[Tag 17] Karakul – Tadschikische Grenze

24. Juli 2019:

Mit dem Fahrrad 48 Kilometer und 580 Höhenmeter vom Karakul-See bis kurz vor die tadschikische Grenze, sowie 5,5km und 450 Höhenmeter wandern.

 

[Ein Klick auf das Bild vergrößert die Route!]

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Guten Morgen Pik Lenin

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Erneut wache ich um Viertel nach 6 automatisch auf. In der Nacht war es noch bitterkalt gewesen, ein wolkenloser Himmel, verbunden mit dem Wind und der Höhe ließ mich immer tiefer in den Schlafsack krabbeln. Wenigstens führt der noch vorhandene Wind dazu, dass ich auch beim Frühstück mich nicht um die Rückkehr der Mücken sorgen musste. Müsli schmeckt bei dem Ausblick auch gleich viel besser. Anschließend packe ich alles zusammen und mache mich erneut auf den Weg.

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Mobilfunk + Stromversorgung für den Ort.

Da ich eh durch den Ort Karakul durch muss, lade ich hier noch meinen Müll ab, so muss ich bspw. die Glasflasche und die Konserve vom gestrigen Abendessen nicht mitführen. Der Start der Tagesetappe empfing mich mit feinstem Asphalt, flacher Straße und Fernblicken zum Pik Lenin und über den ganzen See.

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Immer geradeaus
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Blick zurück

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Der nächste kleiner Pass liegt rechts hinter der Biegung.
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Blick nach China
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Wo die Berge wunderbar verschneit aussehen.

Schon bald komme ich an einem kirgisischen Friedhof vorbei, der gerade von einer größeren Reisegruppe französischer Tourist*innen angeschaut wird. Ich hingegen nutze die Zeit um mit den Guides am Auto zu sprechen.

 

Blicke auf den Karakul See! [Ein Klick auf obige Bilder vergrößert sie! (Besonders die Panoramen)]

Etwa 10 Kilometer weiter überholte mich die Reisegruppe wieder, nur um an einem Ausblick an einer Steigung wieder anzuhalten und die Fotogelegenheit über den Karakul-See wahrzunehmen. So konnte ich wieder zu ihnen aufschließen. Das führte zu einer surrealen Szene, denn als ich fast auf ihrer Höhe ankam waren plötzlich die Blicke und Kameras der 15 Tourist_innen auf mich gerichtet. Es fehlte nur noch der rote Teppich, denn mit Jubel und Geklatsche wurde ich empfangen. Nur gut dass ich die Röte im Gesicht auch als Sonnenbrand verkaufen konnte 😉 So war ich umringt von Leuten, die Daten von meinem Rad wissen wollten, sowie den Verlauf meiner Tour. Wenigstens konnte ich in Erfahrung bringen, dass sie vor 3 Wochen in Taschkent gestartet waren und ebenfalls aus Osh in Kirgistan zurückfliegen würden. Das Gespräch mit der Menge war eine gelungene Abwechslung (auch wenn ich gerne ihre ganzen Foto-Aufnahmen von mir hätte, wie ich mich da den Hügel hochkämpfe), schließlich springen sie jedoch in die Vans und waren nicht mehr gesehen.

Es ging anschließend den Weg zum Uy-Buloq-Pass hinauf, der trotz seiner Neigung auf gutem Asphalt zu bewältigen war. Stellenweise bin ich gelaufen, einfach um den Beinen eine Abwechslung zu geben. Um kurz vor 11 hatte ich dann auch den Pass überquert.

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Uy-Buloq-Pass
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Blick zurück. Am rechten Bildrand am See liegt der Ort Karakul

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Die letzten Meter bis zum Pass
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GESCHAFFT!

Und was macht man, wenn man 600 Höhenmeter am Vormittag mit dem Fahrrad hinter sich gebracht hat? Genau, man versteckt das Fahrrad abseits der Straße in einem Graben und entschließt sich den nächsten Berg zu Fuss zu besteigen. Dieser hier war in meiner Karte wieder als “Viewpoint” gekennzeichnet und ich erhoffte mir Blicke auf den ganzen See.

Schnell meine Kameraausrüstung, Essen und Trinken in einen kleinen Rucksack und dann ging es auf Wanderschaft. Ich hatte davor in der Karte und auf dem GPS die für mich sinnigste Route zum Gipfel mir ausgesucht, dort wo der Weg so flach war wie möglich. So blieb es ein knackiger Anstieg, aber weniger steil als damals am Kargush-Pass, dafür ein bisschen länger in der Gesamtwegstrecke.

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Na, sieht ihn wer?

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Blick zurück zur Straße im Tal.

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Immer bergauf!

Auf dem Weg hoch verärgere ich wieder einen Haufen Murmeltiere, die sich über meinen Besuch keineswegs freuen. Dafür sehe ich erstmalig einen Hasen durchs Gelände rennen, zudem viele Vögel. Nach längerem klettern kam ich an einem Grat an, der zwar einen Blick auf den See bot, jedoch noch keine 360°. Aus diesem Grund bin ich dann doch noch die letzten 80 Höhenmeter zum Gipfel geklettert. So betrug meine Wanderung etwa 480-500 Höhenmeter in 1,5 Stunden.

Am Grat:

 

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Und die Ankunft am Gipfel:

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Gipfelkreuz?

 

Blicke auf den See Karakul + 360° Ausblick [Ein Klick auf obige Bilder vergrößert sie! (Besonders die Panoramen)]

Der Blick dort oben war atemberaubend. Man sieht entlang des Sicherheitszauns nach China rüber, zudem wieder der Ausblick auf Pik Lenin und seine Nachbargipfel. Und der Karakul-See leuchtet in seinem intensiven Blau mit den schneeweißen Gipfeln um die Wette.

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Blick gen China

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Noch einen extra Höhenmeter drauflegen.
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Karakul

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Hier bereits zu sehen: Die brettebene Straße, die mir nachher mit starkem Gegenwind zu Leibe rücken wird.

DSC00412Ich drehe mich immer wieder im Kreis und genieße den Rundumblick. Jedoch blies da oben ein heftiger Wind, stellenweise muss ich mich in die Böen lehnen um nicht vom Gipfel geweht zu werden, so mache ich mich nach etwa 20 Minuten und zahlreichen Fotos an den Abstieg.

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Blick von oben zur Straße

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Murmeltier-Bau

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Bergab
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zurück zum Fahrrad.

Den Abstieg gehe ich heute noch vorsichtiger an als damals am Kargush-Pass. Wenn ich mir hier oben das Bein breche, dann weiß kein Mensch, wo ich hin bin, mein Rad ist auch gut versteckt und wird vermutlich nicht so schnell gefunden. Der Berg erscheint nicht so als ob sich da regelmäßig Besucher*innen drauf verirren und der Gedanke daran, mit Verletzung bergab kriechen zu müssen, ist nicht wirklich verlockend. So hoffe ich zudem keine Blasen am Fuß zu kriegen.

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Fast unten
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Dort wartet mein Rad auf mich, nicht einsehbar von der Straße.

Nach der Rückkehr zum Fahrrad merke ich, dass der Wind nicht nur am Gipfel wehte, dieser ist auch hier in den niedrigeren Höhenlagen angekommen und weht ziemlich heftig, vor allem da ich heute Vormittag bei Windstille unterwegs war. Nach einem Mittagessen mit (Überraschung!) Ramen Nudeln und den letzten paar Pflaumen, schwinge ich mich wieder aufs Rad.

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Abfahrt vom Uy-Buloq-Pass

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Und von da an wurde es ziemlich frustrierend. Die 300 Höhenmeter Abfahrt vom Uy-Buloq-Pass konnte ich nicht wirklich genießen, der Wind zerrte an mir und ich musste ganz schön in die Pedale treten um überhaupt voran zu kommen. Dann kam ich bald an die Stelle, die bereits in meine Navigationsapp iOverlander eingezeichnet war:

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Plötzlich ist die Straße weg

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Hier ist die Straße weggebrochen und stattdessen fließt nun ein Fluss quer zum Weg. Laut Erfahrungsberichten schrumpft dieser in den Morgenstunden zu einem kleinen Rinnsal, doch am Nachmittag, und auf einem leichten Fahrrad statt in einem dicken Jeep, sah der Fluss ziemlich Ehrfurchtgebietend aus. Es war nicht so sehr die Wassertiefe, als die immense Fließgeschwindigkeit. Ich bin also von der Straße abgebogen und habe geschaut, ob ich ein wenig tiefer eine geeignete Stelle finde zum Queren, da sich dort der Fluss in mehrere Arme auffächert. Leider waren diese auch alle zu tief, so musste ich schließlich doch die Hose ausziehen, Schuhe wechseln und mein Zeug einzeln herübertragen. Es war zwar nur Knietief an Stellen, aber durch den Wasserdruck wurde es trotzdem recht abenteuerlich, zudem fühlte ich mich nicht wirklich gut ausbalanciert mit einem schweren Rad unterm Arm.

Durchschieben konnte man das Rad auch nicht, durch die Ortliebtaschen und die breiten Reifen kriegt so ein Fahrrad ganz schön viel Auftrieb, und bevor ich mich mit einer Boje in Fahrradform rumärgern muss trage ich lieber alles gleich.

Auf der anderen Seite begegnet mir ein italienisches Pärchen, welches per Rad in die Gegenrichtung unterwegs ist. Auch sie müssen abladen und tragen, queren allerdings dort wo die Straße sein sollte. Vermutlich hätte ich auch dahin zurückkehren sollen um dort die Wasserfurt anzugehen. Spannenderweise sind dies die ersten Radtourist*innen, die mir seit den beiden deutschen Mountainbikern an der Wakhan-Abzweigung begegnet sind. Und das ist nun bereits 5.5 Tage her.

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Sie dürfen auch tragen.

Anschließend ging es noch ein wenig bergab, bevor die Straße sich wieder begradigte und ich im Flachen gegen den Wind kämpfte. Damals auf meiner Tour zum Nordkapp hatte ich einen Tag mit 70km/h Wind und 90km/h Böen. Ich fahre heute noch langsamer als damals, ich würde also schätzen dass der Wind mit noch mehr Kraft gegen mich arbeitet. Hinzu kommt wieder klebriger Teer auf der Fahrbahn, alles versucht mich also an der Weiterfahrt zu behindern.

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Nicht abgebildet: Der Gegenwind!

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Gegen den Wind eine ganz schöne Tortur!

Irgendwann kommt mir noch ein Radfahrer entgegen. Chan ist in Südkorea (!!!) gestartet und radelt bis Portugal. Ost nach West über den gesamten Kontinent. Wir unterhalten uns ein paar Minuten, ich klage mein Leid über den Gegenwind, er kann nur lachen, schließlich hat er dadurch eine natürliche Unterstützung und kommt gut voran. Ich schenke ihm noch meine tadschikische SIM-Karte, da diese in Kirgisistan eh nicht mehr funktioniert und diese noch für eine Woche Nutzung freigegeben ist. Netterweise kriege ich dafür ein Twix und ein Snickers zurück, das ist genau die Energie die ich jetzt brauche. Ich gebe ihm noch meine Adresse in Berlin mit, vielleicht gibt es ja ein Wiedersehen in einigen Monaten!

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Gute Reise Chan!

Mit 9 km/h und vollster Anstrengung geht es weiter, bald führt der Weg auch Bergauf in Richtung Grenzpass. Inzwischen bin ich bei 5km/h im zweiten Gang angekommen und plage mich weiter. Inzwischen ist auch der Asphalt verschwunden und auf staubiger Piste kämpfe ich mich über wellblechartige Buckel.

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Der Ausblick nach China bleibt aber phänomenal
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Auch wenn die Piste mies wird.
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Soviel zum “Sicherheitszaun” nach China…

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Immer bergauf.

Der ursprüngliche Plan sah vor, heute noch die tadschikische Grenze oben am Pass zu passieren. Der kirgisische Grenzposten liegt jedoch nicht gleich dahinter, sondern es warten 20 Kilometer Niemandsland inklusive einer Abfahrt auf mich. Gerne würde ich im Niemandsland die Nacht verbringen und morgen dann den Grenzübertritt nach Kirgistan hinter mich bringen. Doch dieser Plan verliert sich bei diesen Windgeschwindigkeiten in der Bedeutungslosigkeit. Bis zur Grenze sind es noch 12 Kilometer, bis zu den ersten geeigneten Zeltplätzen dann weitere 8 Kilometer und es ist bereits 17 Uhr. Zudem warten noch über 200 Höhenmeter auf meine müden Beine, bevor die tadschikische Grenze erreicht wäre. Also wird umgeplant. Bereits vor der Grenze komme ich an einem großen Schild vorbei, dass die entgegenkommenden Autos zur Provinz Murghab begrüßt, ziemlich verrückt, da es 3 Tage her ist, seit ich die Stadt Murghab verlassen habe.

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“Welcome to Murghab”
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Der weitere Weg: Schräg nach Links hoch zum Pass.
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Doch mir reicht es hier für heute.

Hier finde ich ein kleines Fleckchen Wiese und baue im tosenden Wind mein Zelt auf. Bloß nicht loslassen, sonst finde ich das Zelt wahrscheinlich erst am Karakul-See wieder…

Ich hoffe darauf, dass der Wind morgen früh wieder nachgelassen hat und ich so mit weniger Anstrengung zur Grenze komme, auch wenn da immer noch der Pass auf mich wartet.

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Abendstimmung am Zeltplatz

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Abends gibt es noch einen riesigen Topf Nudeln nach den Anstrengungen des Tages und ich brauche das Gemüse auf, das ich noch in Murghab gekauft habe. So schaffe ich es meine Taschen um zirka 700 Gramm zu erleichtern. Geizig bin ich heute nur beim Wasser, ich habe nur noch drei Liter übrig, muss es aber morgen bis Sary-Tash schaffen, was über 50 Kilometer entfernt ist.

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Abends fahren noch vereinzelt ein paar Autos auf der Straße in der Dunkelheit an mir vorbei. Tagsüber konnte ich nur 21 Gefährte zählen, das ist für 10 Stunden ja fast gar nichts.

Der Wind heute war unglaublich anstrengend, ich habe bis zu meiner Wanderung zur Mittagszeit bereits 600 Höhenmeter mit dem Rad absolviert, nur um dann 500 Höhenmeter zu Wandern und am Nachmittag noch mal 200 Höhenmeter gegen den Wind zu erkämpfen. Ich bin abends also wirklich fix und fertig und kann es kaum erwarten im Schlafsack zu liegen. Bereits um halb 9 krieche ich in diesen und schlafe gefühlte 2 Minuten später bereits tief und fest. Doch trotz meiner Beschwerden, mir gefiel die Strecke heute, ich war bei weitem nicht so negativ eingestellt wie bei meinen Schwierigkeiten entlang des Panj-Flusses zu Beginn der Reise.

 

[Tag 16] Ak-Baital – Karakul

23. Juli 2019:

Mit dem Fahrrad 67 Kilometer und 640 Höhenmeter über den Ak-Baital-Pass bis Karakul.

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Die Nacht schlafe ich wie ein Stein, werde erst durch den Wecker wach, die vergangenen Tage war ich immer schon davor wach. Dies zeigt mir wie anstrengend das Fahrradfahren in diesen Höhen ist, gestern hat einfach richtig Energie gekostet. Was bin ich froh dass ich wieder normale Esse, im kränklichen Zustand wie am Panj würde das hier wohl nicht funktionieren. Der Start in den Tag ist ein wenig langsam, auch weil ich mich noch ziemlich KO fühlte. Das Zelt auf 4300m einzupacken ist auch ein ganz schöner Kraftakt.

In der Nacht muss es nochmal deutlich kälter geworden sein, denn der Bachlauf neben mir ist stellenweise gefroren. Ich wünsche mir tatsächlich, dass es über Nacht geschneit hätte, das wäre sicherlich ein toller Anblick. So sind stattdessen die Murmeltiere dabei die ersten Sonnenstrahlen einzufangen und düsen mit wütendem Pfeifen ab in ihre Erdlöcher, sobald sie mich erblicken.

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Morgensonne

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Ich filtere am Bach noch ein wenig Wasser für heute, was bei den Temperaturen für ganz schön kalte Pfoten sorgt. Schließlich bin ich aber abmarschbereit und ich schiebe das Rad wieder zurück zur Straße.

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Zurück auf der Straße
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Los geht’s gen Ak-Baital-Pass

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Bereits nach zwei Kilometern Fahrstrecke kommt das Schild, welches eigentlich oben am Pass stehen müsste. Keine Ahnung wieso dies stattdessen VOR dem Pass errichtet wurde. So mache ich ein paar Fotos, wohlwissend dass der anstrengende Teil jetzt noch auf mich wartet.

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Man muss sich ja beschäftigt halten in der dünnen Luft 🙂

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Ob Olga und Ede mit Absicht einen Sticker in feinstem AfD-Blau erstellt haben? Der Sticker fällt mir seit Tagen entlang des Weges auf, vorallem wegen der penetrant-unangenehmen Farbauswahl.

Neben dem Pass-Schild ist noch das kleine Haus der hier ansässigen Straßenmeisterei, ein ärmlicher Verschlag. Aber die Familie steht davor und spielt gerade Fußball, Wahnsinn dass sie ihr Leben auf über 4000 Metern verbringen.

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Straßenmeisterei (links) und erster Blick auf den Weg hoch zum Pass (rechter Bildrand)
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Rechts der Bildmitte liegt der Pass, da muss ich nun nur noch rauf.
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Steil…

Nun kommt der weitere Weg hoch zum Pass in den Blick. Man sah dass es steil hinauf geht, jedoch nicht unmachbar steil. Ich schalte in den zweiten Gang und kurbele mich stur in die Höhe. Mit guter Musik im Ohr komme ich in einen Art Rausch. Es ist zwar unglaublich anstrengend, aber jeder Tritt bringt mich dem Gipfel näher. Zudem freue ich mich, dass es klappt und ich nicht den ganzen Weg schieben muss.

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Blick zurück auf das bisher Geschaffte.

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Fast oben.

Zum Ende hin kommt noch eine besonders steile Kurve, somit schalte ich erstmalig auf dieser Tour in den ersten Gang. Diesen habe ich mir aus psychologischen Gründen für den Ak-Baital-Pass aufbehalten. Irgendwie war es in den vergangenen Tagen immer beruhigend zu wissen, dass man es auch im zweiten Gang schafft, ich also noch eine Reserve nach unten habe.

Und jetzt, wo ich den Gang nutze? Da merke ich, dass der so niedrig übersetzt ist, dass ich es fast nicht schaffe schnell genug zu treten um nicht umzufallen. Schnell also wieder in den zweiten Gang geschaltet. Nun, das hätte ich ja dann doch mal früher ausprobieren können. 😉

Ich entschuldige mich für das Gequietsche in der dünnen Luft 😉 Die Freude ist allerdings echt!

