Rügen + Ostseeküstenradweg Tag 1

Neues Jahr, neuer Plan:
Nachdem ich mir im Herbst letzten Jahres noch ein Ergometer fürs Wohnzimmer zugelegt habe, um nicht ganz aus der Übung zu fallen, genieße ich nun seit den ersten Sonnenstrahlen im April es sehr, endlich wieder mit dem Rad die Berliner Umgebung zu erkunden.
Nun bot es sich an über das lange Wochenende rund um den 1. Mai wieder eine mehrtägige Radtour zu machen. Die Campingausrüstung soll ja nicht einstauben und ich hatte Lust wieder mehrere Tage im Sattel zu verbringen. Klar war, dass ich nicht viel Zeit auf eine Anreise verschwenden wollte. Ursprünglich war der Plan den Oder-Neiße-Radweg abzufahren, der war aber tatsächlich „zu kurz“, und über den Usedom-Berlin-Radweg zurück wollte ich nicht, da ich den vor Jahren schon gefahren bin.
Schließlich kam ich auf den Ostseeküstenradweg, speziell auf das Stück rund um Rügen und dann bis Rostock. Sowohl Stralsund wie auch Rostock sind mit der Bahn von Berlin aus schnell zu erreichen, und so konnte ich bis zur letzten Sekunde abwarten, wie das Wetter aussieht und (viel wichtiger) den Start- und Endpunkt an die Windrichtung anpassen. Los geht’s mit der Erzählung:

Tag 1: Berlin/Stralsund – Dranske

 

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Es geht endlich wieder los!

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Mein Ausblick für die nächsten 4 Tage

Ich habe heute um um 9 Uhr mein Rad gesattelt und bin zum Bahnhof Gesundbrunnen gefahren. Dort habe ich noch meine Fahrradkarte gekauft und habe dann noch gut 20 Minuten gehabt um am Gleis zu sitzen und auf den Zug zu warten. Der einfahrende Regionalexpress war extremst voll, im Fahrradabteil waren bestimmt schon 20 Fahrräder drin, andererseits wollten die alle nur nach Oranienburg, sprich ich habe mich kurz in den Gang gestellt und hatte nach Oranienburg einen Sitzplatz ergattert und das ganze Abteil war fast leer.

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Überrascht hat mich, wie schnell man nach Oranienburg oder Fürstenberg kommt. Dies waren Orte, die auf meiner letzten Radreise eine gesamte Tagestour eingenommen haben, mit dem Zug hat es dann nur 40 Minuten gedauert. Verrückt wie unterschiedlich die Zeit- und Wegstreckendimension ist. Ansonsten war es eine schöne Fahrt mit der Bimmelbahn, die wirklich an jeder Häuseransammlung gestoppt ist, teilweise war der Bahnsteig nicht mal bitte betoniert, sondern es waren tatsächlich nur in Stück Wiese neben den Schienen.

Um kurz vor 13 Uhr war Ankunft in Stralsund und habe mich dann sofort aufs Rad geschwungen. Bin dann über die Brücke nach Rügen geradelt

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Der Plan: Erstmal im Uhrzeigersinn von Stralsund aus rund um Rügen, dann weiter nach Westen an der Ostseeküste entlang nach Rostock.

Der Start war einfach fantastisch, weil perfekter Rückenwind genau in die Richtung in die ich wollte blies und ich in der Ebene mit etwa 28 bis 30 km/h dahin flog. Am Anfang waren es ein Radweg neben der Landstraße, so bin ich richtig schnell vorangekommen, dabei war es ein wenig sonnig, aber nicht wirklich warm, trotzdem habe ich irgendwann auf kurze Hose und T-Shirt umgesattelt und als man wirklich von den Landstraßen weg kam und mehr dem Ostseeküstenradweg gefolgt ist, merkte man schon dass die Strecke teilweise wirklich deutlich schlechter wurde. Ich hatte heute alles von wunderbar geteerten Fahrradweg über Kopfsteinpflaster, über extremst eklige Betonplatten/Kolonnenwege, bis hin zu tatsächlich einzelne Spuren und Sandwegen die mich wie verrückt durchgeschüttelt haben.

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Nun, Rügen gehört nicht zu den ärmsten Gebieten Deutschlands…

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Am Nachmittag habe ich gemerkt, dass meine Gabel locker war und der Steuersatz sich gelockert hatte. Was viereinhalbtausend Kilometer Skandinavien nicht geschafft haben, das schafft Rügen in 50 Kilometern. So musste ich heute Abend den Steuersatz nachziehen. damit der Lenker und die Gabeln aufhören zu wackeln. Auch wenn ein paar Wegteile schlecht waren kam ich relativ gut voran, auch weil ich relativ frei die Route gefunden habe; manchmal habe ich gemerkt dass es keinen Sinn macht auf biegen und brechen dem Ostseeküstenradweg zu folgen, sondern bin dann Stücke vom Rügen-Rundweg gefahren oder wirklich auf meinen eigenen Wegen geblieben. Es lässt sich extrem viel Wegstrecke einkürzen, da der Weg viele Schleifen macht. Sprich man fährt entweder 5 km Ostseeküsten-Radweg oder 500 m eine Verbindungsstraße dazwischen und kommt an der gleichen Stelle wieder raus.

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Wetter sieht ungemütlich aus, bleibt aber Trocken.

