Tag 66 (Tag 14): Skierffe – Vássjálåpptå (Nördlichster Bacharm am Alep Våssjájågåsj)

Gelaufene Kilometer: 17,2

Heute ging es in den Sarek. Und zwar so richtig! Nicht so wie auf dem markierten Weg vom Kungsleden zum Skierffe, sondern endlich querfeldein und fernab anderer Wander_innen.

Nun folgt vielleicht die berechtigte Frage: Was zur Hölle ist eigentlich der Sarek? Und warum machst du da in den vorherigen Einträgen so viel Wirbel drum?

Nun, dieser Fragestellung will ich mich kurz annehmen:
Der Sarek ist ein Nationalpark, der nahezu komplett unberührt ist. Das bedeutet: Keine Hütten, keine Straßenanbindung, kein Funkempfang, nix. Wege gibt es zwar, aber auch nur dort, wo genügend Wanderer vorbeikommen und sich eine kleine Schneise gebildet hat. Oder wo Wildpfade langführen, denen man folgen kann. So ist der Nationalpark Sarek mit 3000 Quadratkilometern bereits an sich ein riesiges Stück Wildnis.

Dazu kommt noch ein weiterer Faktor, und hier zitiere ich den Sarek-Kenner Claes Grundsten aus seinem Reiseführer Sarek – Trekking in Schweden: „Hier findet sich Schwedens größte Konzentration an Gletschern und beeindruckenden Felsmassiven. Man trifft etwa 200 Gipfel an, von denen gut die Hälfte höher als 1800 Meter ist. Fast 30 davon sind über 1900 Meter und 7 über 2000 Meter über Null. Es gibt etwa 100 Gletscher. Die Topografie macht den Sarek einzigartig im Vergleich zu anderen Hochgebirgszügen Skandinaviens. Die Gebirgsmassive liegen in überschaubaren Gruppen, was ein für den Wanderer reizvolles Kartennbild schafft. Die Täler bilden ein Netzwerk und es gibt Labyrinthe aus Gipfeln, Kämmen und senkrechten Felswälden.“ (S. 22f.)

Zudem gibt es einiges an Großwild und Kleinwild. Ungemütlich kann es jedoch werden, denn das Wetter ist in diesen zerklüfteten Tälern ziemlich wechselhaft. So verwundert es auch nicht, dass im Sarek mehr Niederschlag fällt als irgendwo sonst in Schweden, bis zu 2000 mm/Jahr.

So ist der Sarek gesamt gesehen ein recht anspruchsvolles Wandergebiet. Man folgt selten irgendwelchen Wegen, es sind zahlreiche Bäche und Flüsse zu queren (ohne Brücken natürlich), und im Notfall hat man ein ganz schönes Stück vor sich, bis man wieder in der Zivilisation ankommt. Jetzt soll das nicht heißen, dass es irre gefährlich ist, ich will mich hier auch nicht als Helden und wagemutigen Abenteurer aufspielen. Aber es bedeutet nun mal, dass man hier mit mehr Planung rangeht, die Ausrüstung passen muss und man auf jegliches Wetter eingestellt sein muss.

Nach der Reise in den Sarek kann ich sagen, dass ich einen gewaltigen Respekt für die Abenteurer des vergangenen Jahrhunderts habe, die hierhin aufgebrochen sind. So ist Carl von Linnés im Süd-Sarek unterwegs gewesen und Axel Hamberg hat gar Anfang des 20. Jahrhunderts mehrere Schutzhütten im Nationalpark sowie ein Observatorium auf einem der höchsten Gipfel gebaut. Was diese Leute mit ihren Teams an Naturgewalten erlebt haben müssen, fernab von Gore-Tex, Daunenschlafsack und Gefriergetrockneter Nahrung ist heute kaum nachvollziehbar.

