Ein Klick auf das jeweilige Bild vergrößert die Ansicht. Wir befinden uns heute auf dem blauen Tourabschnitt Nr. 5.
Der Tagesbeginn läuft so ab, wie die letzten Tage erprobt. Einzige Änderung: Heute habe ich eine halbe Tasse voller Blaubeeren gesammelt für das Frühstück, ein Vorgehen, dass mein Müsli geschmacklich etwa um das 100fache optimiert.


Wir laufen bei bedecktem, grauem Himmel los, aber bisher ist es trocken.




Nach zwei Kilometern kommen wir an den Tjågnårisjågåsj, ein Fluss, der laut meinem Grundsten-Sarek-Reiseführer äußerst schwierig sein kann zu queren. Da wird empfohlen eine Schneebrücke zu überqueren, sofern dies nicht geht eine markierte Furtstelle zu suchen, und wenn all das aufgrund des Wasserstands nicht geht, dann muss man 400 Höhenmeter aufsteigen und über den Gletscher wandern, der diesen Fluss speist. Und wir? Wir müssen zwar in die Crocs wechseln, aber dann ist der Fluss auch wirklich schnell überwunden, das Wasser ging nicht mal übers Knie. Wieder einmal zeigt sich, dass nach dem abnormal heißen Sommer die Wasserstände wirklich sehr niedrig sind.




Im Anschluss an die Querung kommen wir gut voran, es ist relativ flach und der Weg gut zu gehen. Kurz unterhalten wir uns mit 2 Schweden, die in die Gegenrichtung unterwegs sind.
Die Mittagspause verbringen wir im Windschatten des Bielavárásj. Witzigerweise kommen dann ein französisches Pärchen an uns vorbei gestiefelt, wobei dies eindeutig die falsche Wortnutzung ist, denn statt in Stiefeln gehen sie die Strecke in ihren Crocs. Scheint bei denen doch schlimmer zu sein mit den Blasen am Fuß. Unser Mittagessen dient dazu endlich die letzten Reste der 650gr. Salami aus dem Rucksack zu leeren. Zudem blicken wir Bielavallda-Hochebene und können jetzt schon die Einbuchtung des Basstavágge sehen, ein Tal in dem wir in ca. einer Woche wandern werden. Wir könnten jetzt glatt uns eine Woche sparen, der Weg zum Tal ist nur 4 Kilometer entfernt. Allerdings müsste man das erstmal wollen, und da wir eher dabei sind jeden Tag einzeln zu genießen fühlt sich selbst der Gedanke an Abkürzen falsch an. Sehen könnt ihr das Basstavágge in der Karte zu Beginn dieses Blogposts. Es ist pink markiert und ist mit “Tour 14” beschrieben. Da seht ihr auch wie nah die blaue Tour 5 und Tour 14 aneinander rankommen.


Anschließend beginnen wir mit dem Aufstieg ins Snávvávágge. Um zu diesem Tal zu gelangen müssen wir längere Zeit quer am Hang uns heraufarbeiten. Hat man den Tag über schon die Einstiegsstelle gesehen (siehe Bild weiter oben mit der rot markierten Route), war mir bis zum Schluss nicht ganz klar, wo es da nun genau hoch geht, erst bei näherer Betrachtung erkennt man die Marschrichtung.





Pünktlich mit Ende des Mittagessens ist auch das Wetter in den Streik getreten. So begleitet uns beim Aufstieg ein fieser Nieselregen. Wenigstens der Blick runter ins Flussdelta unter uns entschädigt mit saftigen Wiesen und mäandernden Wasserläufen. Leider erbarmt sich kein Elch, sich uns in voller Pracht zu präsentieren. Dabei befindet sich im Tal sogar der „Geisterstein“ (spökstenen), das sollte doch ein Motivationsschub für die Tierwelt sein.


Der Anstieg wird nun steiler, der Pfad ist schmal und besteht aus glitschigen Steinen. Auch wird die 21cm-Treppenhöhe-DIN-Norm keineswegs eingehalten, jeder Schritt fühlt sich so an, als müsste man das Knie zur Nasenspitze ziehen, nur um den nächsthöheren Stein zu erreichen. Durch die physische Anstrengung, aber auch die Konzentration, die von Nöten ist um keinen falschen Schritt zu machen, werden das sehr intensive 200 Höhenmeter aufstieg.



