Tag 61 (Tag 9): Luoppalsee – Fähranleger nach Kvikkjokk

Gelaufene Kilometer: 16,1

Ich habe den Tag heute langsam begonnen, habe die Sonne am Zeltplatz genossen, auf der „Parkbank“ vor dem Zelt mein Frühstück (leider wieder nur ein einsamer Riegel) „genossen“, während die Sonne das Kondenswasser vom Zelt vertrieb.

Nach dem Losgehen ist mir schnell aufgefallen, dass meine Mütze noch am Zeltplatz lag. Das ist jetzt das zweite Mal in zwei Wanderungen, dass ich ausgerechnet das Käppi irgendwo liegen lasse. Wenigstens musste ich diesmal nur ein paar hundert Meter zurück und nicht wie bei der Wanderung mit Markus über einen Kilometer. Gut dass es mir so früh aufgefallen ist.

Die Wanderung bis Nunjes war sehr heiß, auch bedingt durch die Feuchtigkeit im Wald, die langsam verdunstete. Nach rund eineinhalb Stunden kam ich in Njunjes an, wobei man von einer Anhöhe vorher schon den Hüttenkomplex erspähen konnte.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA
Njunjes vorausOLYMPUS DIGITAL CAMERADer Weg war extrem schlecht, viele große Steinblöcke und dadurch schwierig zu laufen.

OLYMPUS DIGITAL CAMERAOLYMPUS DIGITAL CAMERA

Nunjes war unbesetzt, da der_die  Stuvgard auf Wanderung war. So habe ich einen gemütlichen Holzstuhl genutzt um zu lesen, ein wenig Proviant zu futtern und mich zu entspannen, bevor es wieder auf die Strecke ging.

Relativ schnell änderte sich das Wegprofil, nun waren es Waldwege mit meterhohen Farnen und ich wartete eigentlich die ganze Zeit darauf endlich einen Elch zu erspähen, leider war mir da das Glück nicht hold.

OLYMPUS DIGITAL CAMERAOLYMPUS DIGITAL CAMERA
Manns-(Daniel)hohe Farne

OLYMPUS DIGITAL CAMERA
Selfie samt Mücke auf der Stirn. Stimmung entsprechend.

OLYMPUS DIGITAL CAMERAOLYMPUS DIGITAL CAMERA

Zum Mittagessen habe ich mich auf einer Holzbrücke über einen kleinen Bach ausgebreitet und ganz entspannt gekocht, gelesen und sogar ein wenig in der Sonne geschlafen. Bedingt durch die Fährzeiten kam mir während der Mittagspause auch keiner Entgegen, so konnte ich gänzlich ungestört die Seele baumeln lassen. War die längste Mittagspause bisher, ich war weit über zwei Stunden dort.

Bald danach kamen mir ein deutsches Pärchen entgegen, denen man die Tortur des ersten Tages ansehen konnte. So beschwerten sie sich über ihr Rucksackgewicht, das ungewohnte Terrain und die Mücken. Ich hingegen habe das Gefühl, dass mein Rucksack nur noch ein Viertel des anfänglichen Gewichts wiegt, und auch sonstige Anfangsschwierigkeiten haben sich weitestgehend verzogen. Auch hat man sich an das tägliche Laufpensum gewöhnt und die tägliche Aufgaben, von Zelt verräumen, wandern, kochen, bis Zelt wieder aufbauen sind inzwischen vollständig verinnerlicht. Ein bisschen wie bei der Radtour, jeder Tag bringt Neues, obwohl man jeden Tag an sich doch dasselbe macht.

OLYMPUS DIGITAL CAMERAOLYMPUS DIGITAL CAMERAOLYMPUS DIGITAL CAMERAOLYMPUS DIGITAL CAMERAOLYMPUS DIGITAL CAMERA

Die letzten 5 Kilometer haben sich dann aber nochmal gezogen. Teilweise ging es auf Holzplanken durch Sumpflandschaften, was wirklich überaus malerisch war, an anderen Stellen durch hohes Gras und den Wald, begleitet von endlos vielen Mücken. Deswegen habe ich mich auch mit den Pausen zurückgehalten und habe stattdessen versucht, möglichst schnell am Schlafplatz für heute Nacht anzukommen.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Gegen 16 Uhr war ich endlich an der Fährstation nach Kvikkjokk. Von hier fährt die letzten 4 Kilometer eine Fähre durchs Kvikkjokk-Delta bis zum Dorf. Auch wenn gerade die Fähre ankam, habe ich mich entschieden die Nacht am Fähranlieger zu verbringen. Grund dafür war, dass man in Kvikkjokk direkt nicht zelten kann, ich aber keine Lust hatte durch den Ort durch zu müssen und weiter zu laufen, bevor ich eine Fläche für mein Zelt finde.

