Freitag 21.3. Gesher Achziv -> Abirim, ~23km

Aufgewacht bin ich am Strand bereits um 6.30 Uhr. Fühle mich fit, packe schön den Schlafsack zusammen im Zelt, summe ein wenig vor mich hin, trällere ein Liedchen, denn schließlich bin ich ja allein am riesen Strand. – Denkste! Mein Fehler bemerke ich erst, als ich um 7 aus dem Zelt krieche und 7-8 ältere Herren in der Nähe des Zeltes stehen und angeln… Fettnäpfchenalarm 😀


Die Landzunge am Horizont markiert die Grenze an den Libanon, dort ist auch die Militäreinrichtung aufgebaut, von wo die Jeeps ankamen um mal ein Auge auf mich zu werfen 😉

Eine Tradition, welche beim Yam leYam besteht ist, dass man in einem kleinen Fläschchen Meerwasser zum See Genezareth transportiert, dort mit Seewasser vermischt und vergießt. Die UL-Trekker im Forum weinen wahrscheinlich grade, nichtsdestotrotz habe ich ein paar Milliliter des Meerwassers mit auf die Tour genommen 😉


Der Schrecken eines jeden UL-Anhängers!

Ziemlich langsamer Start, so bin ich erst um 8.30 Uhr bereit zum Abmarsch. Direkt auf der anderen Straßenseite geht es los in östlicher Richtung und die ersten 5km werden damit verbracht auf Staubstraßen durch Bananen-, Avocado- und Orangenplantagen zu laufen. Es duftet wunderschön, leider waren noch keine Früchte reif 😉

Nach dem Marsch durch die Plantagen geht es 2km die Landstraße entlang. Hier habe ich ein ziemlich ärgerliches Erlebnis mit einem Autofahrer. Ich laufe dem Verkehr entgegen, habe aber im Laufe meiner Trails mitgekriegt, dass das in Israel ganz unüblich ist. Ein Fahrer, der im großen Geländewagen von hinter mir auf mich zufährt hat sich scheinbar in den Kopf gesetzt, er müsste mich erschrecken, fährt auf die Gegenfahrbahn ein, und wirklich richtig knapp (ca. 50cm) an mir vorbei, wobei er meint, auch noch Hupen zu müssen als er ganz nah hinter mir ist. Die Motivation dafür entzieht sich mir natürlich völlig, ich verbringe aber doch ne Minute oder Zwei damit, mir die Seele aus dem Leib zu schimpfen, schon allein wegen dem Schrecken.


Tolle Blumenfelder am Wegesrand

Nach diesem kurzen Stück auf der Straße biegt man nun in das Bachbett “Nahal Achziv” ein. (Nahal heißt einfach “Fluss”). Darin werden die restlichen 10km des Tages absolviert, während es (wie für den Rest der Tour auch) grob in östliche Richtung geht.


Der Beginn des mächtigen und tosenden Achziv-Flusses 😉


Der Feldweg mit Blick auf die noch etwas entfernte Festungsruine von Montfort, eine Kreuzritterburg.


Detailansicht Montfort

Heute sind es recht befestigte Wege und ich komme schnell mit einem jungen israelischen Ingenieurspärchen ins Gespräch, welche in die gleiche Richtung laufen. Geredet wird über alles, inklusive ein Geschimpfe auf ihre Regierung und sie scheinen äußerst interessiert an der Sicht eines nicht-Israelis auf den Nahostkonflikt. Sehr nettes Gespräch, ich merke jedoch erst als sie abbiegen um einen anderen Weg zu laufen, dass sie viel schneller gegangen sind (da sie auch nur einen leichten Tagesrucksack dabei hatten) als es für mich sinnvoll gewesen wäre. Ich fühle mich jetzt wirklich erledigt.


Überall blüht es in den schönsten Farben.


Der weitere Verlauf im “Achziv-Tal”

Jetzt kommen wir aber auch schon zum Problem des Tages: Es ist Freitag, mit Sonnenuntergang fängt Shabbat in Israel an und da ist wirklich alles geschlossen. Am Donnerstag hatte ich mir vor der Zugfahrt noch knappe 4L Wasser im Hostel aufgefüllt, aber die sind natürlich mit dem Kochen am Strand und dem Trinken tagsüber fast komplett aufgebraucht. Wasser im Tal auffüllen ginge nur, sofern man Wasser aus der Quelle holen würde (im Rest des Bachbetts gibt es nur ein dünnes Rinnsal, wenn überhaupt). Für die Quelle bräuchte man aber ein Mittel zur Wasserklärung, ob Chemisch oder via Wasserfilter. Da ich aber weder das eine, noch das andere habe, steht fest das ich heute das Tal verlassen muss, und in einer der kleinen Ortschaften, welche auf den Hügeln gebaut wurden mein Wasser auffüllen muss.

