Ein Klick auf das jeweilige Bild vergrößert die Ansicht. Wir befinden uns heute auf dem blauen Tourabschnitt Nr. 13.
Noch eine Nacht ohne Polarlichter, wieder aber mit atemberaubenden Sternenhimmel. Dies werde ich nach der Rückkehr nach Berlin wieder vermissen, der klare Blick ganz ohne Lichtverschmutzung.
Zeltplatz – Blick gen Sluggá
Blick runter zum Pietsaure
Zum Frühstück gibt es den letzten Porridge, erweitert um selbst gepflückte Blaubeeren. Anschließend packe ich langsam zusammen. Ich merke heute wie der Körper deutlich träger geworden ist und besonders meine Füße sind im Eimer. (Siehe Fotos von gestern 😉 )
Nachdem es nachts mal kurz geregnet hat ist es jetzt trocken aber bewölkt. Doch die Lösen sich schnell auf und es strahlt die Sonne bei blaustem Himmel. Ich laufe von der Stelle wo mein Zelt aufgebaut war nahezu gerade den Hang runter, vorbei an ein paar Wasserfällen die hier ins Tal stürzen.
Abstieg entlang des Wasserfalls
Pietsaure und fantastische Reflektion des Alep Gierkav
Eh ich mich versehe, stehe ich das erste Mal seit Tag 6 wieder zwischen Bäumen.
Blick zurück auf den Wasserfall, oben hatte ich gezeltet.
Unten im Tal angekommen finde ich schnell den besser ausgetretenen Weg zur Sami-Siedlung. Dabei habe ich vor allem die wunderschönen Spiegelungen der gegenüberliegenden Bergseite im Pietsaure im Blick.
Das letzte Stück vor der Siedlung läuft man auf einem traumhaften Sandstrand entlang, hier bin ich sogar ein wenig traurig gestern nicht bis hierher durchgehalten zu haben, wäre sicherlich auch ein schönes Fleckchen für mein Zelt gewesen.
Blick auf das östliche Ende des Pietsaure
Samt Sami-Siedlung
Und traumhaften Sandstrand.
Blick in Längsrichtung des Sees gen Westen.
Am östlichen Ende des Pietsaure fließt dieser in den Ávtsusjjåhkå ab. Die Stelle ist nur ca. drei Meter breit, jedoch ist klar dass ich hier wieder in die Wat-Ausrüstung wechseln werden muss. Zumindest weiß ich, dass dies die letzte Wasserquerung der Reise ist. Das Wasser ist glasklar und die Strömung sieht harmlos aus. Erst als ich im Wasser drin bin merke ich meinen Fehler: Wenn ein mehrerer Kilometer langer See abfließt, dann hat der Strömung, egal ob man sieht wie das Wasser gegen Steine knallt, oder nicht. Und wenn das Wasser so glasklar ist, dann lässt sich die Tiefe extrem schlecht schätzen. Eh ich mich versehe steht das Wasser bis zur Unterhose, und der Wasserdruck bedeutet höchste Konzentration.
Trotzdem gelingt es mir dann den Abfluss schnell zu überqueren. Absolut verrückt, da wagt man sich den Urlaub über durch wilde Gebirgsbäche und Gletscherabflüsse, aber der seichte langsame Fluss am Ende stellt sich dann doch als schwierig heraus.
Die doch nicht so harmlose Furtstelle des Ávtsusjjåhkå
Die Sami-Siedlung ist wie ausgestorben, ich vermute die meisten Bewohner_innen sind schon abgereist.
Nach der Siedlung steige ich den Hügel auf zum Pass am Tjeburisvárásj. Ich folge nun aber einem gut ausgeschilderten und ziemlich ausgetretenen Weg, da einige Tagesausflügler_innen von Saltoluokta wohl die Sami-Siedlung ansteuern und so eine Weg-Pflege durchgeführt wird. Zudem laufe ich das erste Mal seit 13 Tagen, seit den ersten paar Anfangskilometern auf dem Padjelantaleden, wieder auf Holzbohlen, die hier verlegt worden sind.
Bohlenwege!
Blick zurück zur heutigen Übernachtungsstelle, nahe des rechten Flusses.
Blick bergauf zum Tjeburisvárásj
Am Pass am Tjeburisvárásj angekommen, freier Blick nach Norden
Der Lulep Gierkav zum Greifen nahe. Diese Chance kann ich mir nicht entgehen lassen.
Am Tjeburisvárásj angekommen gehe ich nicht den Abstieg nach Osten, der mich direkt zur Saltoluokta-Hütte bringen würde. Stattdessen halte ich die Höhe und gehe nach Westen. Dort findet sich der Einstieg um auf den Lulep Gierkav zu klettern, den ich gestern schon vom Sluggá aus bewundern durfte. Dies passt auch zeitlich wunderbar, denn es ist erst 12 Uhr Mittags und bis Saltoluokta wären es nur noch fünf Kilometer.