In der Nacht hat es ein wenig geregnet, aber nicht sonderlich stark und ich konnte deshalb gut durchschlafen. Um 6 Uhr bin ich kurz wach geworden, aber das war mir dann doch zu früh, also bis 7 Uhr noch mal umgedreht. Frühstücken und Zusammenpacken ging schön schnell. Inzwischen habe ich 2 Zip-Beutel voll mit Essen, gestartet bin ich mit 7 oder 8 Stück. So passt alles deutlich schneller in den Rucksack, ich muss nicht mehr die perfekte Aufteilung finden. Das Außenzelt wurde heute nass verpackt, da führte kein Weg dran vorbei.

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Los ging der Marsch heute über den nächsten Hang und darauf folgend über eine relativ leicht begehbare Wiese/Weide, wobei es stellenweise doch recht feucht war und ich von Weidenbusch zum nächsten springen musste um keine nassen Füße zu kriegen. Bewusst war mir auch, dass die nächsten 2-3 Kilometer der Knackpunkt des heutigen Tages sein würden. Da ging es nämlich schräg am Hang südlich des Gierdogiesjtjåhkkå entlang, ein Bereich der bei der Betrachtung vom Skierffe aus nur eins bot: Durchgängige Blockfelder und eine ordentliche Schräge. Es hätte als alternative Möglichkeit noch eine nördliche Umgehung des Gierdogiesjtjåhkkå gegeben, der Umweg war mir aber zu weit, zudem war die südliche Route so in meinem Guidebuch empfohlen.

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Blick auf den Gierdogiesjtjåhkkå
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Blau eingezeichnet der Umweg, ich hab mich stattdessen für die rote Route, wie im Reiseführer beschrieben, entschieden.

Vom Skierffe aus hatte ich bereits mir eine Route überlegt, die ich im Blockfeld nehmen wollte. Denn durch die große Hangneigung war es wichtig, möglichst auf einer Höhenlinie zu bleiben, sonst würde ich Zeit und Energie darauf verschwenden dauernd hoch oder runter zu klettern. So hatte ich in meinem Geiste den Plan „Bis zum ersten Schneefeld kletterst du hoch, dann aber links am kleinen Schneefeld vorbei und dann zwischen den nächsten Schneefeldern mitten durch.“

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Blick vom Skierffe auf die Südseite des Gierdogiesjtjåhkkå
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Das war also die angedachte Route.

An sich ein schöner Plan, aber als heute die Sicht bei vorbeiziehenden Nebelschwaden auf etwa 5m sank, ließ sich der Plan schwerlich umsetzen. Grob hat es aber geklappt, ich habe dann einfach weitestgehend versucht auf einer Höhe zu bleiben.

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Anfangs gab es sogar noch ein paar Flecken Gras zwischen den Steinen
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Trübe Nebelsicht

Das Blockfeld zu queren war unglaublich anstrengend. Die einzelnen Steine waren recht groß, moosbewachsen und durch den Nebel sehr nass. Hatte also den Effekt, als hätte jemand vor mir Seifenlauge auf den Steinen ausgekippt. Dadurch dass die Steine so groß waren, musste man vielfach auch große Schritte machen, viel hoch- bzw. runterklettern und die Steine lagen in allen möglichen Winkeln aneinandergereiht. Auch war durch die Hangneigung ein Fuß konstant weiter unten als der andere. Ich habe auf dem Streckenabschnitt also wirklich gekämpft, für die 1-1,5km habe ich über eine Stunde gebraucht, es ging im Schneckentempo voran.

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Auf der Höhe des Nammásj angekommen, den man als kleinen “Bauklotz” vom Skierffe aus sehen konnte.
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Steine, Schnee, Nebel
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Schwierig hierbei die Höhe zu halten und keine unnötige Energie mit Auf- und Abstiegen zu verbraten.
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Blick zurück, Skierffe in den Wolken (von dort bin ich auch heute früh losgelaufen)
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Das Blockfeld läuft aus, zu erkennen ist bereits  Suorkitjåhkkå (rechts) und „Gipfel 1078“ (links), zwischen denen ich durchqueren werde.

