[Tag 1] Samstag 25.8. – Anreise Part 2

Als ich Markus in der Früh wecke habe ich schon die letzten 2 Stunden rumgelegen und Pläne geschmiedet. Mit viel Zuarbeit und gutem Zureden schaffe ich es, Markus zu einem Frühstück zu überreden. Das normale Buffet ist leider nicht verfügbar um diese unheilige Uhrzeit, aber ein paar Kleinigkeiten kriegt man auch um 5 Uhr in der Lobby.
Danach noch die Rucksäcke im Zimmer geschultert und ab zum Bahnhof. Dorthin sind es zu Fuß auch nur 10 Minuten, das geht schnell. Aber der Rucksack versucht schon ganz schön ordentlich der Erdanziehung nachzugeben, das kann ja heiter werden die nächsten Tage.

Kaum sitzen wir im Zug nach Gällivare, spricht mich aus heiterem Himmel ein Mann an: „Hey, dich kenn ich, du bist Daniel!“. Erster Gedanke: „Was zum Teufel?“, zweiter Gedanke „NSA, Verfassungsschutz, oder doch ein unbekannter Verehrer/Stalker, der mir hinterherreist?“ Als sich dann rausstellt, dass wir im selben Outdoorforum aktiv sind und er meine Reiseberichte und Nachfragen vor dem Urlaub gelesen hat, entspanne ich mich merklich.
Dennoch ist es viel zu früh für einen langen Plausch, ich bin mir sicher wir können nachher im Bus miteinander quatschen und über die kommenden Touren sprechen. Als er in Murjek jedoch aufsteht und sich abmarschbereit macht, merke ich, dass er eine andere Route durch den Sarek nehmen wird. Spoilergefahr: Wir sehen uns noch wieder und zu einem Plausch zwischen Volker und mir ist es in aller Ausführlichkeit doch noch gekommen, also alles gut.

Markus die olle Pennnase schläft die 2,5h Zugfahrt ohne Pause, ich nutze die Steckdose im Zug noch um Filme auf dem Handy anzuschauen.

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Endlich wieder “schwedische Landschaft”

In Gällivare angekommen ist der Bus nach Ritsem so voll, dass wir und einige andere an der Busstation zurückbleiben und auf einen Backupbus warten müssen, was aber innerhalb von 20 Minuten organisiert wird.

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Präsentation der übervollen Rucksäcke. Nicht mit im Bild: 2x Plastiktüten voll mit Essen, die auch noch verstaut werden müssen.

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2 Menschen, 2 Rucksäcke und 2 Paar Trekkingstöcke. Letzteres wird noch eine Rolle spielen…

Die Weiterfahrt bei Bus ist dann doch sehr schön, erst geht es auf der E45 entlang, die ich vom letzten Jahr kenne, schließlich habe ich mit dem Rad über 1000km auf dieser Straße zurückgelegt. So stellt sich schnell wieder das Gefühl ein „angekommen zu sein“, einen leichten Anflug davon hatte ich schon beim Blick aus dem Zugfenster auf die vielen Sümpfe und Wälder.

Der Bus hält lange in Stora Sjöfjället. Dies nutze ich noch für einen Einkauf, da ich meine abendlichen Nachspeisen gestern nicht im Supermarkt gefunden habe. Sprit hätte es hier auch gegeben, nachher ist man halt immer schlauer.

Draußen schüttet es wie aus Kübeln, so sitze ich lieber im Bus und schaufele den Salat in mich rein. Da ja bald die vierzehntägige Tütennudel-Dürreperiode einsetzt, tut es Not, sich nun an frischen Lebensmitteln zu laben, so lang es noch geht. Nur die Falafel, die an der Salatbar noch gut aussahen, entpuppen sich als ziemlich trockene Angelegenheit. „Markus, wie findest du die Falafel im Salat?“ – „Moment, ich sammele noch Spucke, bevor ich antworten kann“.

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Bald schon sind wir in Vakkotavarre, wo Markus und ich 2015 nach unserer Tour auf dem Kungsleden in den Bus gestiegen sind. Das Wetter war den ganzen Tag schon mies, nun wird es aber noch mal schlimmer als wir in die Nähe von Ritsem kommen. So stehen wir die halbe Stunde am Fähranleger im Regen, kramen verzweifelt nach der Regenjacke und leider sieht man auch dieses Jahr absolut nichts vom Áhkká-Massiv, es ist zum Mäusemelken.