Am Fuße des Berges lade ich das Meiste aus meinem Rucksack aus und verstecke den Inhalt wasserdicht mit der Zeltplane hinter einem Stein. Mit leichtem Gepäck mache ich mich nun an den Anstieg. Dieser ist stellenweise ganz schön steil, dafür ist der Weg immer gut erkennbar.
Blick auf die weiter unten verlaufenden Bohlenwege. Im Bildhintergrund verläuft der Kungsleden kurz vor der Hügelkette von links nach rechts.
Blick gen Osten, samt Reisegruppe
Ich bin der Zivilisation nun wieder deutlich näher gekommen
Blick auf die gestrige Übernachtung, nahe des rechten Flusses/Wasserfalls
Ab der Hälfte flacht der Berg zu einem Plateau ab, man läuft also ganz schön viel horizontale Wegstrecke, dafür dass man eigentlich nur 350 Höhenmeter erklettern muss. Nach dem altbewährten Aufstieg stehe ich am Gipfel. Ganz anders als der kleine Sluggá hat der Gierkav oben ein großes Plateau. Das bedeutet man muss an das südliche Plateauende laufen, um einen schönen Blick runter nach Süden zu erhalten, ans westliche Plateauende für den Blick nach Westen und so weiter.
Gipfel”kreuz”… Was haben die Schweden und Schwedinnen nur mit diesem martialischen Dekor?
Der Pietsaure mit Slugga, dahinter die ganzen Bergketten des Sarek.
Blick gen Osten auf den Akkajaure
Akkajaure
Am Seeufer liegt bereits das heutige Tagesziel sichtbar, die Fjällstation in Saltaluokta
Deswegen hat das Telefonat wohl funktioniert. Funkantenne gegenüber
Blick gen Westen auf den Suorva-Staudamm, den man gestern auch vom Sluggá sehen konnte.
Trotzdem sauge ich jeden Moment und jeden Blick auf die Umgebung förmlich auf. Ein letztes Mal sehe ich die ganzen Gipfel im Sarek, welche mich die letzten zwei Wochen dauernd begleitet haben. Oben schalte ich zudem das erste Mal mein Handy ein, weil man hier wieder Empfang erhält. Nach einem kurzen Telefonat mit meiner Mutter, die sehr erleichtert ist von mir zu hören, mache ich mich wieder auf den Weg runter. Man hätte auch oben bleiben können, leider ist mein Wasser fast alle und auch mein Mittagessen liegt irgendwo weiter unten hinter einem Stein versteckt.
Tjeburisvárásj unten im Tal, dort geht der Abstieg nach Saltoluokta weiter.
Tjeburisvárásj
Da war ich gestern oben: Sluggá
Blick auf die knifflige Furtstelle heute am Ávtsusjjåhkå
Und dem dahinterliegenden Abfluss-Delta
*kicher*
Steiler Abstieg
Den Rucksackinhalt sammele ich nach dem Abstieg wieder ein und mach mich auf in Richtung Saltoluokta. Ich hätte zwar lieber hier noch mein Mittagessen zubereitet, aber mit fehlendem Wasser wird das Kochen nicht funktionieren.
Nur noch fünf Kilometer bis zum Tourenende. Die ersten davon geht es noch im Kahlfjäll dahin. Ich genieße den Weitblick auf den Akkajaure und die entfernten Berggipfel.
Blick zurück zum Lulep Gierkav, hier sieht man wie breit oben das Gipfelplateau ist.
Die letzten Minuten im Kahlfjäll
Lulep Gierkav
Nicht mehr weit
Anschließend geht es wieder hinab unter die Baumgrenze. Ehe ich mich versehe steh ich im Birkenwald. Das letzte Mal habe ich Bäume an Tag 6 gesehen, als wir im Rapadalen durch den Wald liefen. Ich bleib dabei, Kahlfjäll ist schöner, aber für ein paar Kilometer finde ich nun die dichte Bewaldung eine gelungene Abwechslung, besonders weil der Wald vor lauter Herbstfarben förmlich explodiert.
Nun geht es ab in den Wald.
Dennoch zieht sich das Waldstück noch ganz schön. Ich nehme irgendwo einen falschen Abzweig und laufe auf einem kleineren Trampelpfad weiter ins Tal. Hier passiert mir auch ein selten dämliches Malheur. Ich rutsche/stolpere bei einem klatschnassen Stein und schaffe es mit einem halben Rückwärts-Purzelbaum zum Liegen zu kommen. Richtig wehgetan habe ich mir dabei nicht, ich lache eher über die Dämlichkeit, zwei Kilometer vor Tourenende mich noch einmal langgelegt zu haben. Schön Schlammverschmiert bin ich dadurch auch, dabei war die Hose dank dem Einsatz von Gamaschen bisher durch den ganzen Urlaub gekommen ohne groß verschmutzt zu sein. Hilft aber alles nichts, weiter gehts.