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Plattes Land

Gegen 15 Uhr zog es ein bisschen zu, da war ich in Schaprode und habe die Fähren beobachtet, die nach Hiddensee rüber fahren, habe da noch ein Eis gegessen, mich dann doch ein wenig wärmer angezogen weil es nicht mehr ganz so angenehm war und bin dann schnell weiter gefahren.

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Blick nach Hiddensee

Witzigerweise hatte ich dann danach eine Fahrt direkt am Ufer entlang, auf einem einspurigen kleinen Weg, der sehr bucklig war, dafür halt malerisch direkt am Wasser entlang. Endlich wieder den Geruch von Algen und Salzwasser in der Nase, den habe ich seit dem Nordkapp vermisst, schließlich war ich da das letzte Mal am Meer, so kommen viele Erinnerungen hoch.

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Anschließend eine kurze, knackige Fährfahrt mit einer süßen, kleinen Autofähre. Die hat auch nur 2,50€ gekostet, so habe ich mich nicht in Unkosten gestürzt.

IMG_20180427_162639IMG_20180427_170032Anschließend viel an Feldern entlang, wobei mir auffiel, dass der Raps in Rügen noch nicht blüht, sobald das passiert wird es hier sicherlich deutlich bunter stell ich mir vor. Generell sind die Aussichten im Inland nicht so anders, als bei meinen Fahrten rund um Berlin, aber sobald man an die Küste kommt und direkt ans Wasser es ist besonders schön. Hiddensee zu sehen und einige Segelboote fühlt sich schon anders an als daheim.

Auch wenn ich bereits merke, dass ich ein paar Sachen hätte daheim lassen können, bin ich froh diesmal nur mit 5 und nicht mit 6 Taschen wie bei der letzten Reise unterwegs zu sein. Ist halt doch leichter und praktischer und bei dem ganzen Rückenwind komme ich gut voran.

In der kleinen Ortschaft Dranske bin ich dann tatsächlich essen gegangen weil ich keine Lust hatte meinen Trangia anzuschmeißen und Fertignudelgerichte zu kochen. Stattdessen gab es ein leckeres Radler und ein großes Schnitzel.

IMG_20180427_175807Und selbst während ich mich dabei in Kosten gestürzt habe, blieb der Gedanken, dass dies etwa so viel kostete wie eine Portion Pommes + Cola an einer Tankstelle in Norwegen, hier also auf alle Fälle ein viel besseres Preis-Leistungsverhältnis.

Die Tierwelt war schön, so habe ich zahlreiche Greifvögel beim kreisen, aber auch in Aussichtsposition in den Bäumen gesehen. Erschrocken bin ich, als irgendwo auf einem Waldstück ein Reh mir fast vor den Reifen gesprungen ist und auch einen Fuchs in Lauerstellung hat sich mir gezeigt, der hat allerdings die Flucht ergriffen, als ich um die Ecke kam. Der einzige Nervfaktor waren  Millionen kleiner schwarzer Fliegen, die in großen Schwärmen über der Straße schwebten und sich dann an mir fest setzten als ich durchfuhr und sich in Kleidung und Körperbehaarung verfingen. Die scheinen gerade geschlüpft zu sein, weil sie in einer riesigen Quantität unterwegs sind, teilweise kann man nicht richtig atmen weil man bei jedem Einatmen die Fliegen mit reinzieht. Mal schauen, ob die bei mehr Wind in den nächsten Tagen auch rumschwirren oder ob das regionale begrenzt ist.

Nachdem ich um 18 Uhr schon zu Abend gegessen hatte, bin ich dann noch knappe 7 oder 8 km weiter zum Campingplatz namens Dranske Küstenblick Campingplatz. Der Platz war relativ klein und bot 50 Stellplätze, von denen derzeit etwa 6 belegt sind. Ich habe heute nicht mehr als zehn Leute auf dem Campingplatz gesehen, scheint also auf alle Fälle Nebensaison zu sein. Meine Furcht davor, mit hunderten Jugendlichen die feiern wollen an diesem langen Wochenende auf einem Campingplatz gefangen zu sein hat sich zum Glück nichts ergeben. Den Campingplatz erreichte ich nach knappen 90km Wegstrecke, und da ich erst um 13 Uhr richtig losgefahren bin, bin ich mit der zurückgelegten Strecke völlig zufrieden. Mal sehen wie die Beine sich morgen anfühlen, zum Ende der heutigen Tour war die Kraft auf alle Fälle aufgebraucht. Zum Glück fühlte sich der Hintern auf dem neuen Sattel einigermaßen passabel an, mal sehen wie das sich entwickelt.

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Gähnende Leere

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Abendstimmung am Campingplatz

Als dann mein Zelt steht habe ich dann noch meinen Steuersatz repariert, dabei aber gleich das nächste Malheur entdeckt. Meine Kettenölflasche, welche die ganze Fahrt durch Skandinavien in der Tasche überlebt hat, ist heute aufgegangen und hat ihren Inhalt in der Tasche verteilt, so durfte ich auch gleich ein wenig putzen. Somit komme ich aber auf dieser Tour nicht dazu, meine Kette nochmal zu schmieren.

Nach einer warmen Dusche liege ich bereits um halb 9 im Schlafsack und bin bereit einzuschlafen. Alles in allem also ein erfolgreicher erster Tag und mal schauen was mich die kommenden Tage erwartet.