Ich merke für mich selber, wie ich nervös werde, dass es nicht klappen könnte und ich dann beispielsweise auf meine Mittagspause verzichte. Ich bin seit 8.30 Uhr unterwegs, nun ist 14.30 Uhr und außer mal so 2-3x für 5min am Wegesrand anhalten habe ich keine Pause gemacht. Richtig schlimm ist nun der Aufstieg aus dem Tal. Es sind ca. 250Hm schätze ich, aber der Weg ist richtig steil, hohe Steinstufen, wo man alle Kraft braucht um sich hochzudrücken. In meinem Wahn mich zu beeilen hole ich auch nicht meine Trekkingstöcke aus dem Rucksack, wo sie den ganzen Tag vor sich hin vegetieren. Inzwischen stolpere ich kraftlos vor mich hin, muss fast alle 20m eine Pause machen. Innerlich verfluche ich den Trail, wenn es mir am ersten Tag Nachmittags schon so dreckig geht, wie wird das erst die nächsten Tage?

Oben am Berg laufe ich noch knapp 1km eine Teerstraße lang und stehe dann vor der Ortschaft “Abirim”. Mein Herz sinkt, als ich merke, dass das große Tor am Ortseingang verschlossen ist, aber zum Glück gibt es einen kleinen Durchgang für Passanten am Rand. Inzwischen habe ich auch schon länger nichts mehr getrunken, da ich meinen halben Liter Notreserve nicht antasten will und so halte ich wirklich das erste Auto an, dass mir im Ort entgegen kommt und frage ihn ob es einen Supermarkt gibt. “Ne, der ist in der nächsten Ortschaft, 10km von hier” – Mein Herz sinkt weiter. Aber als ich meine ich brauche nur Wasser, deutet er auf die vielen Rohre die durch den Ort führen und meint, hier könnte man sich gratis Trinkwasser abzapfen. Zudem gebe es die Straße runter einen Campingplatz der von einem Ehepaar geführt wird, zu diesem Campingplatz “Makom Balev” schleppe ich mich nun.

Die Frau des Hauses diskutiert nicht lang, sondern bietet mir gleich nen Platz am Küchentisch an und stellt ne Wasserflasche vor mich hin. Scheinbar sehe ich doch fertiger aus als ich dachte. 😀 Dabei finde ich dann auch raus, dass die meisten Siedlungen im Galiläa entweder unreligiös oder sogar druzisch oder arabisch sind, ich mir also wegen Shabbat und Wasser deutlich weniger Sorgen hätte machen müssen.

Ursprünglich hatte ich vor, nur Wasser aufzufüllen und dann noch weiter zu gehen, aber der Blick aufs GPS zeigt, dass ich für heute auch schon 23km hinter mir habe und es halb 4 ist, wobei es um 6 schon richtig dunkel ist. Dann soll eine Übernachtung hier auch nur 10€ kosten, inkl. Duschen, WC und Mitbenutzung der Küche. Dieser Ausblick auf ein wenig Luxus lässt mich sofort zusagen und ich habe die Entscheidung nicht bereut. Eine tolle Anlage mit vielen Pferden, Ziegen und allerlei zutraulichen Hunden, zudem hinter der Scheune ein Waldstückchen, mit 15 gerodeten Plätzen, um sein Zelt aufzubauen.


Ein richtiger “Urwald” mit Freiflächen fürs Zelt.

Nach dem das Zelt steht, kommt noch ein israelisches Pärchen, welches auch die Nacht dort bleibt. Wir kochen gemeinsam Abendessen und unterhalten uns sehr angeregt noch ein Stündchen.

Jedoch merke ich hier schon das etwas nicht stimmt: Von meinen 150gr Couscous, welche ich mir am Abend zubereitet habe, bringe ich mit Mühe und Not die Hälfte runter, den Rest muss ich wegschmeißen. Sobald ich anfange zu Essen wird mir extrem schlecht. Dies hielt bereits den ganzen Tag schon an, und so habe ich insgesamt über den Tag verteilt auch nur 1,5 Müsliriegel runter gewürgt. Noch schiebe ich es einfach auf die Erschöpfung vom Laufen, dass die Müdigkeit und Kraftlosigkeit mein Hungergefühl überdeckt.

Nachdem ich hier beim Lesen von Reiseberichten mich immer gefragt habe “Wie schaffen die das schon um 23 Uhr zu schlafen, das wird mir nie passieren, ich bin ja so richtig nachtaktiv und Langschläfer” passiert mir genau das selbe. Nach der Dusche schlafe ich um 22 Uhr schon wie ein Stein, Erschöpfung sei Dank.

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