Knapp zwei Stunden nach meinem Aufbruch am Zeltplatz stehe ich dann endgültig oben am Ak-Baital-Pass. 4655m. Viertausendsechshundertfünfundfünfzig Meter. Mit einem Fahrrad. Mit einem arschschwer beladenen Fahrrad.

In diesem Sinne [ab 0:48]:

Nur um das mal in Verhältnis zu setzen: Das sind 150 Höhenmeter weniger als der Mont Blanc. Und ich bin hier mit dem Rad hoch, auf den höchsten Pass der ehemaligen Sowjetunion. Versehen mit einigen Jubelschreien genieße ich es oben angekommen zu sein. Von der Aussicht her ist der Pass jetzt nicht sonderlich beeindruckend, wie gestern schon geschrieben ist er in den Fels eingeschnitten, es fehlt somit der 360° Panoramablick. Aber die Freude, es auf den höchsten Punkt dieser Radreise geschafft zu haben, macht alles wett. Und auch wenn ich bereits im Wakhan auf 4700m gewandert bin, höher als auf dem Ak-Baital-Pass geht es mit dem Fahrrad auf dieser Reise nicht, vom Rückflug mal abgesehen.

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Oben! (Und man beachte die Schrägstellung des Fahrrads)
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Blick voraus!
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Erleichterung pur!

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Fotobeweis der Höhe! Zudem eine beachtliche Durchschnittsgeschwindigkeit, 3.8km/h 😉

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Blick zurück

Als ich gerade ein paar Fotos vom Fahrrad mache, sehe ich durch den Sucher, wie mein Fahrrad sich in Slow-Motion zur Seite legt und mit einem lauten Knall der Fahrradständer erneut abbricht. Angsterfüllt renne ich zum Fahrrad. Bitte, bitte, bitte lass jetzt dadurch nicht hier oben der Rahmen gebrochen sein. Karakul liegt 50 Kilometer vor mir, und ob dort jemand schweißen kann ist ungewiss. Und 80 Kilometer zurück nach Murghab… bitte nicht!

Doch ich habe Glück im Unglück, wieder hat es nur die Schrauben zerbrochen, der Rahmen ist zwar leicht verdreht aber hält noch. Ich beschließe nun, den Fahrradständer auf der Tour nicht mehr zu befestigen. Da fixiere ich lieber das Fahrrad mit Steine. Das dauert zwar ewig und ist nervig wenn man das Fahrrad so gerne fotografiert wie ich. Aber besser als hier oben mit einem kaputten Fahrrad zu stranden.

Blick voraus auf die weitere Route [Ein Klick auf obige Bilder vergrößert sie! (Besonders das Panorama)]

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Oben gibts zur Belohnung das letzte Gummibärchen aus Deutschland. Geöffnet habe ich die Packung kurz hinter Kulob am ersten Tag, als Bergauf zum Pass nichts mehr ging.
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Nun wartet die Bergabpassage auf mich!

Mir begegnen noch einige Motorräder auf dem Pass, diese brausen aber einfach weiter ohne anzuhalten. So ist das wohl, wenn man sich den Pass nicht mühsam erkämpfen muss, da kann man auch weiterdüsen. Ich hingegen besinne mich darauf, dass ich in Kulob auf 600m Höhe gestartet bin. Auch wenn es zwei Mal Auto-Unterstützung brauchte, ich habe es jetzt 4000 Höhenmeter nach oben geschafft. Ein unglaublicher Gedanke.

Gespannt blicke ich auf den weiteren Weg. An sich geht es nun 50 Kilometer bergab und könnte ein entspannter Ritt bis zum heutigen Übernachtungsplatz sein. Leider hat der Asphalt fünf Kilometer vor dem Gipfel aufgehört und kommt so schnell auch nicht wieder. So mache ich mich auf sehr buckligen Schotterwegen an die Abfahrt.

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Bergab, erneut kommt der chinesische Grenzzaun in den Blick.

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Schotter, hier noch in Fahrbar.
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Das Schild aus der Gegenrichtung

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Mehr als 20 Kilometer pro Stunde schaffe ich nicht, vielfach liege ich sogar drunter. Weiter unten erwartet mich dann klassische Waschbrett-Piste. Diese verschlimmert sich, wenn Autos dann immer in die Kuhle geschleudert werden, wodurch das Waschbrett sich nur noch verstärkt. Autos, LKWs und Motorräder haben allerdings den Vorteil einer guten Federung. Zudem gibt es bei Waschbrett-Belägen einen “sweet spot” beim Fahrtempo. Der liegt bei ca. 60-80km/h, da fährt der Reifen dann nur noch auf den Kuppen und sinkt nicht in die Kuhlen ein. Die Autos gleiten dann über die Piste hinweg.

Und ich? Nun, 60km/h zu fahren ist leider keine Option. Eine Federung habe ich leider auch nicht. Und so bleibt mir nichts anderes übrig als auf diesem unfassbar holprigen Weg mich hin und her schütteln zu lassen. Immer wenn man mal eine Spur entdeckt, auf der man einigermaßen fahren kann, kommen nach 5 Metern die Buckel wieder. 20 Kilometer geht das so. Bergab, bergauf, teilweise flach. Doch schneller als 12km/h werde ich nie, teilweise fahre ich einstellige Geschwindigkeiten.

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Miesester Belag
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Und es hört nicht auf!

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Eine weitere Karawanserei, diesmal hatte ich aber keine Lust abzusteigen und sie zu besichtigen.

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Der Schotter verschwindet…

… und endlich geht es auf Asphalt weiter! [Ein Klick auf obige Bilder vergrößert sie! (Besonders das Panorama)]

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Nach 27 Kilometern wird der Schotter endlich wieder durch Asphalt ersetzt und ich könnte heulen vor Freude. Selbst katastrophal schlechter Asphalt macht so viel mehr Spaß als die Widrigkeiten auf dem Schotter. Anschließend gibt es noch einen kleinen Pass mit etwa 100 Meter Höhenunterschied. Doch nach dem Ak-Baital-Pass heute früh erscheint mir dies nur als minimale Herausforderung.

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Der kleine Pass (Bildmitte)

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Artenvielfalt auch in dieser kargen Landschaft

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Wie gestern fahre ich weiter am chinesischen Sicherheitszaun entlang. Mehr und mehr bekomme ich das Gefühl, dieser sei ein kompletter Witz. An mehreren Stellen sind Zaunpfosten abgebrochen, oder der Stacheldraht hängt nur noch in Fetzen. Zudem gibt es an einigen Stellen Durchgangstore, diese stehen auch schon mal sperrangelweit offen. Ich hätte ja vermutet, dass die Grenzbefestigungen zu einem stark bewachten Land technologisch weit fortschrittlicher sind.

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Grenzzaun

Ich hatte inzwischen meine 40 Kilometer bereits voll und suchte einen Pausenplatz fürs Mittagessen, leider kam da nichts Schönes. Überall nur Sand und Stein, kein Grashalm in Sicht. Ich hoffe irgendwo ein Tarp über mich und mein Fahrrad spannen zu können, damit ich beim Mittagessen mir keinen Sonnenbrand wie gestern einhole.

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Man kann den Karakul-See schon erahnen
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Und plötzlich sieht man ihn.
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Die hohen Berge im obigen Bild liegen schon (fast) in China

Schließlich kommt der Karakul-See in den Blick. Der See hat ein durchdringendes Blau, wie ich es noch nie gesehen habe. Erinnert ein wenig an den handelsüblichen blauen Edding. Völlig ergriffen stehe ich am Straßenrand und staune über diesen Blick. Die Landschaft der vergangenen Tage, seit ich die Pamir-Hochebene betreten habe, war ein Mix aus mehrheitlich Grau und Sandfarben. Dieser blaue See reißt ein Loch in meine Farbwahrnehmung, fast als hätte man ein einzelnes Objekt in einem monochromen Bild eingefärbt.

Karakul-See [Ein Klick auf obige Bilder vergrößert sie! (Besonders das Panorama)]

Der Karakul See (= „Schwarzer See“ in Turksprache) liegt auf 3914m, 380 Quadratkilometer groß und ohne Abfluss. Zufluss kriegt er von den umliegendenen Gletschern, er ist salzhaltig. Er ist das größte Gewässer Tadschikistans und füllt eine Senke mit über 50 Kilometer durchmesser, das Überbleibsel eines Meteoriteneinschlags vor 5 Millionen Jahren. Zudem liegt er auf einer Eislinse, die noch aus der letzten Eiszeit liegt, erreicht im Sommer aber immerhin kuschelige 12° C. Er liegt höher als der Titicacasee und gilt somit als der höchstgelegene See der Welt. Irgendwann wurde hier oben sogar ein kleiner Pier errichtet, es ist somit auch der höchste „segelbare“ See der Welt, was bei der „Roof of the World Regatta“ (https://caravanistan.com/trip-reports/roof-world-regatta/ ) unter Beweis gestellt wurde.

Ich beschließe, dass da nichts passendes heute kommen wird und mache an Ort und Stelle mein Mittagessen, leider ohne den gewünschten Schatten. Weil es so heiß ist futtere ich schnell meine Ramen Nudeln, mein Obst und springe dann nach nur einer halben Stunde wieder aufs Fahrrad, es war einfach zu unangenehm in der Sonne.

Bis zum See geht es nun bergab, leider mit stärker werdenden Gegenwind. Auch der Asphalt-Belag ist seltsam. Scheinbar wurde da eine neue Schicht Teer aufgetragen, denn als ich einen Fotostop einlege und 2 Minuten verweile, hat sich der klebrige Teer mit meinem Schuh verbunden. Ich muss richtig dran zerren bis ich meinen Fuß frei kriege und schnell fahre ich weiter. Natürlich bremst so eine klebrige Schicht mein Vorankommen massiv.

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Weiter geradeaus am See entlang
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Erster Blick auf die markante Bergkette (mehr dazu später.)
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Blick zurück.

Die verbleibenden 20 Kilometer bis Karakul ziehen sich in die Länge, ein Phänomen, dass ich auch schon die letzten Tage beobachtet habe. Bis zum Mittagessen geht es mir eigentlich immer ganz gut, am Nachmittag aber ist die Kraft weg und es geht langsamer und beschwerlicher voran. Nun, heute mache ich wenigstens dutzende Fotos vom See, der ist einfach besonders fotogen.

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Karakul

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Irgendwann komme ich im Dorf Karakul an. Dies ist ein wirkliches Nest, da stehen vielleicht 40 Gebäude rum. Ich frage mich zum örtlichen Magasin durch, dies ist zeitgleich ein Homestay, sie haben auch nur einen Wandschrank voll mit Proviant. Da ich noch mehr als genug Essen habe, wandern wieder einmal sechs Liter Wasser und ein Liter Cola in meinen Besitz. Anschließend stehe ich 5 Minuten vor dem Homestay um das alles zu verräumen. Dabei werde ich von einem Jagdgeschwader Mücken in Kompaniestärke angegriffen. Innerhalb weniger Sekunden bin ich eingehüllt in einen Mückenschwarm. Ich versuche es ruhig angehen zu lassen, doch beim Wasser-umfüllen brauche ich leider beide Hände und die Mücken kommen somit zu einem entspannten Festmahl. Schließlich reicht es mir, ich zerre aus den Taschen die lange Hose und all meine Schlauchschals, so kann ich mich soweit einpacken, dass nur noch meine Hände und ein Sehschlitz offen zugänglich sind für diese Mistviecher. Trotzdem sitzen sicherlich 50-100 Tiere auf mir und versuchen eine Lücke in meiner Klamottenverteidigung zu finden.

Der Besitzer des Homestays versucht mich zum Bleiben zu überreden, doch ich habe andere Pläne: Durchs Dorf fahre ich raus auf einen kleinen Feldweg, der schnurstracks zum Ufer des Karakul Sees führt. Direkt am Strand herrscht momentan windstille und so wühle ich mich schnellstmöglich durch eine meiner Gepäcktaschen, bis ich auch noch mein Mückennetz gefunden habe. So verkleidet mache ich mich daran, mein Zelt auf dem Kiesstrand zu errichten.

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Alles schnell ins Zelt geschmissen was benötigt wurde und schon klettere ich hinterher. Im Innenzelt angekommen darf ich noch mühselig 30 Mücken zerdrücken, dann habe ich aber meine Ruhe. Wobei, das stimmt nicht ganz… Hunderte Mücken knallen von außen gegen die Netzflächen des Zeltes und versuchen mit aller Macht zu ihrem Abendessen vorzudringen.

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Mücken…
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Blick gen China
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Karakul
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Blick gen China

Wie die letzten Tage bin ich mir auch heute sicher, dass gen Abend der Wind an Stärke zulegen wird, dann verkriechen sich die Mücken auch schnell. Bis es aber so weit ist, kriegt mich nichts aus diesem Zelt raus. Jedoch habe ich heute relativ früh mein Zelt aufgeschlagen und dies stand nun bei Windstille in der prallen Sonne. Als ich im Zelt ankam betrug die Innentemperatur bereits 31°C, nach ein paar Minuten kletterte diese schon auf 35°C. Somit nahm ich an, die nächsten zwei Stunden in dieser Sauna gefangen zu sein. Ich liege also ziemlich nackig im Zelt, wälze mich alle paar Minuten auf die andere Seite und habe außer einer einigermaßen kalten Cola keine Abkühlmöglichkeit.

Doch Glück im Unglück: Bereits nach einer Stunde setzt der Wind ein und prompt sind die Plagegeister wieder verschwunden. Doch andere Probleme locken mich schnell aus dem Zelt. Dieses steht nämlich falsch zum Wind, so darf ich wieder alle Heringe entfernen und das Zelt 90° drehen, damit es in den Wind lehnt. Doch damit nicht genug. Der Wind rast ungebremst über den See und peitscht dort Wellen auf, die immer näher ans Zelt heran rollen. Draußen kratze ich erst einen kleinen Verteidigungswall in den Sand, merke aber schnell, dass dies nicht ausreichen wird. So muss ich glatt noch mal mit dem Zelt umziehen, diesmal ein paar Meter zurück auf die Wiese. Dies war rückblickend auch eine goldrichtige Entscheidung, am nächsten Morgen ist mein Sand-Wall nicht mehr zu sehen, den haben die Wellen komplett fortgeschwemmt.

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Noch direkt am Strand

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Später lieber ein paar Meter weiter hinten.

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Auch wenn die Wellen inzwischen einen halben Meter hoch sind, ich gehe nun vor dem Abendessen doch noch mal zur Erfrischung im See schwimmen. Denn im Gegensatz zum enttäuschenden Sassikul See vor ein paar Tagen ist hier kein Zooplankton zu sehen. Aufgrund der Strömung bleibe ich in Ufernähe und statt wirklich zu schwimmen wird es eher ein hinknien. Trotzdem, ich fühle mich danach erfrischt, auch wenn es ein wenig seltsam war 300m vor den Toren der Stadt mich nackt in die Fluten zu schmeißen.

Anschließend genieße ich die Ruhe im Zelt. ich habe hier zum letzten Mal in Tadschikistan noch Mobilfunk-Empfang, so klappt auch ein kurzes Telefonat mit Mama, bevor es ans Abendessen geht. Heute gibt es rote Linsen, mit Tomatensoße und Konserven-Mais. Diese Dose hat leider keinen Schnellverschluss, doch auf Radreise weiß man sich ja zu helfen, so kriege ich die Dose mit dem Fahrradwerkzeug doch noch geöffnet.

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Das Kochen selber dauert ewig, da ich bei starkem Wind hinter dem Zelt kauere und versuche dort im Windschatten mein Essen zuzubereiten.

Am eindrücklichsten an diesem Zeltplatz ist der Panoramablick. Der See hat sich gen Abend schwarz gefärbt, aber um den Berg herum blicke ich auf hohe schneebedeckte Berge. Hinter mir die Berge, die bereits auf chinesischem Staatsgebiet liegen und vor mir auf die höchsten Berge Tadschikistans an der kirgisischen Grenze. So blickt man die Berge Kurumdy (6613m), Trapez (6048m) und auf den Pik Abuali ibn Sino, der wohl eher unter seinem vorherigen Namen Pik Lenin bekannt ist. Mit 7134m steht Pik Lenin direkt an der Grenze zwischen Kirigistan und Tadschikistan, wobei die Besteigungen zumeist von kirgisischer Seite aus stattfinden. Er hat ob seiner Höhe eine unglaubliche Präsenz und ich verbringe Stunden damit, auf diese Bergkette vor mir zu blicken, die später im Abendlicht beleuchtet wird.

Panorama über den Karakul See! [Ein Klick auf obige Bilder vergrößert sie! (Besonders das Panorama)]

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Hier noch mal der Blick auf die Bergkette von vorher.

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Und hier die dazugehörigen Berggipfel.

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Pik Lenin (links), Pik Trapez (rechts).

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Pik Lenin in Nahaufnahme

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Und hier dann im Abendlicht

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Im Osten soll sogar der Kongur sichtbar sein, mit 7719m der höchste Berg Zentralasiens, wo dieser aber genau liegt ist mir unklar, ich glaube nicht dass ich ihn erblicke.

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Blick gen China
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Blick auf das Pik Lenin Massiv

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Blick gen Süden, in den Pamir

Panorama über den Karakul See! [Ein Klick auf obige Bilder vergrößert sie! (Besonders das Panorama)]

Nachts kommt dann ein fantastischer Sternenhimmel zum Vorschein, der ganze Bogen der Milchstraße ist mit dem nackten Auge sichtbar, ebenso eine Myriaden Sterne. Je länger ich in den Himmel schaue, umso mehr funkeln und leuchten kann ich erblicken.

Den Abend verbringe ich in tiefer Dankbarkeit und Erleichterung. Ich habe meine Strecke in Tadschikistan fast hinter mich gebracht. Zudem muss ich an die zahlreichen Stunden zurückdenken, in denen ich mir monatelang Sorgen über den Ak-Baital-Pass gemacht habe. Und jetzt habe ich den erfolgreich bezwungen. Es hat sich gelohnt gestern nahe dem Pass zu zelten und somit heute weniger Höhenmeter absolvieren zu müssen. Und auch die abwechslungsreiche Landschaft wirkt nach. Waren die Berge am Ak-Baital-Pass noch ringsum schneebedeckt, war der weitere Verlauf von Geröll und Sand geprägt. Ich kann dies wirklich nur als Mondlandschaft beschreiben, auch wenn später noch rote und sandfarbene Berge hinzukamen. Und nun blicke ich abends wieder auf schneebedeckte Berge mit unglaublicher Höhe.

Mir sind heute 26 Autos und Motorräder begegnet, nach Murghab hat der motorisierte Verkehr deutlich abgenommen.