Die Helden des heutigen Tages sind meine Wanderstöcke, 2-3 Mal hat es mich heute nämlich richtig umgeschmissen und ich bin halb über die Stöcke gefallen. Diese waren irgendwo in einer Felsspalte und haben sich ordentlich gebogen, gebrochen sind sie aber nicht, wofür ich sehr, sehr dankbar bin. Die weitere Strecke ohne Stöcke zu machen, wäre eine Katastrophe gewesen.

Ich habe im Verlauf des heutigen Tages eine Wander-Philosophie aufgestellt, an welche ich mich selbst noch nicht wirklich halte, aber womit ich versuche diese schwierigen Stellen zu entschärfen:

  1. Bei den Felsblöcken tritt man nicht auf die große Freifläche (sehr rutschig!), sondern versucht den Fuß auf die Felskanten zu stellen oder den Fuß zwischen zwei Blöcken „einzuklemmen“. Hauptsache der Fuß rutscht nicht weg, denn sobald das passiert, ist es ziemlich schwierig das Gleichgewicht zu halten und ich bin mehr als nur einmal umgefallen.
  2. L-A-N-G-S-A-M-!, auch wenn dieses Vorgehen geistig quält. Erst wenn der Fuß sicher steht, kann ich mir Gedanken darüber machen wo der nächste Fuß hin kann, wo der eine Stock verankert werden soll.
  3. Nur auf den Weg vor mir schauen! Wenn ich die Landschaft betrachten will, den weiteren Weg auskundschaften will: Stehenbleiben! In der Sekunde wo man den Blick hebt, unkonzentriert wird und nicht mehr auf den nächsten Schritt achtet, dort passieren die Fehler. Gleiches gilt für Fotografien, nur wenn ich sicher und stabil stehe, wird die Kamera rausgeholt. Keine Schnappschüsse aus der Hüfte.
  4. Schlag nicht nach einer Mücke, wenn du auf einem rutschigen Blockfeld stehst. Da hilft nur, sich stoisch stechen lassen.
  5. Hand raus aus den Trekkingstock-Schlaufen. Sollte man wegrutschen und der Stock verkantet sich, kann man so wenigstens einfach loslassen, im anderen Fall riskiert man eine Handgelenksverletzung.

Ein paar Mal wurde es haarig heute, durch so einige Umfaller habe ich mir die Beine aufgeschlagen, aber mehr als oberflächliche Schürfwunden waren es zum Glück nie. Schlimmer war die Anstrengung, die durch den Hang nicht verbessert wurde. Glücklicherweise kam von oben kein Regen nach, im strömenden Regen wäre das Blockfeld wirklich richtig knackig gewesen.

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Der Tribut, der ans Blockfeld gezahlt wurde

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Blick runter auf den Nammåsjjåhkå

Angekommen am Nammåsjjåhkå ging es ziemlich steil runter zum Fluss und auf der anderen Seite wieder hoch. Glücklicherweise konnte ich den Fluss dadurch queren, dass ich ein paar Steine ins Wasser schmiss und mir so meine Trittmöglichkeiten selber schuf. Nachdem ich wieder aus dem Flusseinschnitt hochgeklettert war ging es weiter, bis ich zwischen Suorkitjåhkkå und „Gipfel 1078“ durchgegangen bin. Dort hatte man noch einen tollen Blick zurück auf den Nammásj und den Skierffe.

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Blick zurück auf Nammásj (rechts), Tjahkelij (Mitte) und den Skierffe (links)
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Immer wieder ziehen neue Nebelbänke durch, die das Navigieren zur Herausforderung wachsen lassen.

Übler wurde die Querung des Buovdajågåsj, dort ging es viel steiler runter zum Wasser und auf der anderen Seite war eine Schneewand.