Stattdessen habe ich einen entspannten Nachmittag und Abend am Fähranlieger geplant, und nehme dann morgen früh die erste Fähre rüber nach Kvikkjokk. Habe noch kurz mit den Neuankömmlingen gesprochen, welche aus dem Boot hüpften. Neben drei Schweden war noch ein Iraner dabei, alle waren sie Richtung Ritsem unterwegs. Am Anlieger gibt es eine kleine Schutzhütte, allerdings ist diese nicht „Moskito-proof“, und da wirklich so viele der Plagegeister ansässig waren, habe ich dann doch lieber das Zelt aufgestellt.

OLYMPUS DIGITAL CAMERAOLYMPUS DIGITAL CAMERA

Die Schutzhütte habe ich aber fürs Abendessen auserkoren. Und dann kamen zwei wundervolle Zufälle zum Tragen: Irgendjemand hatte eine 400gr Packung „Chicken Korma mit Kartoffeln“ zurückgelassen, und so hatte ich endlich mal ein Abendessen, welches vollständig sättigte. Die Portionen der letzten Tage hätten eher doppelt so groß sein können. So konnte ich auch eine meiner Speisen aufsparen für die weitere Reise, ein Vorteil, der mir gen Ende der Reise viel geholfen hat – aber dazu später. Das Essen war lecker und diese 400gr Packung war nicht dehydriert, ich wundere mich ein wenig, wer so schweres Essen durch die Gegend karrt. Vielleicht war das auch der Grund weshalb die Mahlzeit dort zurückgelassen wurde 😉

Und noch besser war die zweite Entdeckung in der Hütte: Ein voller Salzstreuer! Mein Fiasko von vorgestern mit dem verschütteten Salz hat so ein glimpfliches Ende gefunden, ich habe meine Salzvorräte wieder komplett aufstocken können! Besonders, da ich auf dieser Tour Salz in mich reinschütte, als gäbe es kein Morgen, war das eine überaus erfreuliche Entdeckung. Zudem lag in der Hütte ein ZEIT-Magazin rum, so konnte ich ein wenig Akku am Kindle sparen.

Nach dem Essen war ich am Fähranleger schwimmen, was sehr luxuriös war, da eine Treppe direkt ins Wasser führte und es sehr schnell Brust-tief wurde. Allerdings war die Strömung nicht zu verachten, ich musste mich mehrmals am Ufer wieder zur Treppe zurückkämpfen.

OLYMPUS DIGITAL CAMERAOLYMPUS DIGITAL CAMERA

Gut kalt war es auch, allerdings nicht so schlimm wie die vergangenen Tage. Da die Mücken mich in Ruhe ließen blieb ich noch ein wenig länger als nötig im Wasser. Hätte ich gewusst wie die Hygiene-Situation in den kommenden Tagen abbauen würde, wäre ich da noch viel länger drin geblieben… (Cliffhanger!) Auch sind dadurch meine Klamotten die vergangenen Tage immer gewaschen worden. Nur die Hose habe ich bisher dreckig gelassen, da liegt einfach so viel Schlamm auf dem Weg, die Hose würde nach 100m wieder gleich aussehen.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA
Verfluchte Biester

Nach dem Bad hieß es: Schnell anziehen und wieder ins Zelt flitzen, bevor der Mückenschwarm zum Angriff übergehen konnte. Zur Feier des Tages nutze ich heute mein Telefon ausführlicher, nicht wie die vergangenen Tage nur, um schnell aufs Navi zu schauen oder per Diktiergerät mein Tagebuch aufzunehmen. Stattdessen gönne ich mir einen Film auf dem Telefon, auch weil ich die Hoffnung habe, morgen in Kvikkjokk das Handy an die Steckdose hängen zu können.

Neben Strom werde ich in Kvikkjokk den Shop plündern, ich brauch neue Schokolade und hoffe inständig, dass es dort Müsli zu kaufen gibt, ein Schoko-Müsliriegel zum Frühstück nervt mich enorm.

Ich kann mein Wetterglück derzeit kaum glauben, heute war es fast schon zu heiß. Von einem Mitwanderer habe ich erfahren, dass es ab Donnerstag wohl schlechter werden soll (heute ist Montag), was dahingehend schade wäre, weil Donnerstag mit meinem geplanten Start in den Sarek korrespondiert. Aber das Wetter hier ist so unberechenbar und von Tal zu Tal so unterschiedlich, dass ich mich erstmal deswegen nicht sorge, sondern jeden Sonnenstrahl genieße, den Lappland zu mir durchdringen lässt.