Tag 62 (Tag 10): Kvikkjokk – erste Brücke nach Pårte-Hütte

Gelaufene Kilometer: 17

Hatte in der Früh viel Zeit, da ich wusste, dass die Fähre erst um 10 Uhr kommt. So konnte ich in Ruhe zusammenpacken und mich von den Mücken nerven lassen, die scheinbar wieder in voller Truppenstärke unterwegs waren.

OLYMPUS DIGITAL CAMERAOLYMPUS DIGITAL CAMERABald darauf kam auch schon das Boot mit Björn an Bord, der ziemlich wortkarg mich durchs Delta geleitete. Ich war der einzige Passagier und er hat richtig Gas gegeben. 20€ für 20min Fahrt ist schon eine Hausnummer. Wenigstens haben wir an den Stromschnellen angehalten, die waren das landschaftliche Highlight der Fahrt.

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Die Ankunft in Kvikkjokk war ein ganz schöner Zivilsationsschock. Plötzlich lief ich auf Asphalt, über mir waren Stromkabel verlegt und als dann auch noch ein Auto an mir vorbei fuhr, war der Gegensatz zu den vergangenen Tagen perfekt.

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Habe schließlich die Kvikkjokk Fjällstation besucht. Auf dem Weg zur Station hatte ich bereits ein Langnese-Schild entdeckt, deswegen war der Shopbesuch relativ klar: Neben Müsli (Endlich, endlich! Und was sollte ich es die Tage bereuen, nicht gleich zwei Packungen gekauft zu haben), Gummibärchen, Schoki und einer Fanta fand so auch ein Eis den Weg in meinen Besitz. War wohl nicht ganz so die ausgewogene Ernährung, aber in dem Moment war es genau richtig!

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Die Umgebung der Fjällstation war wirklich Mückenreich, selbst in der Hütte schwirrten genug Tiere umeinander. Schnell habe ich drinnen noch eine Steckdose okkupiert. So konnte ich sowohl Telefon, wie auch Kindle und Kameraakku laden. Da ich bisher nicht einmal die Powerbank benutzt habe, spare ich nun viel Strom und kann dann spätestens im Sarek das Telefon dauerhaft anlassen um die Strecke aufzuzeichnen.

Ich saß dann lange im sehr gemütlichen Aufenthaltsraum, habe den Luxus einer Toilette genutzt und versucht, einen Sinn in den schwedischsprachigen Zeitschriften zu erkennen. Ein Bücherregal haben sie dort vor Ort auch, allerdings stellte ich erschrocken fest, dass die Kvikkjokk Fjällstation dort Bücher verkauft, die Touristen zurückgelassen haben. Find ich schon ein wenig frech. Erst gegen 12 Uhr, als der Burgergeruch aus der Küche langsam unausstehlich lecker wurde, habe ich mich wieder auf den Weg gemacht. Dafür, dass ich heute noch eine lange Strecke vor mir hatte, war das wohl ein wenig spät.

Habe dann draußen noch die Waage in Kvikkjokk genutzt:
Waage zeigte genau 23kg an, davon 1,15kg neuer Einkauf. Deutlich leichter als die 27-28kg mit denen ich gestartet bin.

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Witzigerweise bin ich vor 3 Jahren mit 23kg zu meiner Kungsleden Tour aufgebrochen und habe so was von über das Rucksackgewicht geflucht und jetzt denke ich mir „hach, 23kg, so langsam wird der Rucksack leicht(er).“ Witzig wie sich die Verhältnisse ändern. Ich bin wirklich kein Ultraleicht-Trekker 😉

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Von nun an laufe ich zwei Tage auf dem Kungsleden, dem Königsweg. Dieser Weg führt über 400 Kilometer von Abisko (bin ich auf der Radtour von Kiruna nach Narvik dran vorbeigekommen) bis nach Hermavan. Die nördlichsten 150 Kilometer des Kungsleden habe ich bereits in zwei vorherigen Wanderungen 2014 und 2015 erkundet (die Reiseberichte finden sich auch hier im Blog), jetzt war aber ein neues Stückchen dran.

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Gut getarnt

Der Weg nach der Hütte fing als „Autobahn“ an, wurde dann aber schnell unwegsamer. Viele Felsen auf dem Weg, ich hatte vergessen, dass der Kungsleden so ausgewaschen und ausgetreten ist. Zudem ging es durch den dichten Wald und nach Kvikkjokk steil nach oben. Da es heute 21° hatte und die Sonne vom Himmel brannte, wurde es im Wald besonders heiß und dampfig. Morgen sind gar 23° angesagt, mal sehen wie das wird. Es ist einfach nicht das richtige Wanderwetter für mich, ich schwitze wie bekloppt. Wenigstens habe ich so meine Erkältung, die mich ja seit Tromsø mal stärker, mal schwächer begleitete, rausgeschwitzt. Die hatte mir zum Beginn der Wanderung noch mehr zugesetzt als mir lieb war. Aber ich versuche mich nicht zu stark zu beschweren, besser als Sturmflut und Gewitter.

