Tag 51: Svappavaara – Kiruna (Ende der Radtour) 

Der Regen hat nicht nachgelassen, seit ich mich gestern ins Zelt verkrochen habe. Frühstück gibt es also zum wiederholten Male drinnen, während ich im kuscheligen Schlafsack liege. Auch das Packen findet drinnen statt, damit am Ende nur noch das Zelt nass verpackt werden muss. Besonders eklig ist es, in die nassen und kalten Radklamotten von gestern zu schlüpfen, da ist natürlich nichts getrocknet.

Und so schwinge mich auf und beginne meinen letzten Tag auf dem Rad. Fotos gibt es keine, denn es ist nass, kalt und ein tiefhängender Nebel sorgt dafür, dass die Sicht höchstens 200m beträgt. Einzig ein Rentier leistet mir für ein paar Sekunden Gesellschaft, ansonsten bin ich wieder auf der stark befahrenen E10, wo der Verkehr mich auf den Seitenstreifen verbannt.

In dem Wissen, dass es nach Kiruna nur 50 Kilometer sind, dort ein Hostel, ein Bett, eine Waschmaschine und, noch viel wichtiger, eine warme Dusche auf mich wartet, kämpfe ich mich voran. Wie schon das letzte Mal auf diesem Abschnitt merke ich, dass es konstant bergauf geht. Nie steil, aber genug um eine dauerhafte Belastung herzustellen und steil genug um zu verhindern, dass ich Tempo aufbauen kann.

Im Geiste gehe ich so die vergangene Radtour durch. Die Plätze an denen ich mein Zelt aufgeschlagen habe, Personen mit denen ich gefahren bin, mit denen ich geredet habe und welche mich in ihr Zuhause eingeladen haben. Die wechselnden Landschaften, die anstrengendsten Passagen und die besten Abfahrten. Die vielen Tiere und die verschiedenen Grün- und Grauschattierungen meiner Umwelt. Auch eine gute Möglichkeit, um die Zeit verstreichen zu lassen.

Nass!!! 

Mit dem heutigen Tag entwickelt sich meine Tour zu einem Triathlon: Neben Radfahren (die letzten 7 Wochen), Wandern (die nächsten 2 Wochen) kommt bei den heutigen Wetterverhältnissen eindeutig noch schwimmen dazu.. 😀

Auch wenn die letzten 3 Kilometer sich noch mal richtig ziehen, endlich stehe ich nach 50 Kilometern wieder in Kiruna.

 51 Tage sind vergangen, seit ich in Berlin in der Nordkappstraße mein Start-Foto gemacht habe. Und damit zeigt sich auch, dass meine detaillierte Planung vor Tourbeginn sich wirklich ausgezahlt hat. Dort hatte ich 45 Tage auf dem Rad + Pausentage berechnet. Gebraucht habe ich genau 45 Tage auf dem Rad + 6 Pausentage (1x Göteborg, 1x Mora, 2x Kiruna, 1x Tromsø, 1x Nordkapp)

Am Ende zeigt der Tacho 4444 Kilometer und fast 255 Stunden an. Klar, hätte im Auto nur 5 Tage gedauert, aber ich bin irre stolz, es doch so weit auf zwei unmotorisierten Rädern geschafft zu haben. Meine bisher längste Tour bis Kopenhagen hatte knapp unter 700 Kilometern und war in einer Woche erledigt. Nun habe ich mir bewiesen, dass ich den Durchhaltewillen habe, auch 7 Wochen ein solches Abenteuer zu bestreiten.

Am Nachmittag geht es endlich zu der Postfiliale, die ich telefonisch nicht erreichen konnte. Und nach dem bangen Warten steht dann auch endlich das riesige Paket vor mir, dass von Berlin aus unterwegs war. Darin ist meine Trekking-Ausrüstung und ich bin sehr erleichtert, das Paket unbeschädigt in Empfang nehmen zu können. Wäre dies nämlich irgendwo verschollen, hätte ich mich von meinen Wanderplänen verabschieden können, da in 3 Wochen bereits der Rückflug veranschlagt und gebucht ist.

So aber gibt mir die Postbotin sogar noch eine große Plastiktüte mit, damit der Karton bei dem Starkregen nicht komplett aufweicht.

Nach 2 Versuchen, mit dem wackeligen Karton tatsächlich zum Hostel zurück zu fahren, hebe ich den Karton erneut aufs Rad und entscheide mich, von jetzt an zu schieben. So laufe ich eine halbe Stunde durch tiefe Pfützen und werde wunderbar durchweicht, allerdings steht nun der Dusche nichts im Wege.

Und so verbringe ich den Abend damit, die ganze nasse Wäsche endlich in die Maschine zu schmeißen und mir ein anständiges Abendessen zu kochen, ganz ohne die notwendigen Verrenkungen, die ein kochen im Vorzelt so mit sich bringt. Auch das Zelt kommt auf den Wäscheständer und wird so vor der Wanderung mal wieder vollständig getrocknet.