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Die Schneewand

Diese wollte ich erklettern, ich nahm an ich würde da gut Stufen reingeschlagen kriegen in die Schneemauer. Dem war nur leider nicht so und die Wand war sicherlich 50° steil, das wurde mir zu heikel mit dem Rucksack auf dem Rücken. Wenn man abrutscht landet man unten im Steinfeld am Fluss. Bin dann am Fluss entlang ein wenig nach Norden gelaufen und konnte dort den Fluss über eine Schneebrücke kreuzen. Immer wieder gruselig wenn man im Juli auf einer Schneeplatte steht und darunter das Wasser rauschen hört. Aber auch das habe geschafft.

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Die Schneebrücke
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Manchmal muss man halt noch mal zurück, und einen neuen Weg suchen. So enden wie das Rentier wollte ich nicht.

Weiter ging es auf derselben Höhe nach Westen. Kurz vor dem „Gipfel 1112“ habe ich noch einen jungen Polen getroffen, ich schätze ihn auf 18-20. Der hatte noch sein Zelt dort aufgeschlagen, da er erst um Mitternacht dort ankam. Wir sind ein wenig ins Quatschen gekommen und er hatte mir etwas von seinem Tee abgegeben. Ich hab dann beschlossen mein Mittagessen dort zuzubereiten, weil bisher der Regen noch nicht in Sicht war und ich den größten Teil der heutigen Strecke bereits absolviert hatte. Er erzählte mir dann, dass er aus Polen bis hierher per Anhalter gekommen wäre.

Was mich nachhaltig erschreckte, war mit welcher minderwertigen Ausrüstung und fehlenden Erfahrung er 14 Tage im Sarek zurücklegen wollte. Sein Zelt war Marke „Kindersarg“, er konnte den Rucksack nicht mal mit ins Vorzelt nehmen – was macht er wenn es 3 Tage schüttet?
Sein Rucksack riss langsam an der einen Schulterschlaufe auf – was macht er wenn ein Schultergurt komplett abreißt?
Sein Schlafsack ging bis 10° – Mir fror es oft genug mit meinem +5° Sack mitsamt Inlett.
Das schlimmste war, dass er keine Landkarte dabei hatte. „ich habe Fotos davon auf dem Telefon.“ – Toll, und was machst du wenn dir das Handy in den Fluss fällt, die Powerbank leer ist, es in Strömen regnet?
Generell schien er mir viel zu entspannt für den Sarek, aber auch so unerfahren, dass er sich dauernd beschwerte, es gäbe bisher keinen erkennbaren Pfad. Das war für mich ja ausschlaggebend, warum ich in den Sarek wollte, wieso er dann dort 14 Tage verbringen wollte erschloss sich mir nicht.

Das wohl sinnloseste Utensil, dass ich beim Hiken je gesehen habe, hatte er auch dabei: Einen voll aufgeblasenen Fußball! Den hatte er angeblich dabei, um damit zu kicken, während er auf eine Mitnahme beim Hitchhiken wartete. Schön und gut, aber dann hätte ich ihn nach der Fahrt mit dem Anhalter auch versteckt, und würde nun keinen vollen Fußball mit mir rumschleppen.
War also alles eher surreal, man merkte auch, dass er sich gerne länger mit mir unterhalten hätte und mit mir weitergehen wollte. Ich hingegen sah ihn eher als ein Hindernis, genoss auch gerade das Alleinsein und wollte auf alle Fälle verhindern, dass er sich für die kommenden 3 Tage an mich dranhängt. So habe ich mich verabschiedet während er noch seinen Rucksack packte und machte mich allein auf den weiteren Weg. Ich machte mir die kommenden Tage doch ein wenig Sorgen um den Typen, hoffentlich ist er gut durchgekommen.