Morgen erwartet mich noch ein 250 Meter hoher Pass, doch das schockt mich nun natürlich nicht mehr. Am Pass selber habe ich auf der Karte einen Berg entdeckt, der begehbar aussieht. Von dort oben dürfte es einen fantastischen Blick über den ganzen Karakul-See geben, sofern ich also morgen die Energie habe, werde ich da auf alle Fälle noch mal hochklettern.

Und dann sind es noch einige Kilometer und ein weiterer Anstieg von 200 Metern bis zur tadschikischen Grenze. Diese liegt 50 Kilometer entfernt, mal schauen ob ich das morgen so weit schaffe. Da ich sehr gut im Zeitplan liege und eher ein paar Tage zu viel übrig habe muss ich nicht wirklich hetzen.

Glücklich und zufrieden liege ich heute um 22 Uhr im Schlafsack und schlafe auch ziemlich schnell ein.

[Tag 15] Murghab – kurz vor Ak-Baital

22. Juli 2019:

Mit dem Fahrrad 66 Kilometer und 1000 Höhenmeter von Murghab bis acht Kilometer vor den Ak-Baital-Pass.

[Ein Klick auf das Bild vergrößert die Route!]

Frühstück um 7 Uhr, dabei gab es wieder das alte vertrocknete Brot von gestern mit Marmelade. Doch heute habe ich mich endlich an den Milchreis getraut, um den ich gestern noch einen Bogen gemacht habe. Doch nachdem ich den halben Inhalt der Zuckerdose, sowie das Marmeladenglas drüber geleert habe, wurde es doch ganz lecker und wenigstens sättigt es ausreichend.

Ich packe noch die letzten Sachen zusammen und habe dabei einen “Jugend-Forscht”-Moment. Zum wiederholten Male stelle ich fest, dass Mineralwasserflaschen in der Höhe gänzlich anders reagieren als auf Meereshöhe. Das Mineralwasser schäumt beim Öffnen nur so durch die Gegend, dabei habe ich die Flasche garantiert nicht geschüttelt. Ich weiß dass kohlensäurehaltigen Getränke in einer Druckkammer überhaupt nicht mehr schäumen, dies scheint also das absolute Gegenteil davon zu sein.

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Ich ärgere mich über die Menge an Plastikmüll die dank mir anfällt, sehe allerdings wenig wege drumrum. Es gibt zumeist nur 1L-Flaschen, und wenn ich nicht stundenlang Filtern will, muss ich täglich 5-6 Flaschen kaufen. Da kommt etwas zusammen.

Nach dem Aufladen und losfahren verließ ich keine fünf Minuten später bereits die Stadtgrenze. Die Straße war schön gerade. Die LKWs fahren von Murghab aus auf einer anderen Straße direkt zur chinesischen Grenze am Kulma-Pass, ich wurde heute also von keinem einzigen LKW überholt, eine deutliche Veränderung zur Strecke VOR Murghab. So begegnen mir heute nur Autos und Motorräder, auch Fahrradfahrer_innen sehe ich heute keine.

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In Windeseile habe ich Murghab verlassen.
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Die offene Straße voraus erwartet mich.

Zu Beginn fahre ich recht ebenerdig dahin, dafür weht mir ein stärkerer Gegenwind ins Gesicht. Als dieser nachlässt fängt auch die Straße an wieder zu steigen. Nicht steil, ich kurbele mich nicht im zweiten Gang hinauf, aber man merkt schon dass es den ganzen Tag bergauf geht.

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Verschiedenste Felsfarben.
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Ich bin begeistert über die Schichtung dieses Berges
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Vertikal statt Horizontal

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Nach 25 Kilometern versuche ich mich an einer kurzen Snickers-Pause, werde jedoch sofort von einem Mückenschwarm aufs Korn genommen. So fahre ich zwei Kilometer weiter, als die Mücken mich jedoch auch dort finden, wird es mir zu doof. Die Snickers-Pause gibt es trotzdem, ich laufe dabei nur leicht irre auf und ab und wische mir alle 5 Sekunden die Beine ab.

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Blick in Richtung Rangkul-Felskette. Hier gäbe es die Möglichkeit für 2-3 Tage eine Schleife zu fahren und nah an die chinesische Grenze zu kommen. Ich entscheide mich jedoch dagegen.

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Kirgisischer Friedhof
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Flache, gut asphaltierte Straße. Ein Genuss!

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Nicht mit im Bild: Die Mücken die mich gerade umschwirren.

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Tolle Muster an den Berghängen.

Bis zur Mittagspause wollte ich 45 Kilometer schaffen, doch schon ein Stückchen davor komme ich an einer so traumhaften Stelle an einem Bach vorbei, somit ziehe ich die Pause vor. Dort konnte ich auf glatt-geschmirgelten Steinen sitzen und die Füße ins Wasser halten. Die übliche Portion Ramen gibt es, anschließend sitze ich mit Kindle am Wasser. Zudem gibt es noch zahlreiche Pflaumen, Nektarinen und Äpfel, die ich in Murghab kaufen konnte. Wahnsinn wie sehr mein Körper sich nach frischem Obst sehnt, ich kann mich kaum zurückhalten.

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Mittagspause!
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Am Bach.

Die Sonne knallt hier oben mit höchster Intensität. Es ist zwar nicht wirklich heiß, aber als ich nach einer halben Stunde meine Füße aus dem Fluss hebe, hat diese Zeit gereicht um mir die Füße ordentlich verbrannt zu haben. Nun, wenigstens ist sonst alles okay, ich schmiere mich alle 2-3 Stunden ein hier oben, das hilft. Auch hatte ich so oft von Reisenden mit verbrannten, aufgeplatzten, trockenen Lippen gelesen, dass ich mit Lippensonnenstift unterwegs bin. Dieser hat bisher einwandfrei funktioniert, bis zum Ende der Reise kriege ich keine aufgeplatzten Lippen.

 

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Sagt mal, bin ich verrückt, oder seht ihr das auch?…
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…. Der Berg schaut doch ziemlich skeptisch, oder?

Die Weiterfahrt verschönere ich mir mit Podcasts, es geht um die Entstehungsgeschichte Nordkoreas, Details zum Nordirlandkonflikt, zur islamistischen Revolution im Iran und zur Gründung der PKK, da vergehen die kommenden Kilometer ganz gut, erbauliche Literatur sieht aber irgendwie anders aus. Trotzdem wird es ab 50 gefahrenen Kilometern heute zäh. Die Strecke wird steiler, vom neunten schalte ich nun in den sechsten Gang, zudem setzt ein starker Gegenwind wieder ein. Trotzdem kämpfe ich mich dreieinhalb Stunden weiter, obwohl ich vor dem Mittagessen bereits vier Stunden gefahren war. Aber mir war klar das heute anstrengend wird, es ist der Aufstieg von Murghab zum Ak-Baital-Pass, da geht es nun mal bergauf.

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Blick zurück: Es geht nun immer weiter hinauf.

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Nach 55 Kilometern kam eine alte Karawanserei, welche zur Zeit der Seidenstraße erbaut wurde. Daneben ein paar kirgisische Jurten, die als Homestay und Touristenbespaßung dienen. Schnell kommt ein Jugendlicher an und will mir anbieten auf seinem Kamel reiten zu dürfen. Ich sage, dass ich mein eigenes Kamel dabei habe und zeige auf mein Fahrrad. Lachend reitet der Jugendliche wieder davon und ich schwinge mich wieder aufs Rad.

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Karawanserei

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Dung wird als Brennstoff getrocknet

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Yaks

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Marco-Polo Schaf

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Ich fahre relativ lange am Sicherheitszaun entlang, der den Beginn der chinesischen Sicherheitszone dahinter markiert. Entgegen vielen Berichten handelt es sich hierbei nicht um die wirkliche chinesische Grenze, sondern Tadschikistan hat im Jahre 2011 China 1000 Quadratkilometer ihres Staatsgebietes als Sicherheitspuffer überlassen, vorangegangen war ein Streit über Dekaden, bei dem China deutlich mehr Land gefordert hatte. (Quelle: https://www.bbc.com/news/world-asia-pacific-12180567 und https://web.archive.org/web/20110116030345/http://timesofindia.indiatimes.com/world/china/Chinas-area-increases-by-1000-sq-km/articleshow/7269616.cms )

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So viel Wasser, nachher werde ich noch länger danach suchen müssen.
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Die Berge ringsum werden höher
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Der Sicherheitszaun
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Dahinter: Chinesisches Staatsgebiet

Ich dachte der Zaun kommt erst nach dem Pass, aber auch heute fährt man dran vorbei. Es ist ein durchgehender Stacheldraht-Zaun, der von einem Jeep-Pfad flankiert wird. Aufwendige Überwachungstechnik sucht man vergebens, ich kann jedoch nicht sagen ob dahinter Bewegungsmelder vergraben sind. Ich bin mir ziemlich sicher, bei Übertritt wären in 20 Minuten ein paar Jeeps mit äußerst unkooperativen chinesischen Soldaten an Bord vor Ort. Ich probiere es lieber nicht aus.

Die Landschaft präsentiert sich jedoch heute wieder in ihrer vollen Schönheit. Teilweise leuchten die Berge in tiefstem Rot, bei anderen Bergen sah man die Schichtung der Gesteinsschichten, an anderen Stellen hat das herablaufende Schmelzwasser und Schnee wahnsinnige Muster auf den Bergen hinterlassen.

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Muster von der Schneeschmelze

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Heute erwarten mich erneut zahlreiche Murmeltiere, die in der Mittagshitze lagen und sich sonnten, die waren wirklich nicht glücklich über meine Störversuche. Laut quickend rennen sie dann zum Bau, von wo aus ich kritisch beäugt werde.

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Zum Tagesende wandelt sich die Farbe der umliegenden Berge, zu den roten kommen nun auch grüne und sehr staubfarbene dazu. Auch wenn ich jetzt am Fuße des Ak-Baital-Passes stehe, man sieht nicht so wirklich wo der Weg lang geht und wo morgen der Pass sein wird. Der Ak-Baital-Pass führt nicht über den höchsten Punkt eines Bergrückens, sondern ist durch Sprengungen und Grabungen in den Berg eingelassen, so sieht man die Straße von hier unten schlecht. Aber zumindest die grobe Richtung steht fest.

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Streckenweise wird der Weg schlechter, doch nie für lang.

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Ziegenherde

Ich komme an ein paar schönen Campingplätzen vorbei, wollte aber noch ein bisschen weiter. Jeden Höhenmeter den ich heute schaffe, muss ich mich morgen nicht hoch zum Pass quälen. Den ganzen Tag habe ich Bäche und Flüsse neben mir gehabt, doch jetzt wo ich einen Zeltplatz suche, ist plötzlich kein Wasser mehr aufzufinden, alle Bachläufe sind vertrocknet. Man sieht es der Landschaft an, dass hier im Frühsommer, wenn die Schneeschmelze einsetzt, die Hölle los sein muss, überall stehen befestigte Wasser-Ableitungen, teilweise sogar mit künstlich angelegten Wellenbrechern, die wohl versuchen sollen die Kraft des Stroms zu verkleinern und das Wasser auf der Ebene zu verteilen. Zudem sieht man kaputte Brücken, die dem Wasserdruck zum Opfer gefallen sind. Doch jetzt, da liegt alles komplett verwaist und vertrocknet.

Ich wollte nach 63 Kilometern heute aufhören, da ich aber gerne neben einem Gewässer zelten will, fahre ich weiter. Nach 68 Kilometern, wobei die letzten wirkliche Quälerei waren, finde ich nun ein kleines Bächlein abseits der Straße. So schiebe ich mein Fahrrad zum Ufer, das dürfte heute die Campstelle sein, die am weitesten von der Straße entfernt ist, die letzten Tage musste ich nicht so weit laufen.

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Dafür ist der Zeltplatz toll, neben dem kleinen Bach ist eine saftig-grüne Wiese fürs Zelt, und auch die Heringe halten im Boden super. Dafür muss ich sie heute zur Abwechslung auch mit einem Stein einschlagen. Auch liegt der Platz windgeschützt in einer Kuhle, mit Blick auf die umliegenden Berge.

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Kleiner Bachlauf
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Der Bach entspringt dem Schneefeld rechts oben auf dem Berg

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Ich bin heute früh in Murghab auf 3620 Metern gestartet, nun bin ich auf 4330 Meter, habe also über 700 Höhenmeter bergauf geschafft. So habe ich morgen bis zum Ak-Baital-Pass nur noch um die 300 Höhenmeter zu absolvieren. Diese verteilen sich allerdings auf ziemlich kurze 8 Kilometer, es wird morgen also nochmal richtig steil werden. Nun, wird schon irgendwie klappen. Seit Wochen zerbreche ich mir den Kopf über den Ak-Baital-Pass und nun wo ich es bis hierher geschafft habe, bin ich ziemlich entspannt. Wird machbar und wenn nicht, dann schiebe ich halt zwei Kilometer.

Ich habe wie vorhin schon beschrieben deutlich weniger Verkehr auf der Straße mitgekriegt. Heute habe ich mitgezählt: Insgesamt haben mich 34 motorisierte Fahrzeuge überholt, ich vermute das hatte ich auf dem Weg nach Murghab schon allein an LKWs, ohne die PKWs zu zählen. Und das ist natürlich nichts verglichen mit dem Verkehr unten am Panj. Man merkt also, dass hier deutlich weniger Verkehr unterwegs ist.

Ich gönne mir noch eine Katzenwäsche am Bach, es ist jedoch ziemlich kalt, lang halte ich das nicht aus.

Ich bin ja heute früh vollbepackt in Murghab los, Essen für mehrere Tage, Gemüse, Konserven und auch mit sechseinhalb Liter Wasser und einem Liter Benzin. So gönne ich mir zum Abendessen leckere Pasta mit der schweren Tomatensoße aus der Glasflasche. So baut man Gewicht ab. Wobei, die Glasflasche muss ich ja trotzdem wieder mitnehmen morgen. Dazu gibt es Paprika und Gurken. Besonders die Gurken sind putzig klein, kein Vergleich mit den gezüchteten Gurken die man hierzulande im Supermarkt findet.

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Es dauert ewig bis das Essen zubereitet ist, auf 4300 Metern kocht das Wasser zwar früher, jedoch brauchen Nudeln bei ca. 80°C doch deutlich länger, bis sie essbar al dente sind. Doch das Essen schmeckt vorzüglich und wird komplett aufgegessen. Anschließend mache ich mir noch einen vollen Topf Tee. Ich kann hier das Wasser direkt aus dem Bach nehmen, bis auf mögliche Verunreinigung durch die Murmeltiere dürfte es sauber sein und wird ja zum Teekochen abgekocht. So brauche ich nicht meine Trinkwasservorräte anbrechen, kann für die Nudeln und den Tee einfach das Wasser aus dem Bach nutzen. So habe ich für den Passaufstieg morgen noch 3 Liter übrig, evtl. werde ich in der Früh noch ein bisschen Wasser filtern.

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Der Tee ist hochwillkommen, es ist nämlich bitterkalt geworden hier oben. Die Sonne ist hinter den Bergen verschwunden und das Zelt liegt nun im Schatten, wobei mir schnell die Kälte in die Knochen kriecht. Am Abend zeigt mein Thermometer 8°C an, dies verändert sich sicher noch mal in der Nacht. Doch mein Schlafsack ist dick und warm, da brauche ich mir keine Sorgen machen. Und es bleibt das Hochgefühl auf 4-3-0-0-Metern zu campen! Wenn es mich nicht irgendwann in den Himalaya oder in die Anden zieht, werde ich wohl nie einen höheren Schlafplatz haben. Die Höhe macht mir dabei erstaunlich wenig aus, ein leichter Kopfschmerz am Abend, aber sonst nichts.

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Abendstimmung am Camp, schnell wird es kalt.

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Ich habe heute 69 Kilometer hinter mich gebracht und wenn ich morgen den Anstieg bis zum Ak-Baital-Pass hinter mich gebracht habe, geht es mehrheitlich bergab bis zum See Karakul. Zwar wurde ich vorgewarnt dass die Straße ziemlich schlecht wird, aber wenigstens Bergab.

Nach einem kurzen Blick auf die Sterne (bei diesen Temperaturen kann ich mich noch zu einer kurzen Fotosession überwinden, anschließend krieche ich in meinen Schlafsack.
(Und erneut wünsche ich mir, dass mir jemand die Bildbearbeitung für Nachtaufnahmen beibringt 😉 Es sah nämlich in Echt hundertmal besser aus. Besonders die Milchstraße mit nacktem Auge zu sehen ist fantastisch.

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[Tag 14] Murghab

21. Juli 2019:
Ruhetag in Murghab

Nun, nachdem ich gestern all die Wäsche abends noch weggebracht habe und nur noch eine Vollplastik-Regenhose besaß, habe ich die Nacht dann doch lieber nackig im eigenen Schlafsack als mit dem Homestay-Bettzeug verbracht. Und natürlich habe ich mir im dicken Daunenschlafsack ordentlich einen Abgeschwitzt. Wenigstens ging das Schwitzen nicht sonderlich lang, denn mein Schlafrhythmus ist immer noch kaputt. Selbst als ich gestern um 23 Uhr ins Bett ging, um kurz vor 6 war ich heute wieder wach. Nun, wenigstens konnte ich so entspannt dösen und am Handy rumdaddeln, ich musste ja heute nicht aufs Rad.

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Das Frühstück im Homestay war ziemlich mager, es gab das übrig gebliebene, angetrocknete Brot vom Abendessen mit Marmelade, dazu noch einen ungenießbaren Haferbrei/Milchreis-Mix. Nun, wie gestern schon erwähnt, ich freue mich einfach nur darüber für Übernachtung + Mahlzeiten knappe 8€ zu zahlen, da werde ich keine großen Ansprüche stellen.

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Der Hinterhof des Homestays. Hier wird noch allerlei selbst gebastelt, gebaut und repariert.

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Den Morgen habe ich lesend im Zimmer verbracht, darauf wartend, dass ich um 11 Uhr endlich meine Wäsche vom Pamir Hotel abholen kann. Als ich dann endlich zum Hotel gelaufen bin, hatte ich ein seltsames Gefühl. Und nein, ich rede nicht davon schon wieder bei den Temperaturen in der Regenhose unterwegs zu sein. Haben sie meine Wäsche gewaschen? Wurde diese bei 90°C auf Kleidergröße S zusammengeschrumpft? Ist was verloren gegangen?

Glücklicherweise stellten sich alle Bedenken schnell als unbegründet heraus. An der Rezeption wartet mein Kleiderstapel ordentlich gefaltet und wohlig duftend auf mich. Und das für 4€. Zurück am Homestay wechsle ich endlich aus meiner Plastikverkleidung in normale Klamotten.

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Zum Glück hat das geklappt mit den Klamotten, sonst hätte ich den Rest der Reise in dem schicken Outfit verbracht.

