Tag 2: Dranske – Moritzdorf
Heute bin ich einigermaßen früh aufgestanden, zwischen 8 und 8:30 Uhr. Kurz vor 9 Uhr war alles zusammengepackt und ich fuhr los. Ich bin wirklich schockiert über die Campingplatz Preise, ich zahle für gestern Abend 16 € inklusive Duschen, das ist schon echt happig und mehr als ich je in Skandinavien gezahlt habe.
Aber die tierische Campingplatzbesatzung ist schon putzig.
Zu Beginn geht’s erst mal schön oben an der Steilküste entlang nach Kap Arkona.
Am Kap Arkona angekommen fahre ich erstmal am Leuchtturm vorbei, finde es aber nicht so spannend, dass ich dort anhalten müsste, zudem kommt man da auch nicht runter ans Wasser.
Ein paar hundert Metern später beim Peilturm gibt es einen Abstieg zum Wasser, da quäle ich mich dann runter in dem Wissen, dass ich mit dem Muskelkater in den Beinen später wieder hoch muss. Bin kurz den Strand entlanggewandert, habe die Kreidefelsen angeschaut und einen Angler beobachtet.
Schön ist es alle mal, aber der Aufstieg sorgt mit wackligen Radler-Beinen doch für Anstrengung.
Zu Beginn war es ein Weg im schlechten Zustand, der richtig rumpelt und holpert und mein Vorankommen radikal ausbremst. Ich habe das Gefühl, ich habe in 2 Stunden 20 km zurückgelegt, und selbst danach zieht sich der Weg ziemlich. Dann begehe ich noch eine bedeutsame Fehlentscheidung indem ich auf der offiziellen Route bleibe, anstatt auf die Landstraße auszuweichen. Die offizielle Route führt hingegen in den Wald rein und besteht für mehrere Kilometer komplett aus Kopfsteinpflaster. Die Qualität dieses Kopfsteinpflasters hat sicher schon dazu geführt, dass damals die Römer sich über die Wegverhältnisse beschwert haben! Es ist sehr unangenehm, zudem geht es dauernd auf und ab, und ich komm überhaupt nicht voran. Bei dem Belag kann man nicht schnell fahren, zudem hatte mich schon vor der Kopfsteinpflasterstrecke ein wenig die Kraft verlassen. Da hatte ich auf der Landstraße mit Gegenwind zu kämpfen und merkte, wie gummiartig und kraftlos sich die Beine heute anfühlen. Als Gegenmittel hatte ich zwar in einer Ortschaft ein Fischbrötchen gekauft und als es gar nicht mehr ging habe ich Verpflegungspause an einem schönen Stein am Wegesrand gemacht, aber direkt an der nächsten Anhöhe gemerkt, dass die Kraft nicht wieder gekommen ist. So quäle ich mich also einige Kilometer später über die Kopfsteinpflaster-Holper-Strecke. Auf dem Weg komme ich mit einem entgegenkommenden Radler ins Gespräch, der mir den Tipp gibt, den ich zuvor schon meinem Navi entlockt habe: Bald kommt eine Abbiegung, diese führt auf die Landstraße zurück. Als ich diese nach 4-5 km Wackeln und Zähneklappern endlich erreiche, geht es auf dieser perfekt asphaltierten Strecke mit Rückenwind und Erdanziehungskraft bergab nach Sassnitz. Da dauernd dann 5 Kilometer auch nur noch 10 Minuten. Angeblich wäre die Landstraße von Anfang an abschüssig gewesen, hätte also auf alle Fälle mir den Weg durch den Wald sparen sollen.
In Sassnitz begebe ich mich für einen kleinen Einkauf zu LIDL, bevor es auf mehrheitlich gut ausgebauten Radwegen neben der Landstraße vorangeht. Als eben jener Radweg direkt am Meer entlangführt, entschließe ich mich zu einer Mittagspause mit Meerblick. Bei Blick aufs Wasser und mit herrlicher Sonne von Oben genieße ich meine mitgebrachten Brote.
Die Mittagspause war heute nach 60km angesetzt, anschließend ging es noch einige Kilometer auf und ab.