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Das Maximum an Fernsicht

So habe ich mich ein wenig missmutig den Weg entlanggeschleppt. Der Wald verschwindet auch einfach nicht, es gibt absolut keine Fernsicht, lediglich an zwei großen Seen sieht man dann ein bisschen was, wobei beim ersten See man diesen erst halb umrundet, bevor man überhaupt ans Ufer kommt. Erst als einen der Weg direkt am Ufer ausspuckt kann man die Landschaft der Umgebung erkennen. Der zweite See kommt hingegen erst an der Pårte-Hütte in den Blick und 200m später verschwand man wieder im Wald. Landschaftlich hat mir also heute weniger gefallen, es wird Zeit, dass endlich die Hochebene wieder anfängt. Zudem waren die Mücken heute wirklich die Pest, zeitweise musste ich mich in Mygga-Spray komplett einhüllen. Dazu kommen die Pferdebremsen, die noch bekloppter um einen rumschwirren.

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Vallespiken-GebirgeOLYMPUS DIGITAL CAMERAOLYMPUS DIGITAL CAMERA

Beim ersten See hatte man jedoch einen schönen Blick auf das Vallespiken-Gebirge, zudem spiegelte sich die Umgebung auf der unberührten Wasseroberfläche. Habe deshalb dann dort auch mein Mittagessen zu mir genommen, so richtig Entspannung konnte ich dabei aber nicht finden, da die Mücken einen nicht zur Ruhe kommen ließen. Bis zur Pause war es schon 15 Uhr, ich war heute also deutlich später unterwegs. Generell fühlte mich den ganzen Tag über ziemlich platt, da spielte sicherlich sowohl das Wetter eine Rolle, die Mücken, die Strecke, aber auch der Fakt das heute Tag 10 ist und deswegen körperliche Erschöpfung eintritt. Leider muss ich noch zwei Tage durchhalten, erst Tag 13 ist ein Ruhetag am Berg Skierffe geplant. Ursprünglich hatte ich ja viel mehr Ruhetage zur Verfügung, die sind aber weggefallen, als ich jetzt noch die Schleife durch den Sarek geplant habe.

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See direkt an der Pårte-Hütte

Die Pårte-Hütte habe ich ausgelassen, da diese abseits des Weges lag und ich mir dadurch den Umweg sparen wollte. Nach etwa 1-1,5km kam dann eine Brücke, und kurz dahinter habe ich fernab des Weges auf einer Anhöhe das Zelt aufgeschlagen. Leider auch hier immer noch viele Mücken.

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Zum Abendessen gab es lecker Kartoffelbrei, da habe ich noch die letzten Reste meines Bacon-Tubenkäses eingefüllt, es war also auf alle Fälle reichhaltig.

Anschließend gab es für mich und meine Wäsche eine kurze Wascheinheit, so habe ich auch gleich das eklige Mygga-Spray abwaschen können und muss damit nicht in den Schlafsack kriechen.

Mit 17 Kilometern heute ist es kein Wunder, dass ich abends so fertig bin, besonders da ich ja erst um 12 Uhr wirklich mit dem Laufen begonnen habe. Den Zeltplatz habe ich erst gegen 18 Uhr erreicht, die vergangenen Tage war ich da 2 Stunden früher am Endpunkt. Zudem bin ich heute nahezu durchgelaufen. Auch kommen die Gore-Tex Schuhe mit den Temperaturen nicht wirklich klar, deswegen heizen sich die Füße wie bekloppt auf. Und wie schon gesagt: es wird höchste Zeit für landschaftliche Abwechslung. Denn bei den heutigen Ausblicken auf meine Umwelt könnte ich auch durch den Grunewald oder den Bayrischen Wald zuckeln, so ein großer Unterschied besteht da nicht.

Ein Elch hat sich heute wieder nicht gezeigt, dafür immerhin ein Frosch.

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Morgen sind es von der Pårtehütte bis Aktse 24 Kilometer (später sollte ich erfahren, dass da auch die 4km Fährfahrt in der Strecke miteingerechnet sind), werde also mal sehen wie weit ich komme. Ich freue mich auf Morgen, auch wenn heute weniger Spaß gemacht hat. Zudem ist nun mehr als die Hälfte der Tour (zeitmäßig) absolviert. Jetzt geht es also mit rasenden Schritten dem Ende entgegen und ich weiß jetzt schon, dass ich bei Ankunft in Saltoluokta der Wanderung nachtrauern werde, also lasse ich mich von einem weniger spaßigen Tag nicht entmuntern.

Gerade lese ich übrigens von Pat Farmer “Pole to Pole”, was sich als unglaublich spannender Bericht eines Ultraläufers herausgestellt hat, der vom Nordpol über Nord- und Südamerika bis zum Südpol gelaufen ist, und dabei die tägliche Distanz von zwei Marathons absolviert hat. Diese ganze “Mind-over-Matter”-Philosophie finde ich spannend und zeigt mir auch, dass ich mich nicht so sehr über 17km Meinerseits beschweren sollte. Zu meiner Ehrerrettung muss jedoch erwähnt werden, dass er außer ner Flasche Wasser nichts mit sich trägt, von seinem Team mit 10.000 kcal täglich versorgt wird (*sabber sabber*) und jeden Abend ne Massage kriegt 😉