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Frische Wäsche

Anschließend mache ich mich auf den erneuten Weg zum Container-Markt. Viel will ich da nicht kaufen, weil ich herausgefunden habe, dass das Pamir Hotel ein eigenes kleines Magasin betreibt, und dies weit reichhaltiger ausgestattet ist als der Markt.

So war der Plan für den Markt eher, ein reichhaltiges Mittagessen zu finden. Das kleine Restaurant von gestern hatte leider zu, so verschlägt es mich in einen weiteren Laden, der genau ein Gericht anbietet: Frisch frittierte Teigtaschen, dazu eine Chilisauce zum Dippen und einen Pott Tee. Als ich nach zwei Teigtaschen gesättigt mich ans Bezahlen mache, fällt mir die Kinnlade runter. Ganze 40 Cent soll dieses Mahl kosten und plötzlich wünsche ich mir, die nette Köchin samt Küchenanlage hinten auf dem Fahrrad mitnehmen zu können. Bei den Preisen lohnt es sich nicht selbst zu kochen und ich wäre gut versorgt die nächste Woche. 😉

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Im Anschluss geht es zurück zum Pamir Hotel, ich stelle fest dass ich da gestern und heute bereits 6 Mal hin und 6 Mal zurück gelaufen bin. Werde wohl Stammgast, obwohl ich da nicht übernachte. Dort im Shop finde ich alles, was ich die kommenden Tage brauchen werde. Ob ich im nächsten Dorf Karakul einkaufen kann weiß ich nicht genau, der nächste Shop liegt dann erst in Kirgistan, ich kaufe also für 5-6 Tage essen ein.

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Anschließend mache ich mich noch an die Fahrradreparatur. Die Kette gesäubert und neu geölt, sowie alle Schrauben nachgezogen. In den vergangenen Wochen habe ich das fast jeden Abend nach der Fahrt gemacht. Die Pisten des Pamir und entlang des Panj schaffen es nämlich effizient die Schrauben los zu rütteln und ich will mögliche böse Überraschungen verhindern. Auch die Befestigungen der Ortliebtaschen werden nachgezogen.

Der Rest des Ruhetags ist dann auch wirklich von Ruhe gekennzeichnet. In meinem Zimmer schaue ich Filme, schreibe mit Freunden und lese viel. Abends hole ich bei der Tankstelle noch Benzin. Tankstelle klingt nach Zivilisation und Technik, jedoch wird mit einer PET-Flasche einfach aus einem Öl-Barrel geschöpft, eine Zapfsäule wird man hier lang suchen. Ein Liter feinstes 92er-Benzin (in Deutschland kriegt man mindestens 95 Oktan) in einer PET wandert so in meinen Besitz. Sollte ich also in den nächsten Tagen auch die letzte Gaskartusche aufbrauchen, kann ich meinen Kocher auf Benzinbetrieb umbauen und weiter Essen zubereiten. Da ich in diesen Höhen deutlich gestiegenen Brennstoffverbrauch habe, bin ich so auf der sicheren Seite.

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Benzin-Einkauf

Abends packe ich noch mein Zeug zusammen, spiele Tetris um auch alle Einkäufe des heutigen Tages zu verstauen. So muss ich morgen die Taschen nur zum Fahrrad tragen und kann dann schnell in den Tag starten.

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Großes Packen
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mit Missgeschicken

Zum Abendessen gibt es Kartoffeln mit Fleisch, wenigstens sind dies nicht so große Brocken fettiges Yak-Fleisch wie gestern beim Mittagessen. Kurz nach dem Abendessen trifft eine ganze Meute russischer Tourist_innen ein, 15 Personen in 4 Jeeps. Trotzdem bleibe ich alleine in meinem kleinen Zweibettzimmer, worüber ich mich sehr freue.

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Abends teste ich die ziemlich karge Dusche, wenigstens ist dank Solar-Anlage auf dem Dach das Wasser angenehm warm. Anschließend geht es schnell ins Bett.

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Die 1,5 Pausentage waren angenehm, trotzdem merke ich wie es mir in den Beinen juckt. Ich will raus aus dieser kargen und ärmlichen Stadt und schnell wieder in der Natur verschwinden. Und von hier aus geht das Abenteuer steil bergauf…

 

[Tag 13] Kurz vor Murghab – Murghab

20. Juli 2019:

Mit dem Fahrrad 30 Kilometer und 230 Höhenmeter bis nach Murghab.

 

 

[Ein Klick auf das Bild vergrößert die Route!]

Im Anschluss an meine Fotosession habe ich gut geschlafen, heute mit Wasserfilter im Schlafsack als Frostschutz. Auch wenn ich es heute ruhig angehen lassen wollte und mir keinen Wecker gestellt habe, so bin ich doch um 6.30 Uhr wach, mein interner Wecker scheint also fest installiert zu sein.

Zusammengepackt, Müslifrühstück runtergeschlungen, durch den vorbeiziehenden Wind ziemlich eingestaubt worden und dann wieder zurück zur Straße. Es sind nur 26 Kilometer bis Murghab und mehrheitlich geht es, wie gestern bereits dargelegt, schön bergab. Das Durchschnittstempo dürfte so heute das bisher höchste auf der Tour sein. Heute wiederholt sich meine Reisetradition, 2 Kilometer nach dem Start komme ich am idealen Zeltplatz vorbei, mit fließendem Gewässer und saftig grüner Wiese. Ich tröste mich damit, dass dort sicherlich der Sternenhimmel nicht so schön gewesen wäre. 😉

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Erneut: Der perfekte Zeltplatz

An einigen Stellen ging die Straße aber wieder knackig bergauf, dabei begegne ich zwei französischen Radfahrern, die in die Gegenrichtung unterwegs sind. Ich lasse Grüße an Benjamin ausrichten, der ja inzwischen im Wakhan-Tal unterwegs sein dürfte.

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Das Straßenschild hat auch schon bessere Zeiten gesehen.

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Weiter geht’s mit guter Musik im Ohr und heute läuft das Rad gefühlt von alleine, es war heute weit weniger anstrengend als die Tage davor. Kurz vor Murghab kam ich an den ersten Militär/Polizei-Checkpoint seit Khorogh, anschließend komme ich endlich nach Murghab.

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Ankunft in der grünen Flußlandschaft. Links hinter der Kurve liegt Murghab
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Nun kommt Murghab in den Blick, davor noch ein Checkpoint

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Ein kleines Städtchen, und doch die größte Ansiedlung hier auf dem Pamir.

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Murghab ist das Verwaltungszentrum der Region, wurde erst 1892 im Auftrag der russischen Krone als ein militärischer Außenposten errichtet, auch hier spielt wieder der Kampf Russland gegen Großbritannien im Great Game eine Rolle.

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Der Fluss Murghab

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Murghab war die “Höchste Stadt der Sowjetunion” wie in Alichur gestern fühlt es sich jedoch keineswegs wie eine Stadt an. Eine verdichtete Ansammlung von ärmlichen Behausungen im zusammengewürfelten Stil trifft es vielleicht besser, schließlich wohnen hier auch nur knapp 6000 Menschen. Und die leben mit einer beeindruckenden Temperaturamplitude. Im Sommer kann es gut 40°C heiß werden, im Winter warten -50°C auf die Bewohner, all das bei einer Niederschlagsmenge von nur 72 Millimeter/Jahr. Der Fluss Murghab, der an der Stadt vorbei fließt, mündet irgendwann im Panj. Kaum zu glauben, dass das Wasser hier irgendwann auf den Baumwollfeldern in Usbekistan ankommt, welch weite Reise.

In Murghab selber fahre ich erstmal diesen werten Herrn hier besuchen.

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Der Photoshop-Präsident schaut wohl ein bisschen grimmig, das er nicht im alleinigen Rampenlicht steht.

Nach einem kurzen Plausch über den dreckigen Imperialismus und Kapitalismus mache ich mich anschließend auf die Suche nach einer Unterkunft.

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Weltkriegsdenkmal
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Die “Hauptstraße”
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Der Photoshop-Präsident auf seinem Marsch durch die Berge 😉

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Die Ziele der nächsten Zeit sind klar…
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Alle 3 Orte liegen bereits in Kirgistan. Sary-Tash werde ich in 4 Tagen erreichen, Gulcha 2 Tage später und Osh am darauffolgenden Tag.

Das einzige Hotel der Stadt ist das Pamir Hotel, dies war mir jedoch zu heruntergekommen und teuer um dort Abzusteigen. Stattdessen fuhr ich zum Homestay Tulfabek, dort bekam ich ein kleines Zimmer mit zwei Betten angeboten, heute Nacht war sowieso nur eine weitere Person zu Gast im Homestay.

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Nach der Ankunft und einer kurzen Erholungspause bin ich noch zum nahen Markt gegangen. Dieser besteht in Murghab aus dutzenden Hochseecontainern, die zu kleinen Shops umgebaut wurden. Das Warenangebot ist ziemlich dürftig und unterscheidet sich zwischen den Shops fast gar nicht, sofern man nicht plötzlich im Metzger-Container steht und von Bergen an ungekühltem Fleisch in der Auslage begrüßt wird.

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Blick auf den Markt
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und den Rest Murghabs

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Die Rückseite der Marktstände

Doch finde ich auf dem Markt zur Mittagszeit eine winzige Garküche, wo es Kartoffeln, Kohl und Yakfleisch gibt. Das Fleisch ist wirklich sehr zäh und nahezu ungenießbar, der Rest ist aber sehr lecker. Zudem gibt es frisch gebackene Teigtaschen mit Gemüsefüllung dazu. Die Bestellung funktioniert in Zeichensprache, auch mit den zwei älteren Damen am Nebentisch kann ich nicht wirklich kommunizieren. Trotzdem ein leckeres und gehaltvolles Mittagessen. Der Schock kommt beim Zahlen, da will man ganze 2,10€ von mir, inklusive der Kanne Tee. Das dürfte die bisher günstigste Speise gewesen sein.

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Auf dem Markt stocke ich danach noch Lebensmittel für die weitere Reise auf, im Gegensatz zu den kleinen Dörfchen durch die ich die letzte Woche kam gibt es hier sogar eine bescheidene Auswahl an Obst und Gemüse.

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Der erste Einkauf

Man erkennt seit Ankunft in Alichur, dass die Bevölkerungsmehrheit kirgisischer Abstammung ist, auch der Kleidungsstil hat sich verändert. Spannend diese Unterschiede mitzukriegen, vorallem da sie so abrupt stattfinden, in Khorogh fiel mir dies gar nicht auf, jetzt mit Erreichen der Hochebene hat ein kompletter Wandel stattgefunden.

Da passt es, das meine Gastgeber im Homestay mich bereits morgens informiert hatte, dass heute am Stadtrand ein Festival der kirgisischen Volksgruppen des Pamirs stattfindet.

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Blick auf das Festivalgelände außerhalb der Stadt

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Kann ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Für eine Stadt mit 6000 Einwohnern ist es verrückt plötzlich diese Menschenmassen zu sehen. In einem großen Halbkreis haben sich diese um eine Bühne und ein Stück Wiese gescharrt.

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Viele Menschen sind in Tracht erschienen.

Es ist mir nicht ganz klar, was hier passiert, auch weil ich die Ansagen nicht verstehe. Aber es scheint wohl ein sportlicher und kultureller Wettkampf zwischen verschiedenen kirgisischen Gruppen aus verschiedenen “Ansiedlungen/Tälern” der Pamir Region zu sein. So schlägt das Team des Bartang-Tals das Sarez-Tal beim Sackhüpfen, beim Armdrücken steht es unentschieden und später kommen auch noch schulische Tanz- und Chorgruppen auf die Bühne.

Das mit der Synchronität üben wir aber noch mal 😉

Ich finde mich bald in der Gesellschaft eines tschechischen Pärchens wieder, die per Anhalter nach China unterwegs sind. Gemeinsam genießen wir dieses uns fremde Spektakel, ich versuche einen Überblick zu erhalten und beobachte die Freizeitgestaltung der anwesenden Personen.

Im folgenden ein paar Impressionen vom Festival:

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Das Zelt wurde mal von der EU als humanitäre Hilfsleistung geliefert.
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Coole Flitzer
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“Anti Social Social Club”, schätzungsweise wieder ein Fall von Klamotten aus Europa/USA, die hier ohne Textverständnis getragen werden 😉

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Auch die Kinder werden schick angezogen.
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Gesang auf der Bühne

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Tanz

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Ein paar Ortsansässige, mit denen ich ins Gespräch komme.

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Ein paar findige Verkäufer_innen haben ein paar Marktstände aufgestellt und verkaufen ihre Ware. Man beachte den Aufdruck des Sonnenschirms 😀

Auf dem Rückweg zum Homestay verwickelt mich noch eine Gruppe Jugendliche in ein Gespräch. Reihum werden mir ihre Namen genannt, doch als nach jedem Namen großes Gekicher einsetzt, beschleicht mich doch das Gefühl hier nur ein Sortiment tadschikischer, pamiri und kirgisischer Schimpfwörter zu lernen. Ich bin doch nicht von Vorgestern, so leicht kriegt ihr mich nicht verarscht. Und zudem war ich auch mal 13… 😉

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Den Nachmittag und Abend genieße ich mit Filmen und einem guten Buch. Auf dem Bett liegend kommt so wirklich ein wenig Entspannung auf. Zum Abendessen gibt es Reis und Buchweizen mit Gemüse. Ein wenig trocken und langweilig, aber auf alle Fälle sättigend. Zudem zahle ich hier im Homestay für die Übernachtung + Abendessen + Frühstück genau 8€, da freue ich mich über die Ersparnis.

Leider hatte das Homestay keine Waschmaschine, man bat mir zwar an, dass die Schwiegertochter eine Ladung Handwäsche übernehmen könnte, das wollte ich allerdings vermeiden. So bin ich tagsüber mit meiner Wäsche zum einzigen Hotel in der Stadt gefahren, die haben zwar selber nur eine semi-automatische Waschmaschine, aber besser als nichts. Jedoch wurde ich, aufgrund der Kapazitäten der Waschmaschine, auf heute Abend vertröstet. Teilweise musste ich mich mit dem Hotelchef anlegen, schließlich klappte es aber um 21 Uhr, da nahmen sie dann meine Wäsche doch noch an. Nun heißt es Daumendrücken, dass ich meine Wäsche morgen in Empfang nehmen kann, da ich fast jedes Kleidungsstück abgegeben habe. Ich besitze noch ein Hemd und meine Regenhose (Vollplastik bei den Temperaturen, lecker-lecker!), sonst ist alles Weitere in der Waschmaschine.

Nachdem ich die Wäsche zum Hotel gebracht habe bleibt nicht mehr viel zu tun außer zu entspannen und zu hoffen, dass ich morgen meine Klamotten wieder in Empfang nehmen darf.

Ich werde morgen noch in Murghab bleiben, ein wenig am Rad basteln und mich ansonsten entspannen. Ich liege für meine Tour gut in der Zeit, da kann man sich solche Tage zur Erholung mal leisten. Zudem heute ja eher nur ein halber Pausentag war.

 

[Tag 12] Sassikul-See – kurz vor Murghab

19. Juli 2019:

Mit dem Fahrrad 89 Kilometer und 900 Höhenmeter vom Sassikul See bis 20 Kilometer vor Murghab.

[Ein Klick auf das Bild vergrößert die Route!]

Nach dem Aufwachen erstmal ein kleiner Schock. Das gestern auf 80% geladene Smartphone hat plötzlich nur noch 3% Akku. Da ich aber bereits in Schweden dachte “jetzt ist das Ding hinüber”, erstmal beruhigen. Und siehe da, nach 10 Minuten im Schlafsack hat der Akku plötzlich wieder 50% Ladestand. Nun, ein Beweis dafür, dass es hier oben auf dem Plateau doch ein wenig kälter ist nachts. 😉 Vorbei ist die Zeit, wo ich nur im Schlafsack-Inlay auf der Isomatte lag, und diese auch noch so viel Körperwärme zurückstrahlte, dass ich am Ende mich auf den kühleren Boden gelegt habe. Aber die Kälte ist auch eine gute Warnung für mich: Ab heute Abend nehme ich meinen Wasserfilter mit in den Schlafsack. Mein Sawyer-Wasserfilter funktioniert nämlich mit einer Membran, die Mikrometer-dünne Löcher enthält, durch die gefiltertes Wasser entweichen kann, Schmutzpartikel und Bakterien allerdings drinnen behält. Sollte in dieser Membran nun Restwasser gefrieren, kann die Membran platzen und der Filter wird unbrauchbar. Also nachts gut warm halten mit Körperwärme.

Gefrühstückt habe ich nach der traumatischen Mückenjagd von gestern Abend dann doch lieber im Zelt. Dabei habe ich es geschafft die erste von zwei Müsli-Packungen aufzubrauchen, die ich seit Duschanbe (!!!) mit mir rumschleppe. Nun, wieder ein Beweis dafür wie wenig ich in der ersten Woche gegessen habe, schließlich handelt es sich um lediglich 450gr Packungen.

Ich war mir sicher, nach dem ersten Schritt aus dem Zelt heraus, holen mich die Moskitos wieder ein, daher habe ich, so weit wie möglich, alles im Innenzelt gepackt. Das ist zwar immer recht eng und unbequem, aber besser als lebendig ausgesaugt zu werden. Zum Glück waren die Mücken dann doch ein wenig träger als gestern Abend beim Zeltaufbau, so geht der Abbau und das Verstauen am Fahrrad einigermaßen glimpflich über die Bühne. Anschließend muss ich das Rad wieder zur Straße zurück schieben, ziemlich anstrengend, da es in den Sand einsinkt, zudem sind ein paar hundert Meter zurückzulegen. Auch merkt man in diesen Momenten die dünne Höhenluft am stärksten. Sitze ich regulär auf dem Rad und strample vor mich hin, erscheint alles normal. Aber bei körperlicher Anstrengung wie dem Schieben bin ich nach 10 Schritten außer Atem und nur noch am keuchen.

Wieder auf der “leicht” renaturierten Straße von gestern komme ich an einigen Unterbrechungen an. Hier scheint die Straße durch Bäche oder Schneeschmelze weggeschwemmt worden zu sein. Es erklärt zumindest, warum dies nicht mehr die offizielle Route ist, mit dem Rad lassen sich diese Hindernisse aber gut umgehen, beziehungsweise um-schieben.

Bald schon bin ich zurück auf der Hauptstraße und etwa 5-6 Kilometer nach dem Start komme ich am perfekten Zeltplatz vorbei. Das ist doch mal wieder TYPISCH! Hatte ich mich gestern über die Zooplankton-Brühe im See geärgert, fließt hier ein etwa 1,5m breiter, kristallklarer Bach ins Tal, daneben saftige Wiesen, genug Erhebungen und große Steine, die als Freilufttoilette herhalten können. Nun, hätte ich mal besser auf die Karte geschaut, da ist dieses Rinnsal nämlich eingezeichnet gewesen.

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Das wäre er gewesen, der perfekte Übernachtungsplatz.