Auch bei diesem Urlaub mal wieder: Nazibauten anschauen. In diesem Fall die Bausünden des ehemaligen Kraft-durch-Freude (KdF)-Seebads Prora. Der “Koloss von Prora” ist wahrlich kein Augenschmauß, der Gedanke dass man hier 20.000 Nazis in den Erholungsurlaub schicken wollte, ist mehr als beängstigend.
Besonders schön hingen war eine Waldstrecke, diesmal ohne Kopfsteinpflaster, sondern eher mit Sandboden auf dem es malerisch dahin ging. Hier habe ich einen kleinen Umweg zum Aussichtspunkt auf mich genommen, im Vergleich zu Kap Arkona war es dies auch mehr als wert!
Überall Blümchen
Nach 90 Kilometern komme ich an einem Campingplatz vorbei, habe dort aber gemerkt, dass die schon wieder 15 € wollen für eine Übernachtung. So habe ich erst mal gefragt ob ich meine Flaschen auffüllen kann und habe mir dabei die Sanitäranlagen angeschaut. Diese sahen aus wie frisch aus den 60ern und so habe ich beschlossen, dass es mir diese Geldsumme nicht wert ist und habe mich lieber wieder aufs Rad geschwungen.
Wird langsam spät.
Nach ein paar hundert Metern kam ich ans Wasser und bin zum ersten Mal im Leben auf eine Ruderboot-Fähre gestiegen. Der „Kapitän“ rudert den ganzen Tag von einer Uferseite an die andere. Mühelos hob der mein schweres Rad ins Boot und am Ende wieder raus, der hat bei dem Job anscheinend Armmuskeln ohne Ende. War auch sehr praktisch, denn ich kam erst um Viertel vor Sechs dort an, regulär fährt die „Fähre“ aber nur bis 17 Uhr, er machte an dem Tag aber länger.
Schiff ahoi!
Es war in der Umgebung kein weiterer Campingplatz eingezeichnet, dies bedeutete für mich also, dass ich eine Stelle zum Wildcampen finden musste.
Kurze Zeit später hatte ich eine Stelle auserkoren, die vielversprechend aussah, leider lag das Waldstück aber im Naturschutzgebiet, sprich man durfte dort keinesfalls Zelten. Ich habe mich an den Wegesrand gesetzt und Pause gemacht, um nachvollziehen zu können wie viel Wanderer und Spaziergänger dort vorbei kommen. Als in zwei Stunden nur ein Pärchen meine Sitzgelegenheit passierte, war ich guter Dinge dort unerkannt und unentdeckt übernachten zu können.
Warten auf die Dunkelheit
Ich hatte mir bereits zurechtgelegt wo ich das Zelt aufstellen wollte, habe einen Fleck Gras gefunden, der nicht von der Straße einsehbar ist und habe dann am Weg selber ganz in Ruhe mein Abendessen zubereitet, mein Buch gelesen und Filme auf dem Telefon angeschaut und habe so alle Aufgaben erledigt, die vor dem zubettgehen erledigt werden mussten.
Gut, dass es gestern das leckere Schnitzel gab.
Als es dann fast dunkel war so, um ca. halb 9, habe ich mich in die Büsche geschlagen und schnell das Zelt aufgebaut. Außer fünf Minuten lesen habe ich dann an dem Tag auch nichts mehr gemacht, so schlief ich bereits um 21 Uhr und kann morgen früh aufstehen um alles schnell abzubauen bevor jemand vorbeikommen könnte und mich sehen würde.
Was ich gestern schon im Bericht erwähnen wollte und was mich wirklich krass schockiert, ist die Erkenntnis wie touristisch Rügen wirklich ist. Klar, ist jetzt keine bahnbrechende Erkenntnis, aber gefühlt ist jede Ortschaft eigentlich nur eine Ansiedlung aus Feriendörfern und Ferienhäusern. Unglaublich wie viel auszumietende Zimmer zur Verfügung stehen, besonders jetzt wo saisonal bedingt keine große Belegung vorzuweisen ist. Aber ich bin mir sicher, dass sich Rügens Population im Sommer verzehnfachen muss, denn manchmal fährt man kilometerlang an Feriendörfer vorbei.
Und überall werden neue Ferienhäuser aus dem Boden gestampft.