[Tag 6] Donnerstag 30.8. See 1066 im Snávvávágge – Alep Vássjájågåsj

Ein Klick auf das jeweilige Bild vergrößert die Ansicht. Wir befinden uns heute auf dem blauen Tourabschnitt Nr. 5.

Leider gibt es von gestern Abend und heute Morgen überhaupt keine Bilder. Draußen hat es so stark geregnet, da wollte keiner von uns Beiden noch einmal raus. Schade, ich hätte gerne versucht zu zeigen wie übel die Situation tatsächlich war, so gibt es Bilder halt erst wieder im Tal.

Die Nacht war ziemlich übel. Der Wind verschwand nicht, der Regen trommelte weiter auf das Zeltdach. Ich wache mehrmals auf, aber viel lässt sich nicht machen, Oropax wieder rein und versuchen weiter zu schlafen. Irgendwann am Morgen ereilt uns dann die Katastrophe: Die Tür an der Front des Zeltes, die direkt in den Wind steht, wurde von uns falsch mit den Heringen befestigt. So greift der Wind unter die Tür und schafft es wohl nach und nach, die Tür aufzudrücken. Ein bis zwei Stunden war so die Tür zum Vorzelt sperrangelweit offen, der Wind und vor allem der Regen haben so mehr als genug Zeit und Angriffsfläche um im Vorzelt Chaos anzurichten.

Kurze Bestandsaufnahme nach dem Aufwachen: Markus Rucksack ist tropfnass, meiner ein bisschen nass, ebenso ist unser Backup-Reiseführer nass, Markus Klopapierrolle ist eher ein Klumpen, sein Buch sah auch schon mal besser aus und die Powerbank hat ein paar Tropfen abgekriegt. Schlimmer hat es nur noch unsere Schuhe erwischt, die sind geflutet und all unsere Regenklamotten, die wir im Vorzelt zum Trocknen ausgelegt haben sind klatschnass, ebenso unsere Hosen.

Das nennt man wohl einen beschissenen Start in den Tag. Markus äußert die berechtigte Angst, dass es verdammt kalt werden wird wenn wir in nassen Klamotten und Schuhen durch den Regen stapfen. Er ist da weit mehr eine Frostbeule als ich. Jedoch gibt es eigentlich keine andere Option als hierzubleiben: Die Hoffnung den Låddebákte zu besteigen ist bei diesem Wetter hinfällig, und wenn wir hier einen Tag ausharren werden auch die Klamotten nicht trocknen, denn es bleibt kalt und windig und nass.

Also Frühstücken wir missmutig, dann packen wir alles IM Zelt zusammen, hängen das Innenzelt aus und verpacken es einzeln. Immerhin ist das Zelt bis auf einen gerissenen Gummizug gut durch die Nacht gekommen.

In der geduckten Haltung im Zelt die Regenklamotten anzuziehen bleibt eine anstrengende Kunst für sich. Anschließend verlassen wir unsere sichere Heimstatt und bauen in Windeseile mit klammen Fingern das Zelt ab. Wieder ist bei dem Wind eine Person nur dafür zuständig, dass Zelt festzuhalten.

Schnell machen wir uns an den Abstieg aus dem Snávvávágge, dazu geht es erstmal 2,5km bergab. Ich verbringe gefühlt mehr Zeit damit, dem Tal entgegen zu rutschen, die Beine und Füße wollen nicht so wie ich will. Besonders letztere sind zu Eisbrocken gefroren, die Socken waren in dem Moment durchnässt, in dem ich in den Schuhen stand. Am Ende des Abstiegs wartet auf uns noch eine Flussquerung, die bei den Wassermassen nicht zu den angenehmsten zählt. Wenigstens ist heute der Versuch die Schuhe trocken zu halten von eher nachgeordneter Bedeutung, wir stapfen also schnell über die Steine, auch wenn sie teilweise unter Wasser liegen.

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Hier kann ich mich erstmalig dazu aufraffen die Kamera auszupacken: Ankunft im Tal, nun stehen wir also im dichten Wald.

Im Tal angekommen verschwinden wir im dichten Wald des Rapadalen. Vor dieser Etappe gruselt es mir ehrlich gesagt schon seit der Planung. Ich mag Waldwege eher weniger, zudem klingt dieser Abschnitt im Reiseführer wenig erfreulich, ich befürchte dass wir öfters mal querfeldein müssen, was sicherlich anstrengend werden würde. Doch die Hass-Etappe entschärft sich dadurch, dass wir schnell einen begehbaren Pfad finden. Die Skårki-Hütte sehen wir nicht, obwohl diese direkt am Weg liegen müsste, aber nicht so schlimm, wir laufen weiter. Der Pfad ist sehr, sehr nass; auch durch die vielen Äste, Sträucher und Bäume trocknen unsere Klamotten natürlich nicht, sondern werden immer weiter durchnässt.

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Blick auf die gegenüberliegende Seite des Rapaselet, zwei Bäche die aus dem Bielloriehppe-Gebirge ins Tal fließen.