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Einziger Nachteil: Dieser Bach fließt genau unter der Hauptstraße durch und trotzdem lass ich es mir nicht nehmen: Ich geh jetzt erstmal baden. So stehe ich keine 3 Minuten später splitterfasernackt bis zu den Knien im Wasser neben der Hauptverkehrsader im östlichen Tadschikistan. Nun, im Gegensatz zu Deutschland kommt hier in meinen 5-10 Minuten Badevergnügen auch kein Auto oder Laster vorbei, ist vielleicht auch besser so. Das Wasser kam direkt aus den schneebedeckten Gletschern, und auch wenn es nicht ganz schwedisch-kalt war, es reichte für ein paar quietschende Äußerungen und Flüche, die durch zusammengekniffene Zähne gepresst wurden.

Dieses Bad konnte ich mir auch wirklich genehmigen, ich lag super in der Zeit, da ich um kurz nach 8 bereits mit dem Rad aufgebrochen war. Und auch wenn man bei dem ganzen Sport schnell wieder ins Schwitzen kommt, es tut doch unendlich gut sich den Dreck der letzten Tage abzuwaschen.

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Alichur in der Bildmitte

Nach der Erfrischung ging es noch ein wenig bergauf, dann aber direkt wieder bergab die letzten 4-5 Kilometer nach Alichur. Der Ort selber ist winzig, hat knapp über 1000 Einwohner_innen und wirkt völlig deplatziert.

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Aber ein tolles Panorama hat diese Stadt
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Alichur ist winzig

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Der Ort schlängelt sich entlang einer Kurve der M41. Da zwischen den Häusern unglaublich viel Platz gelassen wurde, erscheint der Ort größer als er ist, zusammengeschoben würde er wohl auf eine Fläche von 500x500m passen. Die Häuser sehen sehr ärmlich aus, fallen stellenweise auseinander und ab und an findet sich ein Autowrack an eine Hauswand gelehnt. Nun, ich bin mir ziemlich sicher, das Leben in Alichur ist nicht einfach, im Sommer knallt die Sonne, im Winter wird es hier empfindlich kalt und es bleibt wochenlang bei zweistelligen Minusgeraden.

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Ich finde in der Ortsmitte dank der Hilfe zweier Bauarbeiter einen kleinen Shop, dort gibt es Wasser, Cola und Snickers, was in diesen Breitengraden für ein vergleichsweise gut ausgestattetes Magasin spricht. Der alte Besitzer ist sehr nett und zeigt mir stolz seinen Laden. Ich kauf viel zu viel Wasser, auch die Cola hätte es nicht gebraucht, aber wenn es schon mal eine gute Coca Cola gibt, dann sage ich nicht nein. So verpacke ich 6,5 L Wasser + 1 L Cola aufs Rad, ein ziemlich schwerer Irrsinn. Nun, wenigstens ist es hier flach und dann kann ich später das Camp aufschlagen wo ich will, brauche nicht auf Wasservorräte zu achten.

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Mal ein Einblick, wie diese “Magasin” immer aussehen.
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Das Warenangebot ist minimal.

Draußen vor dem Laden begrüßen mich noch ein paar Kinder, die sehr interessiert am Fahrrad waren und sich schließlich sehr über ein Foto von sich freuten. Auch hier ist die Armut sichtbar, die Klamotten sind ziemlich heruntergekommen und mit ihren Rotznasen machen die kleinen Kids einen ziemlich verwahrlosten Eindruck. Doch bei meiner Losfahrt rennen sie fröhlich hinter mir her, winken, wollen abklatschen. Reich an Lebensfreude sind die Kleinen also allemal.

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Da ich im Ort noch eine Internetverbindung herstellen kann, gibt’s ein kurzes Telefonat mit meiner Mutter, und dann geht es wieder zurück auf die M41.

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Mama meinte während des Telefonats: “Ich hab gerade auf Google Alichur eingegeben, da gibt es ein Café Goldenfish, geh doch da jetzt schön was Essen. Ich glaube ihre Erwartungen übersteigen eher die Realität. Ich passe, danke!

 

Die Straße läuft jetzt 15 Kilometer schnurgerade. Das heißt, man sieht die ganze Zeit die Stelle wo die Kurve beginnt, aber man kommt einfach nicht näher. Mir persönlich gefällt das gerade super: Der weite Blick über das Plateau, die schneebedeckten Berge und ein kleiner Bach der parallel neben der Straße verläuft. Auch wenn ich noch nie da gewesen bin, die Landschaft erinnert mich an Erzählungen meiner Mama aus Montana. Wobei es da vermutlich mehr Bäume gibt. Es ist auf alle Fälle eine schöne Abwechslung zum (trotzdem sehr piktoresken) Panj-Fluss der ersten Woche.

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Ortsausgang Alichur. Ab jetzt immer geradeaus.
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Begleitet von einem kleinen Flüsschen

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[Ein Klick auf obige Bilder vergrößert sie! (Besonders das Panorama)]

Manchmal habe ich Rückenwind, stellenweise wieder Gegenwind, eine einzelne Regenwolke hängt über mir, mehr als ein paar Tropfen kriege ich aber zum Glück nicht ab. Es geht nur sehr graduell hoch und runter, auf 10 Kilometern steigt man vielleicht 30 Höhenmeter, sprich endlich kann ich im 11. Gang mit 15-20 km/h dahin fahren, bei Bergab-Passagen geht es natürlich noch schneller. Dazu noch gute Musik in den Ohren und es macht einfach nur unendlich Spaß, ab-und-zu kann ich mir einen Freudesjauchzer gar nicht verkneifen.

Kurz nach der Kurve kam dann der Al-Balik-See, der von der Größe her eher einem Tümpel entspricht. Das Besondere ist aber das kristallklare und tiefblaue Wasser. Völlig verdattert von der Farbe stehe ich minutenlang am Ufer, man sieht kleinere Fischschwärme vorbei ziehen und kann bis auf den Grund blicken. Der See ist den Einheimischen heilig, wer darin badet soll angeblich verschluckt werden, und kommt an einem anderen See im Pamir wieder raus. Klingt zwar wie die altertümliche Version des Beamens, ich bin trotzdem nicht bereit für ein Star Trek Erlebnis. Es fehlen noch Palmen, dann wäre absolutes Karibik-Feeling am See.

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Al-Balik-See
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Nein, die Farbe ist nicht Photoshop
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So kristallklar…
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Man sieht die Fischschwärme vorbeischwimmen

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Auf den Weg zum Mittagessen sehe noch zahlreiche Murmeltiere. Die graben ihren Bau öfters in Straßennähe und dümpeln dann in der Nähe in der Sonne. Immer wieder hört man ihre hochfrequenten Warnschreie, dann laufen die Murmeltiere in alle Richtungen und versuchen ihren rettenden Bau zu erreichen. Besonders schlau stellen sie sich dabei nicht an, wäre ich ein Jäger oder ein Greifvogel gäbe es wohl Murmeltier zum Mittagessen, so habe ich wenigstens mehr als genug Zeit zum Fotografieren. In diesen Momenten bin ich froh eine kleine Kompaktkamera mit ausreichend Zoom mitgenommen zu haben, die hat sich gelohnt für die Reise. Insgesamt sehe ich im Laufe des heutigen Tages sicherlich 100 oder gar 150 Murmeltiere, manchmal einzeln, manchmal in ganzen Gruppen. Unfassbar süß!

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Schnell ab ins Erdloch

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Pause mache ich nach 45 Kilometern auf einer schönen, grünen Wiese. Sofern man den Yak-Haufen ausweichen kann wird es nicht viel bequemer als dieser Pausenplatz. Zwar hatte ich laut Karte die Hoffnung, dass hier ein Fluss fließt, der ist jedoch eingetrocknet und so genieße ich die Wiese. Schon angenehm, wo ich doch die letzten Tage immer verzweifelt einen Schotterplatz im Schatten suchen musste. So ohne Schatten wird die Mittagspause heute trotzdem ganz schön warm, es hat zwar nur 18-20°C Lufttemperatur, aber bei Windstille und mit der alpinen Höhensonne knallt es bei knapp 4000m Höhe schon ganz schön runter. So lege ich mich unter mein Badehandtuch, baue mir so also einen provisorischen Schatten. Da gestern das Mittagessen ja ausfiel, gibt es heute gar eine doppelte Portion Ramen-Nudeln, die bis aufs letzte Gramm vertilgt werden. Wunderbar, wenn der Hunger endlich wieder da ist und man das Essen genießen kann.

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Kein Schatten weit und breit, ansonsten ein genialer Spot.
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Heute schmecken gar die Ramen Nudeln.

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Anschließend liege ich unter dem Handtuch und schaue Serien. Im flachen Gelände muss ich mich auch weniger über den Akkustand des Handys sorgen, das lädt an meinem Dynamo-Lader ganz wunderbar. Teilweise habe ich schon telepathische Kräfte, ich weiß wann der Lader mit eingebauter Powerbank voll ist. Gestern und heute habe ich zwei Mal genau rechtzeitig drauf geschaut, vielleicht werde ich hier oben in der Einsamkeit ja langsam verrückt und kann mit meinem Fahrrad kommunizieren. 😉

Anschließend sattele ich wieder mein Fahrrad.

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Ich komme an der nächsten Besiedlung nach Alichur vorbei
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Die allerdings winzig ist und fernab der Hauptstraße liegt.

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Ich komme an der tadschikischen Version des Ayers Rock vorbei, zumindest sieht er ihm zu verwechseln ähnlich, auch wenn es nur eine Miniatur-Version ist.

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Ayers Mini-Rock

Andere Reisende hatten mir schon erzählt das Rotel-Tours im Pamir aktiv ist. Das ist eine deutsche Firma, die quasi ein “Hotel auf Rädern” betreibt. Ich erinnere mich daran als Kind selber den Katalog der Firma durchgeblättert zu haben und mich in die endlosen Weiten der Welt hinausgewünscht zu haben. Nun, plötzlich kommt mir der Rotel-Bus entgegen und ich habe gerade noch genug Zeit die Kamera zu zücken und den (mehrheitlich älteren) Insassen zu winken. Schon ein schickes Stück Technik, heute bin ich aber froh nicht dort eingesperrt zu sein, sondern die Freiheit auf dem Fahrrad genießen zu können.

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Da kommt was auf mich zu.

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Man beachte das Kennzeichen.

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Es ging erst auf den Neizatash Pass (4137m) hoch, der ist von meiner Seite kommend kein wirklicher Pass, trotzdem kurbelt man sich 20 Kilometer langsam aber beständig in die Höhe, auch wenn es nur 200 Meter Höhenunterschied sind. Dann ist auch die höchste Stelle bis Murghab (die nächste Stadt, wo ich morgen hinkomme) erreicht. Zudem sieht der Pass wirklich wunderschön aus, eingerahmt von hohen, schroffen Bergen. Die Berge sehen hier nicht mehr wirklich hoch aus und sind weniger schroff.

Blick in Richtung Neizatash-Pass [Ein Klick auf obige Bilder vergrößert sie! (Besonders das Panorama)]

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Neizatash-Pass erreicht, ab jetzt geht es bergab!

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Mamazair…
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…auch hier eine winzige Ansammlung von Häusern

Der deutsche Offizier Wilhelm Filchner kam im Jahr 1900 mit seinem Pferd hier durch und schrieb dazu: „Die Nivellierungsarbeit der Witterungseinflüsse macht sich stark geltend. Die scharfen Bergformen sind vollkommen verschwunden, alles ist abgerundet, die relativen Höhen sind ganz gering geworden. Geröll und Sand hat die ehemaligen Täler ausgefüllt, die scharfen Bergkämme abgeschnitten und verschwinden lassen. Der Eindruck ist einem von Schneewehen ausgeglichenen, scharf coupierten Gelände nicht unähnlich. Nun herrscht die blendende gelbe Farbe des Sandes vor. Sven Hedin vergleicht dieses Gebiet sehr treffend mit einer Mondlandschaft.“ (Zitiert nach Bill; Schreiber: Tadschikistan, S.235.)

Nach 65 Kilometern war ich oben auf den Neizatash Pass auf 4137 Metern. Und von dort ging es nur noch bergab, bis fast nach Murghab. Eigentlich wollte ich nur noch fünf Kilometer zurücklegen, aber da der auf der Karte angepeilte Fluss vertrocknet war ging es weiter am Flusslauf entlang, immer in der Hoffnung was Schönes zu finden.

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Immer weiter bergab.

Dieser Streckenabschnitt war herrlich. Bergab fuhr ich mit 20-25km/h, fast ohne Treten über endlose Kilometer brauchbaren Asphalt und beleuchtet durch die tiefstehende Abendsonne. Irgendwann komme ich noch an die Abbiegung vom Zorkul-See vorbei, diesen Umweg zum Zorkul hatte ich in dem Bericht zum Wakhan-Tal schon beschrieben, das ist ein sehr verlassener See. Bin weiterhin froh auf der Straße geblieben zu sein und dass mir diese Strapazen entgangen sind. Es war eindeutig die richtige Routenwahl.

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Der gewünschte Wasserlauf kam und kam einfach nicht. Da macht es sich bezahlt dass ich in Alichur so viel Wasser gebunkert habe, so kann ich einfach überall anhalten. Dies tue ich auch, fahre etwa hundert Meter vom Pamir Highway in den ausgetrockneten Flusslauf und stelle dann da mein Zelt auf. Geht nur schwerlich, die Heringe halten nicht im steinigen Boden, schließlich klappt es aber doch. Während ich das Zelt aufbaue fahren noch einige Autos an mir vorbei, scheinbar ist das Verkehrsaufkommen zwischen Alichur und Murghab doch ein bisschen größer, trotzdem haben mich heute vielleicht 15-20 LKWs und 20-25 Autos überholt, verteilt auf über 6 Stunden auf dem Rad.

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Keine Lust mehr, ich biege ab von der Hauptstraße und schiebe ein wenig.
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Und finde so ein tolles Plätzchen für mein Zelt.

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Abends gibt’s schon wieder rote Linsen mit Mais, weit besser als mein klebriges Nudel-Missgeschick von gestern. Dabei leert sich endlich die erste Gas-Kartusche aus Duschanbe. Dafür, dass diese  auf dem Gratis-Haufen im Hostel lag und keineswegs voll gewesen sein dürfte, hat sie es echt lang ausgehalten. Seit Khorogh habe ich jeden Tag 1-2 Mahlzeiten damit gekocht habe und die Nudeln oder Linsen müssen wirklich lange kochen, auch weil der Wind abends doch immer auffrischt, was den Kochprozess verlängert. Da ich noch so viel Wasser übrig habe, schraube ich später noch die zweite Kartusche an den Kocher und bereite mir einen Liter Tee zu. In Murghab werde ich mir dann einen Liter Benzin für den Kocher auf Verdacht mitnehmen.

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Das Zelt als Windschutz

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Endlich Appetit, endlich ein tolles Abendessen!

Der Rest des Abends ist ausgefüllt mit Lesen und Entspannen. Ich habe nur noch 26 Kilometer bis Murghab, und es geht 300 Höhenmeter bergab. Und in Murghab werde ich auf alle Fälle einen Ruhetag einlegen, denn ich liege gut in der Zeit.

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Abendstimmung am Zeltplatz

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Braver Drahtesel!

Glücklich liege ich abends im Zelt. Ich bin fasziniert von den Landschaftseindrücken des Tages und bin so froh hier meinen Urlaub verbringen zu können. Verschwunden ist mein Gemecker der ersten Woche und ich habe einfach nur Spaß.

Nach Einbruch der Dunkelheit zieht es mich noch mal aus dem Zelt um Aufnahmen vom Sternenhimmel zu machen. Der Mond ging genau zwischen zwei Bergspitzen auf und tauchte die Umgebung in ein sanftes Licht, doch auch mit dem nackten Auge konnte man die Milchstraße sehen. Der Mond erschien fast Supermond-artig, man sah die zahlreichen Krater auf der Mondoberfläche. Etwa eine Stunde renne ich in der Dunkelheit umher, positioniere die Kamera neu, nutze im Zelt meine Taschenlampe etc. Auch wenn es ziemlich kühl und windig war, den Spaß war es allemal wert.

[Ich bin leider wahrlich kein Experte für die Bearbeitung von Nachtaufnahmen. Sollte jemand Erfahrung haben, wie ich aus diesen Bildern weit mehr herausholen kann, bitte meldet euch gerne. Ich würde mich sehr freuen! So zeige ich sie euch erstmal einfach so]

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Leider schien der Mond recht hell.

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Der Hauptdarsteller der Reise
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kriegt natürlich auch ein paar fotografische Auftritte.

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Na, erratet ihr was ich geschrieben habe?

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Ein Geist im Zelt

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[Tag 11] Jelondy – Sassikul See

18. Juli 2019:

Mit dem Fahrrad 71 Kilometer und 1200 Höhenmeter von Jelondy aufs Pamir-Hochplateau bis zum Sassikul See. Ein paar Kilometer mit einem motorisierten Untersatz.

 

 

[Ein Klick auf das Bild vergrößert die Route!]

Der starke Regen hört in der Früh auf, und ich fühle mich weit besser als gestern. Die Beine kribbeln nicht mehr, ich fühle mich ausgeschlafen, das große Abendessen gestern hat auch Wunder bewirkt.

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Schlafplatz für die Nacht

Nun steht also nur noch der Koitezek Pass zwischen mir und der Pamir Hochebene, auf die ich mich freue, seit ich in Kulob losgeradelt bin an Tag 1. Dort oben gibt es zwar ein paar kleinere Pässe für die ich 200-300 Meter hoch muss, aber bis auf den großen Ak-Baital-Pass werden weniger Höhenmeter täglich zurückzulegen sein, als bisher auf der Reise.

Obwohl es weiter nieselt will ich nicht auf Trockenheit warten, packe im Zelt alles zusammen, dann wird die regennasse Behausung verpackt und ich trage die Taschen und mein Fahrrad über den aufgeweichten Garten zur Straße zurück. Es war relativ kühl, pendelte zwischen 13- 14° Grad.

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Neuschnee in Richtung Koitezek-Pass
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Und es bleibt Grau im Tal
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Bereit zum Losfahren.

 

Bei wolkenverhangenen Himmel schwinge ich mich aufs Fahrrad und trotze dem starken Gegenwind. Schnell fallen die Temperaturen auf 7° C, dabei fällt mir auf, dass mein Thermometer genau 50°C weniger zeigt, als am ersten Tag hinter Kulob. Verrücktes Wetter. Immer wieder schwillt der Regen an, klingt aber recht schnell ab. Auch zeigt sich hinter mir wieder langsam der blaue Himmel, hoffentlich holt der mich schnell ein.

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Der Koitezek-Pass liegt links hinter der Biegung
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Hier oben ist der Gunt ein sanftes Flüßchen, kaum zu glauben wie reißend er in Khorogh an der Hotelterrasse vorbeizog.
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Blick zurück und der Himmel reißt langsam auf.