Ankunft am Kungsleden
Der Weg verbindet sich nun für den letzten Kilometer mit dem Kungsleden. Plötzlich bin ich auf einer Wander-Autobahn par excellence. Der Weg ist ca. vier Meter breit und ausgewaschen bis auf das Grundgestein. Laufen ist hier mit ganz schön viel Konzentration verbunden. Da lobe ich mir doch das weglose Gehen der letzten Tage, gefühlt ging dies besser.
Die hier ansässige Wanderautobahn des Kungsleden
Bevor ich ganz beim Hüttenkomplex ankomme, finde ich eine schöne Zeltstelle, welche ich in Beschlag nehme. Ganz an der Hütte will ich nicht zelten, da muss man erstens für zahlen und zweitens genieße ich noch das letzte bisschen Abgeschiedenheit für eine Nacht. Meine Zeltstelle heuer ist auch unweit der Stelle wo ich letztes Jahr meine letzte Nacht im Fjäll verbracht habe, ein schönes bisschen Kontinuität.
Da ich nun Wasser habe gibt es um 16 Uhr nach dem Zeltaufbau „Mittag“-Essen. Ich bin froh dieses Jahr nicht gar so verhungert wie letztes Jahr in Saltoluokta angekommen zu sein. Dennoch haben meine Lebensmittelplanungen für die Reise ziemlich gut gepasst. In meinem Rucksack befinden sich noch einige Teebeutel (wegen Tee-Rationierung in der ersten Woche), 2 Packungen Nüsse á 150gr., 2 Müsliriegel und ein unangetastetes Glas Erdnussbutter. Letzteres hätte man sich aus Gewichtsgründen auf alle Fälle sparen können, das war aber mein Notnagel sollte der Hunger während der Reise über mich hinwegfegen, dann habe ich halt 400gr umsonst geschleppt.
Beim Mittagessen und im Laufe des Abends werde ich übrigens von 3 Mücken besucht. Ja, ich habe mitgezählt, ganze drei Stück waren es. Die ersten 2 wurden erschlagen, die Letzte entgeht dem Schicksal, als ich beschließe ins Zelt zu krabbeln. Das bringt den Overall-Mücken-Counter auf 4 Stück, wovon 3 diese Begegnung mit dem Leben bezahlt haben. Ich verstehe wirklich nicht was dieses Jahr in Lappland los ist. Wenn ich da an die letzte Nacht 2017 in Norwegen, vor meinem Grenzübertritt nach Finnland denke, wo ich mich mit einem Kopfsprung ins Zelt gerettet habe und trotzdem die nächsten 20 Minuten mit Mücken töten beschäftigt war. Auch auf dem Padjelantaleden letztes Jahr war es teilweise richtig mückig. So habe ich jetzt zwar mein Mückenspray und mein Mückennetz umsonst mitgeschleppt, so rum ist es mir aber deutlich lieber 😉
Nach dem Essen laufe ich nun zur Fjällstation. Hier dann gleich der absolute Zivilisationsschock, überall Menschen, es scheint wohl auch gerade eine Fähre angekommen zu sein. Im Gegensatz zu all den fitten, sauberen Menschen hier fühle ich mich ganz schön dreckig und ausgelaugt, dafür aber auch immens glücklich.
Zivilisationsschock an der Fjällstation Saltoluokta, offizielles Ende meiner Wanderung
Hier stehen mehrere Unterbringungshäuser, Werkzeugschuppen, Klos, Sauna, Küche. Die volle Ladung Zivilisation nach meiner Zeit im Sarek.
Im Shop reizt mich gar nichts, so buche ich nur für Morgen mein Frühstück. Dies lässt mir jetzt schon das Wasser im Mund zusammenlaufen und da der Porridge verbraucht ist freue ich mich über ein reichhaltiges Buffet morgen als Abschluss.
So laufe ich relativ bald wieder zum Zelt zurück. Heute bin ich einfach glücklich angekommen zu sein. Die Wanderung hat wunderbar geklappt, ich habe meinen Zeitplan eingehalten. Größere Verletzungen habe ich nicht und außer der Kamera hat sich die Ausrüstung auch gut geschlagen. Tatsächlich freue ich mich nun auf die Rückkehr nach Berlin, es scheint genau die richtige Zeitspanne gewesen zu sein. Ich habe nicht das Bedürfnis noch zwei Wochen dranzuhängen und bin zeitgleich dankbar für die wunderschönen Ausblicke die ich genießen durfte. Ich habe also genau das geschafft, was ich mir vorgenommen habe. Zudem habe ich anders als letztes Jahr nicht das Gefühl „jetzt geht eine sehr lange Reise zu Ende und es erwartet mich eine ungewisse Zukunft“, sondern es war halt ein perfekter Urlaub, der Enden musste.
So lasse ich den Abend sehr entspannt im Zelt ausklingen, schaue Serien und relaxe mit einem guten Buch. Auch ein Telefonat mit Markus ist drin, so haben wir die Gelegenheit uns gegenseitig zu erzählen, wie es uns im weiteren Verlauf ergangen ist.
Nach 184 Kilometern in 13 Tagen (inkl. einem Ruhetag) schlafe ich nun ganz entspannt ein und genieße die letzte Nacht im Zelt.