Die Rucksäcke kommen im Boot unter ein Tarp am Bug, wir sitzen leicht frierend und voller Vorfreude im Boot und bereiten uns vor. Der Plan ist heute noch die 4-5 Kilometer auf dem Padjelantaleden zu laufen, bis unsere Abzweigung in den Sarek kommt. Dort dann noch ein bisschen weiter bis wir einen schönen Zeltplatz finden. Insgesamt plane ich so 7-8km zu laufen, dass ist angesichts der Tatsache, dass es bereits halb 4 ist, als wir aus dem Boot steigen, auf alle Fälle realistisch.

In Änonjálmne angekommen springen wir wie alle aus dem Boot, und packen uns am Ufer richtig ein. Regenhose an? Check!
Gamaschen an? Check!
Daniel Trekkingstöcke auf Länge gebracht? Check!
Markus Trekkingstöcke ….
Moment, wo sind die Trekkingstöcke?
Verstört blicken wir uns nach einer Bedenksekunde um: Und schauen auf die Fähre, die bereits 5-600m weitergefahren ist und wo Markus Stöcke noch gemütlich am Bug liegen dürften. Diese hatte er nämlich beim Einstieg aufs Boot in Ritsem getrennt von seinem Rucksack gelegt, auf Anraten des Mitarbeiters. Bloß mitgenommen hat er sie beim Ausstieg dann nicht mehr.

So, und nun? Ohne Trekkingstöcke für Markus in den Sarek, da sind wir uns schnell einig, ist eine dumme Idee. Flüsse queren müssen und Berge hoch und runter ohne Stöcke? Keine schöne Aussicht. An das Boot kommen wir heute allerdings nicht mehr ran. So bleibt nur eins: Am Anleger campieren und morgen hoffen dass sie uns mit der ersten Fahrt um 9 Uhr auch die Stöcke wieder mitbringen.
Spannenderweise hat man am Anleger noch Telefonempfang, wir rufen also in Ritsem an der Hütte an und geben Bescheid, die sollen dem Boot bitte melden nicht die Stöcke in Ritsem auszuladen.

Dann laufen wir noch am Ufer entlang und halten nach einer geeigneten Zeltstelle, ein bisschen abseits des Sami-Dorfs, Ausschau. Wir finden dann auch etwas in Wassernähe, obwohl die Stelle ziemlich uneben ist und wir mit dem Abspannen einige Probleme kriegen. Nun, der Boden ist ziemlich nass und immer mal wieder fängt der Regen von neuem an, aber weder ist es stürmisch, noch befürchten wir Starkregen in der Nacht.

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Blick auf den See Akkajaure vom Zeltplatz aus. ©Markus
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Waldgebiete am heutigen Zeltplatz. ©Markus
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Blick auf den Akkajaure vom Zeltplatz aus. ©Markus

Nach dem Zeltaufbau sitze ich noch eine halbe Stunde am Wasser, beobachte das Áhkká-Massiv dabei im Nebel zu verschwinden, und genieße die leicht gespenstische Stimmung.

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Blick auf den Strand, im Hintergrund der Áhkká.

Um 16 Uhr liegen Markus und ich im Zelt. Und obwohl Markus heute Nacht geschlafen hat, dann die ganze Zugfahrt und gefühlt 80% der Busfahrt, pennt er sofort wieder ein. Ich auch, aber ich darf das, habe ja schließlich sonst nicht geschlafen 😉

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Die erste Nacht im Freien.

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Gut abgespannt geht anders

Gegen 20 Uhr mache ich mich daran, das Abendessen für uns beide zuzubereiten. Es regnet immer noch, nichtsdestotrotz stehe ich vor dem Zelt und kümmere mich um unsere Tortellini mit Tomatensoße. Für den ersten Abend haben wir nämlich immer ein relativ schweres Luxus-Essen dabei, und so kann ich mich freuen, dass Morgen der viel zu schwere Rucksack so zumindest 900gr leichter geschultert wird.
Das Kochvorhaben bringt auch Erleichterung, als wir merken, dass der (Nicht-)Spiritus einigermaßen annehmbar brennt. Wäre doch ziemlich übel gewesen, hätten wir jetzt rausgefunden dass wir kein Brennmaterial hätten.
Die Essensaufnahme findet bereits im Zelt statt, draußen ist es einfach zu nass und kalt. Nach dem Zähneputzen schaffe ich es, ganze 3 Seiten zu lesen, schon schlafe ich wieder. Mal sehen was der morgige Tag bringt, wenn es dann endlich, endlich losgeht mit dem Wandern.