Die Straße kurbelt sich, wie gestern berichtet weiter gen Himmel, außer monoton im zweiten Gang zu treten ist nicht viel zu tun. So schaffe ich in den ersten zwei Stunden auch nur magere 11 Kilometer und bin in dem schweinekalten Wetter von 3550m (Jelondy) auf 3800m aufgestiegen. Trotzdem fehlen noch 400 Höhenmeter bis zum Scheitelpunkt des Koitezek Pass. Wahrscheinlich würde ich das auch schaffen, die Beine fühlen sich heute besser an als gestern, aber es wäre auf alle Fälle ein ganz schöner Kraftakt, der mich drei Stunden kosten würde, die Energiespeicher leeren würde und somit ein dritter Tag für reines emporklettern in diesem Tal drauf gehen würde. So entschließe ich mich, den gestern gefassten Plan umzusetzen: Ich werde mir einen motorisierten Helfer für den Aufstieg suchen. Ein LKW kommt langsam emporgekrochen, doch als ich ihn bitte anzuhalten, schüttelt der Fahrer nur stoisch den Kopf und beschleunigt.

In den zwei Stunden die ich bisher geradelt bin, war dies das erste Gefährt, das mich überholt hat. So fahre ich einfach weiter und werfe immer mal wieder einen Blick zurück. Irgendwann meine ich da einen weiteren Lastwagen zu entdecken, als dieser aber näher kommt, stellt er sich als grauer Offroad-Caravan aus Baden-Württemberg heraus. Bernd und Sabine sind auf großer Tour und halten auf mein Handzeichen hin auch sofort an. Nach einem kurzen Plausch erklären sie sich beide einverstanden mich hoch zum Pass zu nehmen. Über der Hinterachse ist ein Stauraum eingebaut, der über die gesamte Breite des Fahrzeugs geht. Obwohl ihre beiden Räder da schon drin sind, kriegen wir mit ein bisschen Tetris auch mein Rad in die Dackelgarage verfrachtet. Dann wird mir auch noch der Beifahrersitz zugewiesen und Sabine sitzt hinten im “Wohnzimmer”, was mir leicht unangenehm ist, da sie so am Esstisch eine halbe Stunde durchgeschaukelt wird. Unterwegs erzählen sie mir, dass sie den französischen Radfahrer Benjamin, mit dem ich vor einigen Tagen unterwegs war, im Green House Hostel in Duschanbe getroffen haben. Er hat es wohl damals nicht geschafft seinen Reifen geflickt zu kriegen und seine gebrochene Felge am Leben zu halten. Er ist per Anhalter nach Duschanbe zurück, dort wartete er wohl auf eine Ersatzteillieferung aus Moskau. Witzig wie klein die Reisewelt hier ist, jeder kennt jeden.

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Blick zurück aus dem Van

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Blick voraus, fast ganz oben und auch ganz nah an der Schneefallgrenze
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Mühsam bergauf
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Endlich auf dem PAMIR PLATEAU!

In dieser halben Stunde schaffen wir die 12 Kilometer bis zum Pass, das zeigt wie übel die Straße ist. Zwar rumpelt der Van mit guter Federung und ordentlich Bodenfreiheit über die gröbsten Steine und Bodenwellen hinweg, schnell fahren kann man dabei aber nicht. Wie damals im Auto des Gouverneurs Gorno-Badachstans fühle ich wieder nur Erleichterung. Ich bin froh mir diese 12 Kilometer Quälerei erspart zu haben und stattdessen den Rest des Tages dann auf der Hochebene verbringen zu können.

Oben am Pass angekommen lassen mich Bernd und Sabine raus. Die Landschaft ist der absolute Hammer. Was in Jelondy ein beständiger Regen gewesen ist, war hier oben wohl Schneefall, die umliegenden Berge und die Hochebene sind in weiß gehüllt.

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Das Fahrrad ist schnell ausgeladen
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Nur die Taschen müssen wieder eingehängt werden
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Bernd + Abenteuermobil

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Danke euch Beiden!

Verrückt dass ich jetzt zwei Mal den Koitezek-Pass in extremen Wetter erlebt habe. Mit Akbar im Jeep kam es hier zum krassen Schneeregen, nun beim zweiten Besuch zu richtigem Schneefall. Dabei hatte ich bei der Jeepfahrt damals eher Angst, dass ich mir ordentlichen Sonnenbrand hole, die Sonne knallte durch die Frontscheibe und meine Arme brannten von der Hitze. Und nun steh ich im Schnee.

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Allein auf weiter Flur

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Kalt war es jedoch nicht, der Schnee war eindeutig über Nacht gefallen, denn nun hatte es mit etwa 15° C Plusgerade. Klar war dass der Schnee wohl bald verschwinden würde, so nutze ich (und die Baden-Württemberger) die Gelegenheit für eine ausführliche Foto-Session. Die Straße war dabei wunderbar schneefrei, nur die Umgebung war gezuckert.

 

 

 

[Ein Klick auf obige Bilder vergrößert sie! (Besonders das Panorama)]

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Auch als ich auf den folgenden Kilometern ein paar Höhenmeter verlor, sah man ganz deutlich wo die Schneefallgrenze war, denn nun fuhr ich wieder in der kargen Landschaft ohne Schnee.

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Schneefallgrenze
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Erste (ärmliche) Behausung auf dem Pamir

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Traumhafte Straße bis zum Horizont
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Die ich mir allerdings mit ein paar LKWs teilen muss.

Ich war unglaublich erleichtert endlich auf der Pamir-Hochebene angekommen zu sein. Ich war auf 4200 Meter, es ging mal ein paar Höhenmeter wieder runter, manchmal welche rauf. Ich hatte nicht mit Gegenwind zu kämpfen. Die Temperatur pendelte sich bei angenehmen 15-20° C ein. Die Sonne knallte zwar richtig (Höhensonne!), und ich blieb in langärmligen Klamotten um nicht gleich einem fiesen Sonnenbrand zum Opfer zu fallen, aber dafür kühlte der Fahrtwind und die Umgebungstemperatur entsprechend. Ich hatte es tatsächlich auf den Pamir geschafft! In allen Momenten der Vorbereitungen, beim Träumen, bei der Planung, immer hatte ich genau diese Landschaft vor meinem inneren Auge.

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Begrüßungsschild der Verwaltungsprovinz Murghab

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Ich musste noch einen zweiten “Pass” erklimmen, nachdem ich hinter dem Koitezek Pass erstmal ein paar hundert Meter Höhe verloren hatte. Doch mit nur 200 Meter Höhengewinn ging dies relativ schnell und problemlos, auch weil meine Begeisterung mich voran schob. Ab und an musste ich doch Laufen, aber nur um den Beinen eine Abwechslung zu geben, und weil ich auf Stellen mit besonders grobkörnigen Schotter fast keine Traktion hatte.

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Der zweite “Pass” voraus
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Und beim Hochfahren
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Blick zurück
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Und Blick voraus

Es folgten nun noch weitere 38 Kilometer Buckelpiste mit mal schlechtem, mal nicht existenten Asphalt. Akbar hatte einen Teil der Strecke damals als “Trampolin” bezeichnet, mit dem Rad ging das einwandfrei, die LKWs hatten aber auf den aufgefalteten Asphalt keine Freude. Endlich fahre ich dafür mal mit 15 km/h, statt den 10-12km/h der vergangenen zweieinhalb Tage.

Im Kopf singe ich die Zeilen eines Feine Sahne Fischfilet Songs: “Wir wissen, dass die steinigsten Wege manchmal die schönsten sind”.

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Buckelpiste, mir machts Spaß!
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Denen eher nicht so…

 

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Hmm, warum ich hier wohl anhalte? Da ist doch nichts….
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außer einem Wasserrohr und einem Haufen Steinen…
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Überraschung!

Bald darauf kam ich an die Stelle, an der ich ein Wasserdepot angelegt hatte, als ich mit Akbar im Jeep vorbei fuhr. Alles war noch an Ort und Stelle, und auch der Regen der vergangenen Nacht konnte dem nichts anhaben. Dort habe ich dann eine kurze Pause gemacht, es gab eine Packung Kekse und eine Flasche Wasser.

Doch eine richtige Mittagspause wollte ich heute nicht machen, lieber ein bisschen weiter fahren und das traumhafte Wetter und die traumhaften Ausblicke ringsum genießen. DAS ist doch mal eine Veränderung zu den stundenlangen Pausen der letzten Tage.

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Abzweigung nach Bulunkul

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Nach der Pause hatte ich eine der unangenehmsten Begegnungen der gesamten Reise. Bisher waren alle Tadschiken die ich getroffen habe unglaublich freundlich, die Kinder stürzen sich förmlich auf mich und auch die Erwachsenen sind sehr hilfbereit. Auch jetzt sah alles nach Hilfsbereitschaft aus. Am Wegesrand saß ein alter Mann, der wohl die paar Ziegen auf der Wiese vor sich hütete. Ich grüßte im Vorbeifahren, doch als er mir etwas zurief habe ich angehalten und bin wieder zu ihm zurück gefahren. Zuerst gibt es das übliche Palaver, wobei er kein Englisch, ich kein Russisch/Tadschikisch/Pamiri verstehe. Irgendwann die übliche Einladung zu “Choy, Choy?” (Tee) und es wird ein alter Laib Brot geschwenkt. Mit dem Wissen, wie mies dieses vertrocknete Brot schmeckt, lehne ich dankend ab und will mich wieder auf den Weg machen. Der Mann ist in der Zwischenzeit aufgestanden und hat sich auf mich zu bewegt. Erst ist es nur ein Arm um die Schulter, ich nehme es als eine kumpelhafte Verabschiedung, oder der Versuch mich doch noch zum Bleiben zu überreden. Ich habe immer noch das Fahrrad zwischen meinen Beinen und stehe so relativ bewegungseingeschränkt da, will mich zum Weiterfahren bereit machen. Doch eh ich mich versehe ist aus dem Arm um die Schulter ein ekliger Angrabschversuch geworden. Erst glaube ich noch an ein Missverständnis, doch eine Hand auf dem Hintern und eine auf dem Penis, samt heftigen Gegrabsche, lassen wirklich keine andere Lesart zu.

Rabiat schiebe ich so den alten Mann von mir weg und steige in die Pedale, er hat keinerlei Chance mich einzuholen. Eine wirklich surreale Situation. Dies war der erste sexuelle Übergriff, den ich je erlebt habe. Zum Glück war ich in einer einigermaßen sicheren Machtposition. Der alte Mann konnte mir nichts entgegensetzen, es war ein leichtes ihn wegzustoßen (als ich die Situation erst erkannt hatte), ich war ihm auf alle Fälle körperlich überlegen. Zur Not hätte ich ihm vermutlich sogar einen Stein über den Schädel ziehen können. Also eine ganz andere Situation und Kräfteverhältnis als wenn eine Frau* in der U-Bahn oder wo auch sonst eingekreist wird. Eben deswegen, und weil ich es als ein Teil meiner Privilegien begreife, dass ich fast 30 werden musste, bevor ich einen sexuellen Übergriff erlebe, vergeht das Ereignis recht schnell und ist nicht so recht traumatisch. Aber verdammt seltsam war es schon, da sitzt dieser Opa mitten im Nirgendwo und belästigt vorbeifahrende Radfahrer. Verrückte Welt!

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Rechts der Abzweig ins Wakhan-Tal.

Schon bald kam ich an der Abbiegung zum Wakhan-Korridor vorbei. Vor 4 Tagen kamen Akbar und ich hier vom Kargush-Pass runter, ich war noch auf dem nahegelegenen Berg wandern und hier sind wir auf die M41 abgebogen, samt lange nicht mehr gesehenen Asphalt. Nun bin ich bereits auf dem Asphalt drauf, eine Pause mache ich an der Abbiegung trotzdem. Grund dafür sind ein deutsches Fahrrad-Pärchen, die hier auf einem Stein ein wunderbares Mittagessen angerichtet haben und es sich gut gehen lassen. Wie ein professionelles Tour de France-Team haben sie ein Begleitfahrzeug samt Fahrer, der voran fährt, Essen aufbaut und am wichtigsten: Ihr ganzes Gepäck schleppt. So sind die Beiden auf beneidenswert leichten Mountainbikes unterwegs, können die grobstolligen Reifen und die Federung genießen. Doch selbst so ausgerüstet fluchen die beiden über die Anstrengungen der letzten zwei Tage. So lang haben sie nämlich von Langar aus gebraucht um die 50 Kilometer über den Kargush-Pass bis hierher zu kommen. Innerlich beglückwünsche ich mich erneut, das Wakhan-Tal nicht mit dem Rad in Angriff genommen zu haben.

Dankenswerterweise lassen sie mich noch von ihrem luxuriösen Mittagessen kosten, bevor ich mich wieder auf den Weg mache. Wir verabreden uns noch für die kommenden Tage, sie werden mich sicherlich überholen. Lustigerweise verschieben sich unsere Routen dann allerdings so, dass ich ihnen erst am allerletzten Tag meiner Reise in Osh begegne, wo sie sich im selben Hostel einquartiert haben. Man trifft sich immer zweimal im Leben.

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DSC00351Hier oben sehe ich noch einen Falken oder Adler kreisen.

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Beim Blick auf die Karte merkte ich, dass eine von drei “Städten” (ja, die Anführungszeichen sind da mehr als gerechtfertigt) im Pamir, Alichur, nur noch 20 Kilometer entfernt ist. Doch nachdem es bereits 15.30 Uhr war, ich mehr als genug Lebensmittel und Wasser mit mir führte und eigentlich keinerlei Bedürfnis hatte, in einem Homestay einzukehren, beschließe ich nicht mehr so weit zu fahren.

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Potentielles Nachtlager….
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Der Sassikul-See

10 Kilometer vor Alichur ist der Sassikul-See auf der Karte eingezeichnet. Toll, ein See! Innerlich bereitete ich mich auf Sandstrand, einem ordentlichen Bad (3 Tage seit der letzten Dusche in Khorogh), Wiesen und einen entspannten Abend vor. Zum Sassikul-See selber nahm ich eine kleine Nebenstraße, die parallel um ein paar hundert Meter versetzt zur M41 läuft. Vielleicht war dies früher sogar offiziell die M41 und es wurde dann eine neue Straße daneben gesetzt? Keine Ahnung, auf alle Fälle lässt der Belag doch ein wenig zu wünschen übrig.

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Nicht mehr weit zum Ufer

An der Stelle, an der die Straße sich dem Seeufer annähert, biege ich direkt von der Straße ab und schlag mich 300 Meter querfeldein zum See. Der Weg ist ziemlich sandig, und dort wo Wiese anzutreffen ist, ist diese von dem vergangenen Gewitter gestern Nacht ganz schön durchweicht. Auch ein kurzer Blick zum See zeigt, dass ich mir mein abendliches Schwimmen in die Haare schmieren kann: Der See ist voller Algen, zudem schwimmt am Ufer eine fiese Brühe aus Zooplankton rum, denen man so richtig beim Strampeln zuschauen kann. Nein Danke, da bleibe ich lieber dreckig. Hätte ich mal lieber in den Reiseführer geschaut, da finde ich raus, das Sasikkul „Stinkesee“ bedeutet, so werden abflusslose Seen mit Brackwasser auf Kirgisisch genannt. Na Prima!

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Aus der Ferne malerisch
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Aus der Nähe leider nicht so.

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Es gibt, wie bereits zuvor erwähnt, eine Facebookgruppe für Pamir-Highway-Reisende. Ein paar Mitglieder haben eine Landkarte des Pamirs mit Zusatzmeldungen versehen und diese zum Gratis-Ausdruck bereitgestellt. Diese Karte führte ich mit, hätte aber heute Früh auf alle Fälle mal draufschauen sollen. Denn dann hätte ich gesehen, dass für diesen See und dieses Gebiet die Warnung “Lots of mosquitos” eingezeichnet war. So musste ich es auf hartem Wege erfahren. Kaum kam das Rad nahe des Ufers zum Stehen, war ich eingehüllt in einen Schwarm Mücken, wie es selbst schwedische Wälder nicht besser hingekriegt hätten. Nun, endlich mal die Gelegenheit mitgebrachtes Equipment zu testen, so schmeiße ich mir schnell mein wohlbekanntes Moskitonetz über den Kopf. So verhüllt klappt der Zeltaufbau einigermaßen. 30 Gramm Gewicht auf dem Fahrrad, das Mitschleppen hat sich sehr gelohnt!

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Verteidigung!

Nach dem Aufbau rette ich mich ins Innenzelt, schlage ein paar dutzend Mücken tot und kann dann endlich meinen Abend genießen. Im Vergleich zu den bisherigen Tagen bin ich nicht erst um sechs oder halb sieben am Zeltplatz, sondern schon um 16 Uhr. So verbringe ich die Zeit mit der Buchlektüre, schaue Serien und genieße den Blick über den See. Schön ist er schon, schade dass er bei näherer Betrachtung so eine Brühe bereithält.

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In die Richtung geht’s morgen weiter.

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Zum Abendessen gibt es dünne chinesische Nudeln, die leider gar nichts werden. Ich weiß nicht ob ich sie zu früh ins noch nicht kochende Wasser gekippt habe, oder ob es daran liegt, dass das Wasser bei den Höhen sich anders verhält, (Wasser hat in der Höhe einen deutlich niedrigeren Siedepunkt), auf alle Fälle verwandeln sich die Nudeln in eine ordentliche Portion Pampe. Sie kleben so zusammen, dass ich einen stärkehaltigen Block im Topf habe. Schließlich begnüge ich mich damit die Tomatensoße und die Oliven raus zu picken, die Nudeln kommen leider in die Wiese. Rückblickend hätte ich mal nicht die guten Beilagen auf diese Nudeln verschwenden sollen. Wenigstens sind die Taschen wieder deutlich leichter: 400 Gramm Tomatensoße im GLAS, 200 Gramm Nudeln, 350 Gramm Oliven.

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Dreckiges Fahrrad zum Tagesende

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Na gut dachte ich mir, dann gibt’s halt Kekse zum Abendessen, schließlich habe ich davon eine Menge dabei. Ich habe die erste Kekspackung geöffnet und scheinbar steht da auf Kyrillisch die Geschmacksrichtung “Staub mit Asche” drauf. Hustend und nach einem ordentlichen Schluck Wasser verteile ich die Kekse anschließend ebenfalls auf der Wiese, keinen Meter mehr schleppe ich die mit mir. Kein Problem, ich hab ja eine zweite Packung dabei. Beiße in den ersten Keks. Kaffeegeschmack. Ich. HASSE. KAFFEE! Zudem sind diese Kekse ebenso staubig wie die erste Packung und landen deswegen ebenfalls in der Wiese. Somit habe ich 500 Gramm Kekse über 2000 Höhenmeter emporgeschleppt, nur um sie hier den Vögeln und Insekten zum Fraß vorzuwerfen. Vielen Dank auch! Wehe ich finde beim nächsten Markt in der Stadt Murghab nicht was Besseres, nochmal passiert das mir nicht.

