorogh fährt mich Akbar bis zum Hotel. Insgesamt hat mich die Reise mit ihm knappe 300$ gekostet, was in der Gegend doch eine Stange Geld ist. Hebt meine durchschnittlichen Tagesausgaben auf die ganze Tour gerechnet ganz schön an. Da ich aber ansonsten auf die Eindrücke des Wakhan-Korridors hätte verzichten müssen, war es mir jeden Cent wert! Schade war lediglich das Akbar nicht viel Englisch und ich kein Russisch sprachen, ich hätte gerne mehr von ihm erfahren.

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Danke Akbar und danke lieber Jeep!

Rückblickend mit dem Erfahrungsschatz, den mir die folgenden Tage noch so bringen sollte, wäre ein anderer Plan schlauer gewesen: Ich hätte mein Rad mitnehmen sollen im Jeep und dann oben auf dem Pamir-Plateau aussteigen sollen und meine Tour per Rad dort fortsetzen sollen. Keine Dopplung der M41 und weit weniger Höhenmeter die hochgestrampelt werden müssen. Nun, nachher ist man immer schlauer. Stattdessen erwartet mich jetzt in den kommenden Tagen auf den ersten 160 Kilometern Wegstrecke ein Aufstieg von 2000 auf 4200 Höhenmeter. Andererseits hätte ich mich sicherlich geärgert es mir so einfach zu machen, nun muss ich mich halt an den Anstieg machen. Und wenn es gar nicht geht, dann gibt es auf der M41 genug motorisierten Verkehr, da nimmt mich hoffentlich irgendwer mit. Auch sind die Temperaturen dann durch den Aufstieg wieder deutlich angenehmer als bei meiner Fahrt entlang des Panj.

Zurück in Hotel Zarya bin ich schon wieder der einzige Gast und kriege so erneut das geräumige Doppelzimmer. Abends habe ich wieder den Fahrradständer am Rad montiert, der ja vor einigen Tagen abgebrochen war. Ich hoffe der hält jetzt besser, ich würde mich ärgern das Rad jedes Mal hinlegen zu müssen.

Abends geht es wieder zum Restaurant auf der anderen Flussseite. Am Nebentisch sitzt eine Vierergruppe männlicher österreichischer Touristen und ihre zwei tadschikischen Guides. Die Guides werden von den Männer so sehr von oben herab behandelt, dass ich fast schon bewundernd die Gelassenheit der Guides zu Kenntnis nehme. Gepaart ist dies mit auf Deutsch geführten Abendbrotgesprächen, wo es mir die Nackenhaare aufstellt. In bester FPÖ- und AfD-Manier wird über Flüchtlinge geschimpft, der Islam gesamt als die Geißel der Menschheit stigmatisiert und auch sonstiger rassistischer Müll herausposaunt. Strache sei ja auch ein ganz fantastischer Ehrenmann, es läge nun nur an den Medien, dass so eine Treibjagd auf ihn veranstaltet werde. Auch wird sich bei den Guides beschwert wie miserabel das Mobilfunknetz hier sei. Dass diese 4 Männer Biertrinkend in einem bettelarmen muslimischen Land sitzen, nachdem sie Stunden in einem Flugzeug verbracht haben um hierher zu kommen, diese Ironie ist bei den werten Herrschaften leider nicht angekommen.

Auch die Aussage “die Flüchtlinge klauen uns den Wohlstand” verbunden damit, dass die Senioren nun ihre Rente in einem spottgünstigen Land verprassen fällt scheinbar nur mir auf. Zum Glück verschwinden sie nach 20 Minuten, ich konnte mich nicht entscheiden ob ich mich nun einmischen sollte, oder doch den Rädelsführer von der Terrasse in den Fluss befördern sollte. Ich wünsche der Reisegruppe ja eine wunderschöne Magen-Darm-Erkrankung im weiteren Verlauf ihrer Tour!

Abschließend mache ich es mir im Hotelzimmer gemütlich. Im Gegensatz zu den bisherigen Rad-Tagen habe ich morgen nicht vor wieder so irre früh mich auf meinen Drahtesel zu schwingen. Die Temperaturen dürften weit niedriger sein als in der Vergangenheit, da kann ich es ruhig angehen lassen.