Im Gegensatz zum jungen Polen merke ich meinen Respekt vor dem Sarek auf alle Fälle. Soll jetzt von mir nicht über-dramatisiert werden, es ist auch kein unbändiges Abenteuer zwischen Leben und Tod. Aber es ist halt doch anders als auf den Pfaden des Kungsleden & Padjelantaleden entlang zu wandern und täglich an bewirteten Hütten vorbei zu kommen. Die Touristen-Dichte ist deutlich geringer und wenn etwas hier schief geht, dann kann es länger dauern bis man Hilfe bekommt.

Anschließend ging es nördlich am „Gipfel 1112“ vorbei und ich habe versucht dieselbe Höhe beizubehalten, bin also ein wenig nach Norden geschwenkt, bis ich an den Lulep Våssjájågåsj gekommen bin. Nur zum Ende hin bin ich relativ direkt zum Fluss abgestiegen, da sich weiter oben abzeichnete, dass das Wasser über Steinplatten fließt und eine Querung hier nicht möglich wäre.

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Lulep Våssjájågåsj, im Süden hatte der Fluß noch recht hohe Klippen
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Ein bisschen weiter nördlich wurde der Rand dann flacher.

Am Wasser angekommen war dies die erste Furt seit Tuottar (auf dem Padjelantaleden), wo ich die Schuhe ausziehen musste, diesmal auch die Hose hinterher, da es aussah als ob es ordentlich tief wird. Schnell die Watschuhe an und rein ins kühle Nass, welches direkt aus den Schneefeldern der umliegenden Berghänge gespeist wurde. Dementsprechend frostig wurde es um die Beine und Füße, das Gefühl in den Extremitäten verschwand nahezu sofort. An der tiefsten Stelle ging das Wasser bis zur Mitte des Oberschenkels und das Wasser schoss so schnell an mir vorbei, das der Trekkingstock sich in Eigenschwingungen versetzte. Zum Glück war es nur eine 2-3m breite Stelle, die so tief war, der Rest war seichter. Auf der anderen Seite angekommen schmiss ich schnell wieder die Klamotten an und kämpfte mich die Anhöhe hinauf, die weit steiler als der Abstieg zum Fluss war. Wenigstens wurde es mir so schnell wieder warm. Auch setzte kurzzeitig ein wenig Regen ein, ich hatte jedoch extrem viel Glück gehabt, hätte es doch laut Wetterbericht ab 12 Uhr Mittag stark regnen sollen. Jetzt war es jedoch 14 Uhr und der Regen hörte dankenswerterweise schnell wieder auf.

Nach dem knackigen Anstieg ging es nach Norden weiter über die Ebene Vássjálåpptå. Erst ging es wunderbar flach über eine sumpfige Wiese, eine gelungene Abwechslung nach all den Blockfeldern heute. Das Wasser stand zum Glück nur zehn Zentimeter hoch, man kam also gut voran. Nur an einer Stelle wurde es tiefer und ich wurde zum wiederholten Male auf dieser Tour mit einem nassen Schuh belohnt. 😉

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Auch wenn es sumpfig war: Endlich mal wieder über eine Wiese laufen, nach all den Steinen heute.
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Panorama gen Süden ins Rapadalen und das Bielloriehppe-Gebirge auf der gegenüberliegenden Talseite.

Anschließend jedoch kam noch mal ein Anstieg dran und es wurde auf alle Fälle steiniger. Ich hatte gelesen, dass man oben auf der Ebene Vássjálåpptå gute Zeltplätze finden könnte, und da ich am folgenden Tag gen Norden den Bergrücken überqueren wollte um ins nächste Tal abzusteigen, kam es mir sehr entgegen möglichst nah an den Bergen zelten zu können.