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Der Sonnenuntergang entschädigt für die eklige Kulinarik heute Abend, ebenso spannt sich nachts ein toller Sternenhimmel auf.

 

 

 

[Ein Klick auf obige Bilder vergrößert sie! (Besonders das Panorama)]

Bis zur größten Stadt des Pamirs, Murghab, sind es noch 116 Kilometer und ich werde es so handhaben, dass ich morgen so weit fahre wie ich Lust habe, dann ist es übermorgen nur noch eine kurze Fahrtstrecke, von geschätzt 30-40 Kilometern. In Murghab gibt es dann endlich einen Ruhetag.

Entspannt krieche ich später in meinen Schlafsack. Meine Stimmung hat sich um 180 Grad gedreht, ich bin unglaublich froh auf der Hochebene zu sein, genieße die Fahrt hier oben und bin erleichtert nicht mehr 95% des Tages bergauf kriechen zu müssen. Mal 200 Meter aufzusteigen ist ja okay, aber zumindest gibt es so flache Passagen und auch Abfahrten. Hinzu kommt die beeindruckende Landschaft, in der es eine Freude ist zum Radfahren. Mal sehen wie die nächsten Tage so werden.

 

 

[Tag 10] Nimos – Jelondy

17. Juli 2019:

Mit dem Fahrrad 61 Kilometer und 1000 Höhenmeter von Nimos bis nach Jelondy.

 

[Ein Klick auf das Bild vergrößert die Route!]

Nach der bereits beschriebenen miserablen Nacht voller verrückter Träume habe ich der Früh mein Müsli runtergewürgt, so gut es ging und mein Camp abgebaut. Um 8 Uhr war ich abmarschbereit und habe der Familie im Garten noch mal gewunken vor dem Aufbruch. Es war in der Früh schon relativ warm. Nicht das “ich bin am Panj und verglühe”-warm, aber trotzdem merklich warm.

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Mein Schlafplatz für die Nacht
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Die Anwohner sind bereits wach und schon fleißig am Arbeiten.

Heute komme ich an relativ wenigen Dörfern vorbei, man merkt, dass man sich von der Provinzhauptstadt Khorogh entfernt. Der Tagesbeginn läuft relativ gut, die ersten 20 Kilometer verlaufen recht flach und helfen mir so, mich wieder ans Radfahren zu gewöhnen. Doch auch ohne steile Anstiege, “recht flach” bedeutet, dass es trotzdem nach oben geht. Denn ich bin ja in diesem Bergtal und das windet sich konstant bergauf. So fährt man auch keine gemütlichen 18 km/h, sondern klettert mit 12-13km/h bergauf.

Unterwegs treffe ich ein Schweizer Pärchen in einem Jeep, bei einem kurzen Plausch erzählen sie mir, dass ein Radfahrer aus Stuttgart etwa 20 Kilometer vor mir ist. Wie schon bei meiner Nordkappreise bedeutet dies, dass ich ihn wohl nie zu Gesicht bekommen werde, so große Abstände werden in der Regel nicht eingeholt, außer die vordere Person macht einen Ruhetag. Auch ihre weiteren Erklärungen waren nicht sonderlich hilfreich. “Der richtig toughe Teil kommt ja erst noch, bis jetzt war alles einfach” hilft mir als Aussage halt null. Ich hatte nicht dezidiert nach dem weiteren Streckenverlauf gefragt und finde es daher unangebracht mit solchen Aussagen mich zu demotivieren.

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Blick Tal-Abwärts
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Blick Bergauf

Die Ausblicke auf das Tal bleiben weiterhin schön, die Beine sind aber noch ein wenig Gummi-artig. Die Pause in Khorogh führte nämlich auch dazu, dass die Beine sich soweit erholten, dass jetzt wieder der Muskelkater einsetzen kann nach der Erholung. Zudem habe ich heute damit begonnen Medizin gegen Durchfall einzunehmen. Ich hatte davor die Hoffnung, dass dies von alleine verschwindet, aber bisher hat sich keine Besserung eingestellt. Bald bin ich auf dem Pamir Plateau ohne jegliche Bäume, da wäre es natürlich von Vorteil wenn ich nicht dauernd nach einem großen Stein Ausschau halten müsste. 😉

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Immer wieder Brücken zu Siedlungen auf der anderen Flussseite

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Nach 30 Kilometern gibt es die erste Pause. Die letzten Kilometer waren relativ steil und ich dadurch ganz schön fertig, da kam ein Magazin am Wegesrand gerade recht. Habe mir da erstmalig eine “RC Cola” gekauft, die wohl eine amerikanische Marke ist, sie haben aber das Rezept nach Russland lizensiert und so findet man diese Cola wirklich überall in Tadschikistan (und Kirgistan). Auch wenn die noch süßer ist als Coca Cola, sie ist für mich zum Glück trinkbar. Nicht lecker, aber besser als die Warnungen, die ich im Voraus erhalten hatte. Leider gab es dort auch nur Literflaschen, ich hatte also auch nach der Pause im Schatten noch genug Zuckerwasser zum Mitschleppen.

Ein paar Kilometer wollte ich noch schaffen bis zur Mittagspause, angedacht war es 40 Kilometer vor der Pause hinter mich zu bringen. Aber dann kamen einfach keine guten Pausenmöglichkeiten. Schattenspendende Bäume hatten sich plötzlich in Luft aufgelöst. So habe ich mich weiter gequält, auch die Temperaturen kamen nun langsam in einen unangenehmen Bereich. Nach 4 Stunden Fahrt, um 12 Uhr, entdeckte ich ein kleines Wäldchen neben der Straße. Wäldchen klingt schön lieblich, es waren aber verdörrte, stachelige Bäume und Büsche, bei denen es ziemlich schwer war einen Schattenplatz zu finden, der mich nicht aufspießt. Da der Wald direkt am Fluss dran lag, hatte ich zumindest die Hoffnung ein beschattetes Plätzchen am Wasser zu finden. Wenn man erst den Einstieg über allerlei dornenbewehrte Wiesen geschafft hatte, konnte man dann tatsächlich auf Steinen sitzen und die Beine ins Wasser halten. Längerfristig ist ein Sitzplatz auf kantigen Steinen jedoch nicht das Wahre, ich habe zweimal versucht in der Nähe des Fahrrads auf dem Boden zu schlafen, dies war jedoch noch unbequemer und so habe ich den Versuch aufgegeben und mich wieder ans Ufer begeben.

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Die Mittagspause habe ich ganz schön in die Länge gezogen, dabei hatte ich keinerlei Lust den Kocher aufzubauen und wieder so erfolglos auf einer Portion Ramen-Nudeln rumzukauen wie gestern. So entschließe ich mich meine Packung Kekse aufzubrauchen, verbunden mit einem Snickers-Riegel und dem Rest der RC Cola ist dies ein diabetes-lastiges Mittagessen. Zumindest kriege ich dies einigermaßen reingewürgt, obwohl mir schon wieder leicht schlecht ist.

Insgesamt war die Mittagspause nicht so recht erholsam. Zu allem Überfluss fängt irgendwann meine untere Körperhälfte an zu kribbeln, in etwa dasselbe Gefühl, als wenn ein eingeschlafenes Körperteil gerade wieder durchblutet wird. Dies hörte auch bis abends nicht mehr auf, ich vermute damit war es eine der Folgen der Höhe, schließlich war ich nun deutlich über 3000 Höhenmeter aufgestiegen. Erst nach der Nacht im Zelt fühlten sich die Beine wieder völlig normal an.

So liege ich mit kribbelnden Beinen im Halbschatten in der Hitze und habe wirklich wenig Lust mich fortzubewegen. So freue ich mich auf alle Fälle die Hochebene morgen zu erreichen, da wird es deutlich kühler sein und ich muss nicht mehr 3-4 Stunden pausieren um der Mittagshitze zu entgehen. Vorallem weil ich jetzt immer Pause mache bis 16 Uhr, dann weiterfahre bis 18.30 Uhr und dann bleibt etwa eine Stunde zum Zeltaufbau, Essen machen und dann ist es schon wieder dunkel. Ich fände es schön mal abends ein paar Stunden am Zeltplatz entspannen zu können, zu faulenzen und dann irgendwann in Ruhe Essen zu kochen.

 

Die Weiterfahrt geht schleppend voran. Die Kraft in den kribbelnden Beinen habe ich wohl bei der Mittagspause liegen gelassen und so mühe ich mich auf den noch verbleibenden 150 Höhenmetern bis Jelondy ganz schön ab. Hinzugekommen ist wieder die Übelkeit und so rutsche ich am Nachmittag in einen ganz schönen Tiefpunkt der Reise. Morgen steht ein ganz schöner Anstieg bevor und so hatte ich bereits beim Mittagessen beschlossen, dass ich morgen notfalls einen Truck wieder anhalte und mich hochkutschieren lasse, wenn es nicht geht. Nun aber, da ich mich empor kämpfe, spielt mir mein Gehirn allerlei Szenarios vor. Selbst der Versuch einen Lastwagen zu finden, der mich ganz bis Osch in Kirgistan bringt und den Rückflug zwei Wochen vorzuziehen, wird als Option erwogen.

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Blick Talaufwärts
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Schlechtes Wetter kündigt sich an

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Blick zurück

Doch irgendwann setzt die Vernunft wieder ein. Wenn ich erstmal auf der Pamir-Hochebene bin, wird es deutlich flacher, zudem wird die Übelkeit sicherlich aufhören wenn ich in kälteren Gebieten fahre. So schaffe ich es, diese negativen Gedanken, in die man sich auch ganz schön reinsteigert, wieder zu verdrängen. Unterwegs treffe ich noch eine Gruppe Deutsche, die sich einen Jeep gemietet haben und morgen in dieselbe Richtung fahren wie ich. Wir vereinbaren, dass sie zumindest mal anhalten, und sollten sie Platz haben, nehmen sie mich auf den Pass mit rauf. Verbunden mit diesem Hoffnungsschimmer bessert sich meine Laune ungemein.

Spannenderweise hört abends meine Übelkeit wieder auf. Auch kommt ein starker Wind auf, der zuerst als starker Rückenwind mich voran drückt, nur um dann zu drehen und als fieser Gegenwind mir ins Gesicht zu blasen. Voraus blicke ich zudem in dunkle Wolken, es kommt eine Gewitterfront auf mich zu. So krebse ich mit 5-6km/h den Berg hinauf, es ist plötzlich auch Eiskalt geworden. Bis nach Jelondy sind es nur noch 3 Kilometer, so heißt es Zähne zusammen beißen und durch!

Ich treffe noch einen polnischen Radfahrer, der in die Gegenrichtung unterwegs ist, und nun mit Rückenwind ins Tal schießen kann. Im Gegensatz zum Schweizer Pärchen heute Mittag macht er mir Mut für die weitere Reise. Der Anstieg zum Koitezek Pass sei relativ graduell und damit gut machbar.

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Jelondy, eine kleine Ansiedlung am Fluss. Ich werde heute die Nacht bei den großen Bäumen in Bildmitte verbringen.
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Hier die zweite Hälfte des Ortes, ziemlich winzig.

Endlich komm ich abends in Jelondy an. Der winzige Ort hat ein-zwei Homestays und ein heruntergekommenes Hotel, sonst stehen da ein paar Häuser rum. Ich habe erst den ganzen Ort durchquert und wollte erst in Richtung Ortsausgang das Zelt aufbauen. So würden mich morgen die Deutschen im Jeep nicht übersehen können, wenn ich mich auf den Weg mache. So frage ich bei einer tadschikischen Familie mit Zeichensprache, Gesten und meinem Ohne-Wörter-Wörterbuch nach, ob ich in ihrem Garten mein Zelt aufbauen kann, was mir prompt erlaubt wird. Windgeschützt zwischen Bäumen und einer Steinmauer war das auch ein gutes Plätzchen, denn der Wind wütet immer noch ganz schön.

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Blick auf die Wegstrecke, die morgen ansteht. Jetzt Abends ist das Wetter auch wieder ein wenig freundlicher.

Der Windschutz hilft auch beim Kochen, heute Abend gibt es rote Linsen, Dosenmais und eine kleingeschnittene Karotte. Zum ersten Mal seit dem Start der Reise schmeckt mir mein gekochtes Essen. War es bisher der Gedanke “du musst das jetzt Essen, du brauchst die Kalorien, denk an ein Schnitzel und würge dir die Nudeln irgendwie rein”, habe ich heute den kompletten Topf Linsen in mich reingeschaufelt und fühle mich richtig pappsatt. Ursprünglich hatte ich mal geplant die Hälfte der Portion morgen zum Mittagessen zu mir zu nehmen, nun das war wohl nichts 😉 Dafür war das Gefühl, mal endlich ohne Übelkeit eine Mahlzeit zu genießen total motivierend. So kann es weitergehen! Ich habe neben Linsen auch noch ein paar Mahlzeiten aus Deutschland dabei, Kartoffelbrei und Kartoffelknödel. Gedacht waren diese Mahlzeiten als Belohnung für anstrengende Abschnitte, oder wenn ich das tadschikische Essen nicht mehr sehen kann. Beruhigt mich in irgendeiner Form, zu wissen, dass ich dieses Essen für den Notfall noch dabei habe.

Generell merke ich einfach wie anstrengend diese Reise ist. Auf meiner Tour zum Nordkapp bin ich in der Früh später gestartet und hatte abends im Zelt immer noch Lust und Muße allerlei zu lesen, Filme zu schauen, Blog zu schreiben etc. Hier in Tadschikistan schaffe ich es um halb 9 kaum die Augen offen zu halten, bevor ich um 9 Uhr spätestens Einschlafe.

Hatte es beim Abendessen schon leicht getröpfelt, regnet es in der Nacht heftig und nahezu durchgängig. Ich hoffe mein Rad ist nicht allzu sehr eingeschlammt, denn sonst werde ich Probleme haben, eine Mitfahrgelegenheit auf den Pass zu finden, wer nimmt schon ein richtig dreckiges Rad mit?

 

[Tag 9] Khorogh – Nimos

16. Juli 2019:

Mit dem Fahrrad 68 Kilometer und 1500 Höhenmeter von Khorogh entlang des Flusses Gunt.

 

[Ein Klick auf das Bild vergrößert die Route!]

Ich komme heute Früh einfach nicht aus dem Knick. Hatte das Frühstück für 7 Uhr bestellt und beschließe dann einfach ein bisschen länger auf der Terrasse zu sitzen und es ruhiger angehen zu lassen. So kann ich auch länger den traumhaften Blick über den Fluss und auf die Berge genießen, den ich am meisten vermissen werde.

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Letztes Frühstück auf der Hotel-Terrasse

Anschließend packe ich mein Zeug aufs Fahrrad, und verabschiede mich von dem Ehepaar die das Hotel besitzen. Sie waren wirklich unfassbar nett und sehr, sehr hilfreich. Auch haben wir über die Tage eine Vielzahl an spannenden Gesprächen geführt und ich fühle mich ihnen doch ein wenig verbunden. Sollte jemand von euch nach Khorogh kommen, steigt auf alle Fälle im Hotel Zarya ab!

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Mir scheint, der Hotelbesitzer würde am liebsten mitkommen

Ich merke, dass mir der Aufbruch heute schwer fällt. Die ganzen negativen Gedanken über den nächsten Streckenabschnitt lasten auf meinen Schultern. Vor meinem inneren Auge, und mit dem Wissen von der Jeepfahrt gestern, verwandelt sich der Weg in eine 15%-ige Steigung für die nächsten 200 Kilometer. Kurz vor dem Ortsausgang in Khorogh kommt man noch einem aufgebockten LKW auf einem Denkmal vorbei. Dieser LKW war in den 1930er Jahren der erste LKW, der den gerade fertig asphaltierten Pamir Highway von Kirgistan aus absolvierte und hier in Khorogh bejubelt wurde. Ein wenig Trotz setzt nun ein. Wenn diese beladene Karre es vor 90 Jahren geschafft hat, dann werde ich das doch auch hinkriegen. Oder?

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Spannenderweise klappt es dann auch ganz gut. Die Beine haben nach den Ruhetagen (selbst nach der Bergtour gestern) wieder Power, und schnell habe ich eine steile Anhöhe erklommen, wo ich nun durch zahlreiche Lawinenschutztunnel fahre. Ich erinnere mich noch genau wie ich gestern im Auto von hier oben bergab blickte und dachte “das wird nie klappen mit dem Rad”. Hat es aber. Mit diesem Wissen versuche ich die nervigen kleinen Angstmacher im Gehirn verstummen zu lassen und mich auf den weiteren Weg zu konzentrieren.

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Die Lawinentunnel

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Hochmodern…
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Sowjetische Ikonographie

Ich frage mich in solchen Situationen immer, warum mein Gehirn sich so oft für “Panik!”, “Überreagieren!” und “Selbstzweifel!” entscheidet. Im Nachhinein fühlt es sich dann alles nicht so wild an, und zumeist klappt es ja dann auch einwandfrei. Aber warum ich gestern voller Sorgen über den heutigen Fahrtag im Bett liegen musste, statt einfach die letzten Stunden meines Ruhetages zu genießen, das versteh ich nicht und es ärgert mich ganz gehörig. Vielleicht hilft es ja diese Reise zu absolvieren, vielleicht versteht mein Gehirn dann, dass es nicht dauernd Panik schieben muss.

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Der Plan für die nächsten Tage/Wochen ist absehbar: Via Murghab (311km) nach Osch (728km) in Kirgistan.
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Und dabei erstmal immer bergauf in diesem Tal.

Ich genieße jetzt einfach das Vorankommen. Die Landschaft ist schön, ich steige heute und morgen entlang eines Tales immer höher, immer am Fluss Gunt entlang. Die Berge an den Seiten des Tales haben noch ein wenig Schnee auf der Spitze und auch die Autos halten sich hier brav an die Verkehrsregeln und überholen zumeist mit gebührendem Abstand. Generell sind es gar nicht so viele Autos, auf der Strecke bis Khorogh gab es eindeutig mehr Verkehr. So kurbele ich mich einfach voran, jede Pedalumdrehung bringt mich höher. Stellenweise hört der Asphalt auf und es fährt sich dann doch deutlich buckliger, aber in der Mehrheit bin ich auf der geteerten Straße unterwegs.

Nach 25 Kilometern mache ich eine kleine Verschnaufspause am Dorfbrunnen, drei Anwohner-Kinder kommen verstohlen vorbei um mich zu begutachten. Nach 2 Minuten verschwinden sie wieder, die Älteste kommt aber nach ein paar Minuten wieder um mir Früchte zu überreichen, die sie für mich vom Baum gepflückt hat.