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Die Landschaft für den heutigen Tag: Viele nasse Sträucher, damit es auch dauerhaft nass und ungemütlich in den Regenklamotten bleibt.

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Dichter Birkenwald, zum Glück finden wir einen recht passablen Pfad vor.

Wenigstens hat der Wind, der uns beim Abstieg wirklich zu schaffen gemacht hat, nachgelassen, beziehungsweise wird durch den umliegenden Wald eingebremst. Dennoch ist der Pfad in einem weit besseren Zustand als von mir erwartet, so machen wir uns an die 9 Kilometer Wegstrecke, die wir im Tal zurückzulegen haben. Unsere Pausen beschränken sich immer auf 5 Minuten, da wir viel zu schnell anfangen zu frieren nach dem Stehenbleiben.

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Pausenstimmung: Eher angespannt.

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Gereizt.

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Und gezwungenermaßen kalt und ungemütlich.

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Aber auch der Wald hat seine schönen Seiten.

Es gibt im Rapadalen auf unserer Flussseite 2 Möglichkeiten zu laufen. Die erste Variante läuft durch den Wald, die zweite Variante läuft am Flussufer entlang, teilweise über Inseln und Kanäle im Fluss. Der zweite Weg soll leichter begehbar sein, zudem sieht man so mehr Umgebung, wir finden aber schlicht und ergreifend den Einstieg nicht. Irgendwann verzetteln wir uns am Ufer auf einem Weg, stapfen einen trockenen Bachlauf hinauf und müssen uns durch das Gebüsch kämpfen. Die 200-300m zurückgelegte Wegstrecke dauern so über 20 Minuten und sind eine kraftraubende Angelegenheit. Bloß gut dass der Rest des Weges nicht so ist. Wir geben den Plan auf, am Ufer entlang zu laufen, und finden wieder zum Waldweg zurück.

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Manchmal verschwinden wir regelrecht im Dickicht.

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Ein Stückchen ist es noch, etwa in der Bildmitte werden wir aufsteigen und den Wald hinter uns lassen.

Der Fluss Skoarkkijávrátja ist noch mal eine richtige Herausforderung. Angeschwollen durch den ganzen Regen teilt sich der Fluss in 5 Arme auf, mal kommt man mit einem beherzten Hopser zur nächsten Insel, inmitten des tosenden Wahnsinns. Teilweise sind diese Inseln aber auch überflutet und wir stehen dann auf Baum, der das einzig trockne in der Umgebung ist. Dennoch kommen wir ohne Schuhwechsel über den Fluss, auch wenn ab und an ein bisschen Wasser in die Schuhe nachschwappt.

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Rückblick auf den Skoarkkijávrátja

Der weitere Weg zum Fluss Alep Vássjájågåsj zieht sich wie Kaugummi. Zwischenzeitlich laufen wir durch Sümpfe. Da wären wir in den ersten Tagen im weiten Bogen drum herum gestiefelt, heute latschen wir einfach mitten durch, begleitet von dem saftigen Schmatzen nach jedem Schritt, wenn der Matsch den Schuh wieder freigibt. Dieses Sauggeräusch verfolgt mich noch Tage später. Ich merke auch, dass die Energie für heute aufgebraucht ist. Zwar hat es zwischenzeitlich aufgehört zu regnen, aber es bleibt kalt, wir sind durchnässt und ohne richtige Mittagspause heute sind wir seit 4 Stunden nahezu durchgängig gelaufen.

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Sumpfgebiet, der Weg führt mittendurch.

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Trotzdem ist der Hang an dem wir aufsteigen wollen nun zum Greifen nah.

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Blick zurück auf den Fluss Skoarkkijávrátja

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Blick zurück bis zum Anfang der heutigen Etappe: In der Bildmitte ist der Låddebákte nun in seiner ganzen Pracht zu sehen, kein Wölkchen trübt den Gipfel. Ich werde wehmütig, wollte ich den Berg doch sehr gerne hochklettern und von da oben den Ausblick ins Rapadalen haben. Wir haben heute Nacht am rechten unteren Rand des Låddebákte gezeltet.

Der Alep Vássjájågåsj versucht uns als letzter Torwächter noch am Weiterkommen zu hindern. Denn während wir ganz gut zur Mitte kommen, ist der letzte Bacharm so reißend, dass wir nicht einmal sicher sind, ob wir da in Watschuhen durchkommen würden, das Wasser ist über Hüfthoch. Stattdessen Hangeln wir uns so über einen umgefallen Birkenstamm. Sieht auf Fotos nicht beeindruckend aus, fühlte sich in dem Moment aber an, wie ein Hochseilakt auf der Zugspitze. Das Wasser schoss unter uns vorbei, war zudem so tief, dass ein Sturz auf alle Fälle zu einer Schwimmeinlage geführt hätte. Auch war der Stamm nicht sonderlich breit, verdammt glitschig und wir mit unseren riesigen Rucksäcken hatten auch unsere liebe Müh, das Gleichgewicht zu halten. Teilweise hielt man sich an einem 1cm dünnen Ast fest, der nicht wirklich Halt, aber doch zumindest Stabilität bot.