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Steiniger, mit Blick auf den Alep Vassjájiegna – Gletscher
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Wunderschöner Blick auf das karge, schroffe Bielloriehppe-Gebirge

Ich merkte jetzt auch, dass es ein wirklich langer, anstrengender Tag gewesen war, der Wanderakku war auf alle Fälle leer. Es war so beschwerlich über die freie Ebene zu laufen und ich wollte einfach endlich einen guten Platz für meinen Zelt finden. Abwechslung gab mir in dieser kargen Landschaft einige Pflänzchen mit wunderschönen Blumen. Wie diese Pflanzen da oben überleben, bestäubt werden und gedeihen ist mir ein Rätsel, nachdem ich aber endlich in der Höhe Abstand zu den Mücken eingenommen hatte, konnte ich die Blumen umso mehr genießen. Auch gab es erstaunlich viele Spinnen, die rumkrochen. Wovon die sich ernähren? – Keine Ahnung.

Ich konnte nun von der Ebene aus die Berge sehen, die ich morgen überqueren muss um ins nächste Tal zu kommen (Våssjá, Gipfel 1764, Gipfel 1698 und den Vássjábákte), und konnte so im Sonnenschein mir überlegen, wo ich morgen den Anstieg setzen würde.

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Mein Sarek-Reiseführer empfiehlt den östlichen Anstieg zwischen Gipfel 1698 und Vássjábákte, da lagen aber durchgängige Schneefelder und so entschied ich mich den 1764 geradewegs zu erklettern und dann oben auf dem Gipfelgrad erst nach Osten weiterzulaufen.

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Routenempfehlung aus dem Reiseführer (Blau), tatsächlich genommene Route (Rot).

So machte ich mich an die letzten Kilometer, um zum Fuße des Gipfels 1764 zu kommen, um dort einen Zeltplatz zu finden.

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Ich komme dem Gipfel 1764 näher, an dessen Fuße ich heute Zelten werde.

Erst am obersten Ausläufer des Flusses Alep Våssjájågåsj entscheide ich, dass es für heute reicht. Die versprochenen, schönen Zeltplätze finde ich leider nicht, stattdessen stehe ich in einem Steinmeer und suche nach einem Plätzchen, wo zumindest keine großen Blöcke liegen. Das finde ich schließlich, viel größer dürfte mein Zelt allerdings nicht sein, ein langes Tunnelzelt hätte da nicht hingepasst. So wie es ist liege ich schon in ziemlicher Schräglage im Zelt und auch die Abspannung funktioniert mit Steinen statt Heringen, da es keine Erde gibt, in die ich die Heringe hätte reinrammen können.  Die ideale Zeltwiese liegt wohl tiefer, aber ich hatte keine Lust Höhenmeter abzubauen, die ich morgen wieder empor klettern müsste

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Blick auf den Alep Vassjájiegna – Gletscher
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Blick ins Tal auf die Berge Bielloriehppe auf der anderen Talseite. Wäre ich weiter abgestiegen, wären sicherlich die schönen Zeltwiesen noch gekommen, wollte morgen aber nicht wieder hoch.
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Direkt hinter dem Zelt erhebt sich der morgige Aufstieg zum Gipfel 1764.
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Keine Chance in dem Boden Heringe zu verankern.

Aber es gibt in der Nähe fließend Wasser, keine Mücke zeigt sich hier oben und ich habe einen fantastischen Blick auf die Berge südlich von mir, auf der anderen Seite des Rapadalen-Tals. So blicke ich auf die Berge rund um den Gådoktjåhkkå und Bielloriehppe, die wirklich imposant aussehen. Teilweise habe ich diese Berge gestern schon vom Skierffe aus sehen können.

Bis das Zelt stand war es auch schon 16 Uhr, und gemessen daran, dass ich heute sehr früh aufgebrochen bin war es ein langer Wandertag. Auf der Karte hatte ich mir mal grob 12 Kilometer ausgerechnet, mein GPS zeigte an, dass ich gar 17 zurückgelegt hatte. (Ich habe jetzt im Sarek angefangen, mein Vorankommen aufzuzeichnen, auch weil ich dauernd aufs Navi schauen muss. Meine Powerbank ist noch komplett voll, also kann ich es mir leisten, ein wenig Strom zu verbraten.)