Oben flacht der Weg aus, der Gegenwind und der Regen werden dafür aber immer stärker. Das Snávvávágge begrüßt uns mit alpiner Landschaft, es ist rau und karg in diesem Hochtal. Genau meine Landschaft also, ich bevorzuge dies eindeutig, verglichen damit tagelang durch den Wald zu stapfen. Auch der See welcher längs in Talmitte liegt, wird durch den Wind wild aufgepeitscht. Laut Reiseführer ist der See „kristallklar und lädt bei gutem Wetter zu einem Bad ein“. Nun, heute eher nicht so. Das Berg-Highlight dieses Tals, der Låddebákte, ist leider komplett im Nebel verschluckt.



Am südlichen Talende entschließen wir uns noch die hundert zusätzlichen Höhenmeter aufzusteigen, um nahe eines kleinen Sees zu campieren. Ich träume davon morgen den Låddebákte hoch zu klettern, da hätten wir uns schon mal 100 Höhenmeter gespart.
In den Gegenwind muss man sich inzwischen reinlehnen um nicht verblasen zu werden, und auch der Regen kommt uns wie Nadelstiche entgegen. Durch die vorbeiziehenden Wolken und Nebelfelder ist uns auch nicht völlig klar, wo wir gerade genau sind. Als wir für ein paar Sekunden einen freien Blick auf den See erhaschen, merken wir dass wir bereits fünfzig Meter zu weit aufgestiegen sind, und kämpfen uns in den widrigsten Bedingungen über ein Blockfeld wieder nach unten.
Markus und ich haben beide den Fehler begangen keine Regenhose anzuziehen, als der Regen sich verstärkte und nun stehen wir also völlig durchnässt und unterkühlt am See, während das Wetter versucht noch ungemütlicher zu werden. Wir suchen uns also die erste einigermaßen flache Stelle die wir finden können und machen uns an den Zeltaufbau. Dieser stellt in dem Wetter eine ganz schöne Herausforderung dar, eine Person ist dauerhaft beschäftigt das Zelt festzuhalten, nicht dass es uns davongeweht wird. Auch macht der Aufbau mit klammen, nassen Händen weniger Spaß.
Kaum steht das Zelt schmeißen wir unsere gesamte Ausrüstung rein, ich geh noch mal Wasser holen und dann heißt es: rein in die gute Stube. Aufgrund der vielen ausgebreiteten nassen Klamotten ist es anfänglich ein wenig schwierig, alles ordnungsgemäß verstaut zu kriegen und als ich dann im Schlafsack liege bin ich so unterkühlt, dass es deutlich länger als normal dauert, bis mir nicht mehr kalt ist.
Bei diesem Wetter kriegt uns absolut nichts mehr vor die Tür. Wir haben beim Aufbau allerdings darauf geachtet, dass das Tunnelzelt schön zum Wind positioniert wurde, so dürften auch die stärkeren Windböen dem Zelt und vor allem dem Zeltgestänge nicht gefährlich werden. Trotzdem blicke ich mit Sorge darauf, wenn das Zelt mal wieder von den Böen durchgeschüttelt wird. Es schlägt sich aber tapfer, jetzt heißt es nur hoffen, dass die Windrichtung in der Nacht nicht dreht, im schlimmsten Fall müssten wir nachts das Zelt dann 90° drehen. Auch steckt das Zelt den prasselnden Regen gut weg, die Wände flattern aber ganz schön bei all dem Wind.
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Erstmalig kochen wir auf dieser Tour im Vorzelt, denn raus will bei dem Regen keiner von uns Beiden. Dafür wärmt das Kartoffelpüree umso mehr, wir genießen das Abendessen schön in unsere Schlafsäcke gekuschelt.

Abends fliegt ein Vogel in der Nähe des Zeltes vorbei, das Piepen ist aber vielmehr ein Quietschen. Markus kann sich ein „der ist wohl schlecht geölt“ nicht verkneifen. Dieser Spruch des Tages wird auch in kommender Zeit immer wieder für Lacher sorgen.
Viel gibt es heute nicht zu tun, bei dem Wetter vergeht der späte Nachmittag und der Abend mit Lesen und Musik hören. Ich hoffe jetzt einfach darauf, dass das Wetter sich bis morgen wandelt und wir dann in der Früh noch auf den Låddebákte können, der Blick von dort oben ins Delta soll legendär sein.