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Hier ist Fußspitzengefühl gefragt.

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Bin ich die letzten Kilometer schon auf meiner internen Notreserve gelaufen, kommt nun die Kür des Tages. Wir müssen nämlich nun wieder 350 Höhenmeter aus dem Tal aufsteigen, um auf ein Plateau an der Hangseite zu gelangen. Der Weg führt am Alep Vássjájågåsj steil bergauf, und ich kämpfe mit jedem Höhenmeter und mit den steilen Tritten. Pause mache ich alle 30-40 Schritte.

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Aufstieg entlang des östlichen Ufers des Alep Vássjájågåsj

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Blick zurück zum wolkenfreien Låddebákte

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Herausgezoomt erkennt man wenigstens die 9 Kilometer durch den Wald, die wir seit dem Abstieg heute morgen im Tal zurückgelegt haben.

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Weiter oben ist der Alep Vássjájågåsj tief im Flussbett, eine Querung hier wäre wohl schwer möglich.

Schließlich lassen wir die Baumgrenze hinter uns, was ein berauschendes Gefühl ist: Bis Saltoluokta, dem Endpunkt unserer Tour, sollten wir nun nicht mehr durch den Wald laufen. Kurz hinter der Baumgrenze laufen wir nun auch quer zum Hang, es geht also ein wenig sanfter voran.

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An der Baumgrenze angekommen!

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Blick auf das Bielloriehppe-Gebirge

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Bielloriehppe-Gebirge (zentral), rechts der Låddebákte, der nun ein paar Sonnenstrahlen abkriegt. Man sieht auch schön wie verzweigt das Flussdelta im Tal ist, und wo wir stellenweise über Inseln und Kanäle hätten wandern können.

Bei einer Pause, die zur Abwechslung mal ich einfordere, weil ich kaum mehr stehen kann, begegnet uns ein Franzose, der mit Wasserbeuteln und Flaschen zum Fluss rennt. Aussage: „Den ganzen Tag läuft man durch den Regen, und Abends gibt es dann kein Wasser.“ Zudem ist der Abstieg zum Alep Vássjájågåsj hier sehr steil, vermutlich klettert er also wieder ein paar hundert Höhenmeter herunter, bis er einen einfacheren Zugang zum Wasser findet. Wir beschließen, dass wir diesem Schicksal auf alle Fälle entfliehen wollen, müssen in Konsequenz aber so lange am Hang entlang gehen, bis der nächste Bach quert.

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Der Weg flacht aus.

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Tolle Lichtstimmung im Westen wo wir herkamen.

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Bedrohliches Bielloriehppe

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Dabei erwartet uns eine anstrengende Blockfeldquerung, und die Kraft ist bei mir wirklich weg. Zur weiteren Motivation „rick-roll“ ich mich selber. Schnaufend, stampfend und „Never gonna give you up, never gonna let you down“-murmelnd stolpere ich voran. Zum Glück finden wir am nächsten Fluss seine geeignete Stelle zum Zeltaufbau. Zwar ist das Plateau nicht so waagrecht wie gewünscht, aber wir haben heute keine Ansprüche.

Da dies ja mein Blog ist, und ich hier somit sagen kann was ich will, ein herzliches „SCHEIß TAG, SCHEIß WALD, SCHEIß BERG, SCHEIß REGEN!“ 😀 Dies war mit Abstand der anstrengendste Tag auf Tour bisher, vielleicht kommt der sogar in meine Top 3 der jeweils anstrengendsten Tage überhaupt.

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Blick gen Westen vom Zeltplatz.

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Der Tielma in Bildmitte, ganz rechts der Låddebákte

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Ein ganzer Wandertag mit nassen Socken in nassen Wanderstiefeln fordert seinen Tribut!

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Wunderbare Abendstimmung, langsam versöhne ich mich mit dem Tag.

Heute Abend bin ich wirklich nicht mehr zu viel zu gebrauchen und umso dankbarer, dass Markus mir viel Arbeit abnimmt. Mit Muschelnudeln und Gemüse im Bauch, und dem Körper im Schlafsack verpackt sieht die Welt jedoch bald weitaus positiver aus. Zudem erhalten wir auf dem Satellitentelefon eine SMS von Markus Vater, dass ab Morgen trockenes Wetter angekündigt ist, was sehr positiv von uns aufgenommen wird.

Mit ordentlich Muskelkater, zahlreichen neuen Blasen an den Füßen und einem generellen Erschöpfungszustand schlafe ich heute bereits um halb 10 komatös ein. Ich freue mich jedoch morgen auf eine flachere Etappe, die ich zudem bereits kenne, da ich sie im Vorjahr in die Gegenrichtung gelaufen bin.