Und obwohl jetzt plötzlich die Sonne mein Zelt wunderbar beleuchtete, sah man in Richtung Skierffe, dass eine dunkle Wolkenfront im Anmarsch war. Das hat auch dazu geführt, dass ich mich auf den letzten Metern recht gehetzt gefühlt habe. Aber es hat alles wunderbar funktioniert, denn als der kräftige Regenschauer einsetzte lag ich bereits entspannt auf der Isomatte. Hoffe nur, die Luftmatratze überlebt die spitzen Steine, zur Vorsicht lege ich noch Klamotten unter die Matte, so kann ich auch noch die eklatante Schräglage ausgleichen.

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Bielloriehppe-Gebirge noch mal in der Nahaufnahme
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Der Regen aus Richtung des Skierffe

Vor dem Regen war ich noch am Wasserlauf meine Vorräte auffüllen, und ein paar Klamotten waschen. An sich hatte ich auch vor mich selber zu waschen, aber das Wasser kam direkt aus dem Schnee und schlimmer noch, es war so ein Rinnsal, dass selbst eine Katzenwäsche aufwendig geworden wäre. So bleibe ich einen Tag länger dreckig.

Von 17 Uhr an konnte ich also meine Freizeit in der Horizontalen genießen. Der Regen ließ auch nicht nach, der trommelte bis zum Einschlafen und darüber hinaus kontinuierlich aufs Zeltdach. Den Abend habe ich mit Hörbuch und Kindle verbracht.

Ich bin bisher begeistert vom Sarek! Ich habe zwar noch keinen Zustand der Entspannung erreicht, da mich das Terrain vor allerlei Herausforderungen stellt. Nichtsdestotrotz gefällt mir das weglose Wandern, die eigenmächtige Routenfindung und das Alleinsein. Außer dem jungen Polen habe ich heute keine Person getroffen. Auch die wilde Landschaft um mich herum ist ein Hochgenuss, die Blockfelder und die zu kreuzenden Flüsse eine gelungene, aber anstrengende Abwechslung. Sorgen mache ich mir nur über eine mögliche Verletzung, ein verstauchter Knöchel wäre hier ungünstig. So geht die gesamte Konzentration auch für das Laufen drauf, im Gegensatz zu den vergangenen Tagen habe ich nicht zwischendurch von Supermarkt, Festessen oder dem Leben daheim geträumt, sondern mich einfach weitestgehend auf die Meter vor mir fokussiert. Die Pausen habe ich auch sehr kurz gehalten, da ich mit dem Gedanken an den aufziehenden Regen im Hinterkoof möglichst viel Strecke schaffen wollte. Hat sich ja dann auch gelohnt, als der Regen kam lag ich schon im Zelt. Ich merke jetzt schon, dass meine Zeit im Sarek zu kurz sein wird, ich würde sehr gerne die weiteren Täler entdecken.

Zum Abendessen gibt es wieder ein Trek&Eat Gericht, diesmal Satay-Reis, der deutlich besser schmeckt als die Spaghetti Carbonara von gestern. Und zur Feier des Tages gibt es anschließend eine ganze Tafel Schokolade, die hab ich mir verdient 😉

Abends nähe ich noch an meiner Kameratasche herum, die Gurtschlaufe, durch die ich meinen Hüftgurt fädele ist ein wenig ausgerissen, und bevor sich die Gurtschlaufe ganz verabschiedet führe ich mit Nadel und Zahnseide eine zweite Not-OP (nach Tuottar) durch. Sieht auch ganz gut aus, leider bricht mir im Prozess die Nadel ab, aber dafür hält es bis zum Ende meiner Reise einwandfrei.

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Not macht erfinderisch!

Mein Zelt steht auf 1400m, ich war schon lange nicht mehr so weit oben, erwarte also eine kalte Nacht, habe aber alles neben dem Schlafsack liegen, damit ich mich richtig einpacken kann.

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