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Geschenk von den Kindern

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Ich habe keine Ahnung wie die Früchte heißen, hätte ich nicht vor ein paar Tagen im botanischen Garten gelernt dass diese essbar sind, hätte ich gar nicht gewusst was ich damit anzufangen habe. Leider waren die Früchte nicht wirklich reif, aber die Geste zählt und hat mich sehr berührt.

Gestartet bin ich um 8.30 Uhr und fahre bis kurz vor 1 Uhr, was ein bisschen zu lang ist, aber es kamen keine Stellen wo ich mich für eine Mittagspause niederlassen wollte. Zumindest schaffe ich so bis dahin auch 45 Kilometer. Ein ganz schönes Erfolgserlebnis, schließlich hatte ich mir gestern in der Navi-App bereits Campingplätze nach 40 Kilometern Wegstrecke eingetragen, einfach weil ich annahm ich würde es nicht weiter schaffen.

Kurz vor dem Pausenplatz hatte ich noch die Bekanntschaft gemacht mit dem ersten Kind das mich nach “Money, Money” recht aggressiv anbettelte, mich festhielt und nicht weiterfahren lies. Dies als ein eklatanter Gegensatz zu den bisherigen Kindern auf Tour, die eher begeistert meine Fahrt unterstützten. Das bettelnde Kind kann ich beschwichtigen und als er versteht dass ich ihm nichts gebe, außer einem Keks aus meiner Lenkertasche, zieht er auch von dannen.

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Mittagspause

Meine Raststelle ist der Schatten unter einem Baum direkt an der Straßenböschung. Es fließt noch ein kleiner, kaum 20 Zentimeter breiter Bach vorbei, kaum die Rede wert. Trotzdem ganz praktisch um später Topf und Geschirr zu waschen. Nach Ankunft lege ich mich erstmal eine halbe Stunde für einen Mittagsschlaf ins Gras, erst anschließend mache ich mich daran Ramen-Nudeln zu kochen. Das Kochen funktioniert noch gut, aber dann verändert sich die Stimmung des Tages leider wieder. Denn als die Nudeln verzehrfertig sind ist mir wieder extrem schlecht und mehr als ein paar Bissen kriege ich nicht rein.

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Wenigstens ein schöner Ausblick

Ich bin unglaublich frustriert, habe ich mich doch den ganzen Morgen den Berg hochgekämpft, hatte sowieso schon Bauchweh und Durchfall, und jetzt kommt wieder diese ätzende, mich lähmende Übelkeit dazu. Ich weiß dass ich Essen muss und genug Energie brauche um weiter zu strampeln. Mein kleines Panik-Monster im Hirn sagt mir, es laufe jetzt genau wie die erste Woche, genau dieselben Probleme noch mal. Mühsam kämpfe ich mich Bissen für Bissen durchs Mittagessen, immer darauf bedacht an etwas anderes zu denken. Wer mich kennt weiß, dass ich eigentlich immer Essen kann, aber ausgerechnet hier, wo es notwendig wäre, hier geht’s dann nicht mehr.

Nach dem Mittagessen will ich mich noch an einer praktischen Basteleinheit versuchen. Ich hatte bereits am Vormittag gemerkt, dass das Ladegerät, welches am Fahrraddynamo hängt, nicht das Telefon lädt. Nach ein wenig Gekrabbel auf allen Vieren ist der Übeltäter dann schnell gefunden. Der Stecker hat sich gelöst, als ich das Vorderrad für die Mitfahrt im Jeep des Gouverneurs abnehmen musste und so fließt kein Strom. Ein paar Handgriffe später ist das auch behoben.

Abschließend schaue ich noch eine Serie auf dem Telefon, das hilft von der Übelkeit abzulenken. Nach drei Stunden Pause, die geholfen haben die Mittagshitze zu umgehen, quäle ich mich mit dem Rad weiter. Wenigstens ist die Mittagshitze nicht mehr ganz so extrem wie noch am Panj die letzte Woche. Bei der Mittagspause im Schatten des Baumes zeigte mein Thermometer 27° C an, das fühlt sich schon fast kühl an. Auch bei der Weiterfahrt merkt man, dass die Sonne spätestens um 17 Uhr an Kraft verliert und die Fahrt dadurch deutlich angenehmer ist.

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Nur an wenigen Stellen hört heute der Asphalt auf.

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Ich habe vor nur noch weitere 25 Kilometer hinter mich zu bringen und dachte, dies wäre in entspannten zweieinhalb Stunden zu absolvieren. Die geplante Zeit kann ich auch einhalten, lediglich der Entspannungsfaktor hält sich sehr in Grenzen. Ich kämpfe mit den Magenproblemen und der Übelkeit, leider hilft nicht mal Musik als Ablenkung.

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Blick zurück
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Und Blick voraus

Ich komme an zwei tadschikischen Magasin (=Tante-Emma-Läden) vorbei. Das erste führt leider kein Trinkwasser, das zweite ebenfalls nicht, ist eher ein Café. Doch davor sitzt eine Männergruppe und schnell steht ein Stuhl für mich bereit und ich werde eingeladen mich an ihrem Mahl zu beteiligen. Die angebotenen Wassermelonen-Scheiben nehme ich gerne, beim gebratenen Stockfisch passe ich doch lieber, mir kommt schon beim Gedanken daran die Galle hoch. Den kleinen Schluck Vodka nehme ich dann wieder, rede mir ein der würde als interne Desinfektion Wunder wirken. Defacto ist mir danach genauso schlecht wie davor, aber ein Versuch war’s wert.

Erst das dritte Magasin hat dann Wasser, leider nur Mineralwasser, aber ich kaufe doch mehrere Flaschen. Der Mund wird durch den aufgewirbelten Staub wieder trocken, und wenn man nicht alle paar Minuten was trinkt, so habe ich das Gefühl die Zunge klebt regelrecht am Gaumen, verbunden mit dem ekligen Würgegefühl. Besonders in der Nacht merke ich immer wie ausgetrocknet ich bin. Wenn ich erst in Ruhe im Zelt liege, wächst der Durst ins Unermessliche. Hätte ich genug Wasservorräte dabei, ich würde abends im Zelt immer Liter um Liter in mich hinein schütten.

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Harter Job: Straßenmeisterei bei den Temperaturen
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Gut erhaltene Busstation..
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aus der Sowjetzeit

Ich bin ziemlich stolz als ich die 70 Kilometer heute erreiche, hätte ich gestern Abend oder heute früh vor dem Losfahren nicht von mir erwartet. Fantastische, versteckte Zeltplätze finde ich hier allerdings nicht, und so frage ich eine Bauernfamilie am Wegesrand, ob ich in ihrem Garten mein Zelt platzieren darf. Die Familie versteht leider nicht im Geringsten was ich von ihnen will, so kommt wieder mein Langenscheidt Ohne-Wörter-Wörterbuch zum Einsatz. Bin sehr dankbar das kleine Büchlein gekauft und mitgeschleppt zu haben.

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Die Schatten werden länger, Zeit einen Zeltplatz für heute Nacht zu finden.

So ganz verstehen sie immer noch nicht warum ich jetzt bei ihnen zelten will, lassen mich aber gewähren. So stelle ich mein Zelt (taktisch unklug) neben dem Kuhstall auf, 50 Meter von ihrem Haus entfernt. Abends kommt noch mal richtig Wind auf, eine Erfahrung die ich die nächsten Tage immer wieder machen werde. Daher bin ich froh hinter einer Baumreihe geschützt zu sein, wird sicherlich schwieriger wenn in Zukunft nur flache Ebene vorherrscht, mal sehen wo ich da mein Zelt platzieren kann. Der Zeltaufbau heute dauert ewig, doch schlussendlich schmeiße ich mein übriges Zeug ins Zelt und klettere hinterher. Eine halbe Stunde Schlaf gönne ich mir nun auf der Isomatte bevor ich mich ans Kochen mache. Zum Glück kann ich mich dafür losreißen, denn im komplett dunklen zu kochen wäre deutlich anstrengender, vorallem da ich Gemüse klein schneiden muss. Das ich langsam eine beachtliche Höhe im Pamir Gebirge erreicht habe merke ich daran, dass ich Ewigkeiten vor dem Kocher verbringe, das Wasser aber nie richtig kocht. In der Höhe verschiebt sich der Siedepunkt nach unten, es dauert trotzdem. Ein wenig Sorgen über den Gasverbrauch mache ich mir bei solchen langen Kochsessions ja schon, aber bisher bin ich immer noch auf der ersten von zwei Gaskartuschen, die ich im Green House Hostel in Duschanbe mitgenommen habe. Und sollte das Gas ausgehen, dann muss ich halt Benzin kaufen, zumindest eine Tankstelle findet man in jedem größeren Dorf.

Als ich die Nudeln endlich so einigermaßen durchgekocht kriege, sitze ich auf einem schönen Baumstamm, blicke auf einen wunderbaren Sternenhimmel und versuche ein wenig missmutig das Abendessen in mich rein zu zwingen. Ablenkung schaffen  neben den Sternen auch die Bergkette, die nun vom aufgehenden Mond bestrahlt wird.

Anschließend liege ich um halb 10 wieder im Schlafsack. Ich hatte gestern Nacht 8 Stunden geschlafen, heute in der Mittagspause noch eine halbe Stunde und nach Ankunft am Zeltplatz noch mal dieselbe Zeitspanne. Trotzdem kann ich nun kaum einen klaren Gedanken fassen.

Nach zwei mühsamen Seiten auf dem Kindle gebe ich auf und schlafe auch fast sofort ein.

Die Nacht ist dann geprägt durch zahlreiche verwirrende Träume, die mir wie eine Art Fieberwahn vorkommen. Dauernd muss ich durch verschiedene Straßen laufen, die verschiedene Eigenschaften und Funktionen haben, manche geben mir Wasser, manche helfen beim Schlafen, andere bringen mich in die Höhe. Die Strapazen des Tages kann mein Gehirn also nicht so recht verarbeiten. Ob dies nun die Erschöpfung ist, oder auch die Höhe eine gewisse Rolle spielt weiß ich leider nicht. Ich weiß nur, dass ich immer wieder zwischendrin aufwache und weiß, dass ich gerade Bullshit träume, nur um direkt dort wieder anzuknüpfen nach dem Wegdösen. Entspannung geht anders!

Dennoch kann ich stolz auf die vollbrachte Leistung des Tages sein. Obwohl ich mich am Nachmittag so elendig fühlte, ich habe auf den 70 Kilometern von Khorogh (2000m) bis zum Zeltplatz 800 reine Höhenmeter bergauf zurückgelegt, bin also auf knappen 2800m angekommen. Insgesamt waren es heute gar 1500 Höhenmeter laut GPS, ging es doch schließlich an einigen Stellen ganz schön wellig auf und ab. Für morgen habe ich eine Strecke mit “nur” 650-700 Höhenmetern geplant. Im Gegensatz zum Start in Khorogh traue ich mir das nun sicher zu, auch wenn ich wünschte meine ganzen Krankheitsgefühle würden langsam verschwinden.

 

[Tag 8] Wakhan-Tour bis Khorogh

15. Juli 2019: Von Hisor durchs Wakhan-Tal, über Kargush-Pass und die M-41 zurück nach Khorogh per Jeep (Tag 2 von 2)

~280 Kilometer per Jeep. Außerdem 2,5km und 480 Höhenmeter zu Fuß zum Ausblickspunkt.

Ich hab gut geschlafen, obwohl ich gestern einfach nur komplett angezogen ins Bett gefallen bin und mir im Laufe der Nacht mir irgendwann die Daunenjacke als Decke über geschmissen habe. Frühstück gab es dann wie bereits erzählt pünktlich um 6.30 Uhr, weil Akbar um 7 Uhr los wollte. Rückblickend bin ich im dafür auch sehr, sehr dankbar, doch die Gründe dafür sollten sich erst im Laufe des Tages herausstellen. Das Frühstück war karg, es gab das trockene Brot vom Abendessen und ein wenig Marmelade, das Omelette habe ich umgangen. Dazu gab es auch noch zwei verkohlte Pfannkuchen. Trotzdem war ich ganz glücklich mit dem Homestay, besonders da mein Zimmer echt schön war. Mit 190 Somoni (=19€) mit Abstand überteuert, besonders verglichen mit meinen weiteren Unterkünften der Reise, aber nun gut es war wohl der Touristenpreis so abgelegen im Wakhan-Korridor.

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Hisor am Morgen

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Nachdem wir das Auto wieder Beladen hatten ging die wilde Fahrt weiter nach Osten, weiter im Wakhan-Tal. In Langar kamen wir an der Einstiegsstelle für die Wanderung zum Pik Engels vorbei, ein wenig wehmütig, dass es für die Wanderung nicht reicht, bin ich ja schon. Aber andererseits dann doch froh, nicht die nächsten 10 Stunden Bergsteigen zu müssen.

Hinter Langar steigt der Weg gleich richtig an. Langar selber liegt auf 2800m, nach ein paar Serpentinen hinter dem Dorf verwandelt sich der Weg in groben Schotter und klettert immer höher am Berg hinauf. In dem Moment wird mir zum wiederholten Male klar, wie froh ich eigentlich bin, hier nicht mit dem Rad lang zu müssen.

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Es geht steil bergan.

 

 

 

 

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Auch auf afghanischer Seite. Hier ist die letzte befestigte Grenzbrücke nach Afghanistan zu sehen, auch diese mit militärischen Umzäunungen auf beiden Seiten
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Offensive Werbung um Tourist_innen einzufangen wird man hier vergeblich suchen.
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Blick zurück, wir sind seit Hisor/Langar schon ein wenig geklettert.
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Afghanistan
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Afghanistan
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Der afghanische Weg wurde frisch durch einen Erdrutsch verlegt
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Blicke in den Hindukusch

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Stellenweise sieht das Wetter auf der anderen Seite übel aus.

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Der Panj hat sich nun ziemlich tief in den Felsen gegraben, der Ausblick erinnert an eine Miniaturversion des Grand Canyon, schroff läuft der Fluss in seiner Rinne, manchmal verliert man ihn komplett aus den Augen.

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Panj im Canyon

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Nicht an einen Absturz denken, nicht an einen Absturz denken, nicht an…
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Je höher wir kommen, desto weiter reichen die Blicke in den Hindukusch

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Wenig später, in dem was nun als der obere Flusslauf des Panj bezeichnet werden kann, mäandert der Panj lieblich dahin. Weg ist der Wasserdruck der vergangenen Tage, der natürlich auch durch die zahlreichen Zuflüsse und Gefälle entstanden ist. An manchen Stellen kaum mehr 5 Meter breit fließt der Fluss ansehnlich dahin. Auch die Wassertiefe hat abgenommen, an manchen Stellen erscheint er kaum mehr Knietief.

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Der Panj erscheint jetzt zahmer.

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Auch wenn er hier noch ziemlich breit ist….

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… ein paar Kilometer später käme man wohl ohne größere Anstrengungen auf die andere Seite.
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Einzelne Unterkunft auf afghanischer Seite.

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Umso verlockender ist nun der Blick rüber nach Afghanistan. Kaum eine Minute Anstrengung im Fluss und man könnte afghanischen Boden berühren, es wäre ganz leicht. Da ich aber nicht auf die Gastfreundschaft des afghanischen Grenzschutzes zählen dürfte, so ganz ohne Visum, bleibt die Idee ein kleines Leuchtfeuer im Gehirn, ohne konkrete Umsetzung. Zudem habe ich nur ein Single-Entry-Visum für Tadschikistan, sie könnten mir also bei der Querung zurück die Wiedereinreise verweigern, dann wäre ich wirklich aufgeschmissen! Hätte ich jetzt nachts hier mit dem Zelt an einem die tausend kleinen Grasstreifen direkt am Fluss campiert, ich könnte nicht garantieren ob ich nicht doch einen kurzen Abstecher zum anderen Ufer gemacht hätte. Im Vorbeifahren mit dem Auto muss die Idee aber beerdigt werden. Ist wohl auch besser so, einen afghanischen Abschiebeknast will ich nicht von Innen sehen müssen.

Der Weg klettert immer weiter, teilweise geht es auf abenteuerlich befestigter Piste auch an Flüssen vorbei, die direkt von den schneebedeckten Bergen ins Tal rauschen. Irgendwann kommt man an der Kargush Militärbasis samt Checkpoint vorbei, wo nach langer Zeit mal wieder das Visum kontrolliert wurde.

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Der letzte Blick auf den Panj, der mich die letzte Woche lang begleitet hat. Ab nun werde ich mich von der afghanischen Grenze entfernen. Hier oben sieht der Fluss auch eher nach einem Bachlauf aus.

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In Bildmitte die Kargush Militärbasis
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Warten am Checkpoint

Kargush-Pass ist im Winter unpassierbar, und erst im späten Frühjahr trauen sich Autos hier wieder hoch. Ich kann es nachvollziehen, unglaublich schroff erscheint mir die Gegend. Der Blick nach Osten wandert in den Zorkul Nationalpark, viel sieht man allerdings nicht. Ein Besuch des Nationalparks hatte ich in der Planungsphase auch mal angedacht, allerdings braucht man dafür ein Extrapermit und da scheint es wohl richtig Einsam zu sein. Reiseberichte sprachen davon in vier Tagen keiner Menschenseele begegnet zu sein, zudem ist der Weg angeblich richtig grottenschlecht, eine Fahrradpanne dort wäre wohl äußerst unangenehm und folgenreich. Doch auch der Blick am Checkpoint beschert mir eine leichte Gänsehaut: Schneebedeckte Berge reihum und das Gefühl, hier wirklich an einem wenig besiedelten Bereich der Erde angekommen zu sein.

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Steil bergauf
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In Richtung Kargush Pass

Nach der Militärstation geht der Weg weiterhin nur in eine Richtung: Steil Bergauf! Das Auto keucht und stöhnt, doch im Gegensatz zu gestern wartet es nicht mit weißem Rauch unter der Motorhaube auf. Besser so, denn auf uns und den Jeep wartet nämlich ein Pass, doch davor gibt es kurz nach dem Checkpoint einen Höhepunkt für mich: Das Navi springt von 39xx auf 4000m um! Das erste Mal im Leben bin ich auf 4000 Metern angekommen.

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Kargush Pass selber liegt dann auf 4344 Metern. Das sind ganze 1500 Meter höher als wir heute Morgen noch in Langar waren. Somit ein ähnlicher Höhengewinn wie meine Passüberquerung am ersten und zweiten Reisetag, als es hinter Kulob zum Berggipfel ging. Bloß dass es dort auf 2000m Gesamthöhe ging, hier am Kargush Pass ist die Luft natürlich deutlich dünner. Optimal ist es von der Höhenanpassung her ganz sicher nicht, da sagt die Medizin-Richtlinie dass man mehr als 500 Höhenmeter Zugewinn pro Tag vermeiden sollte. Doch ich tröste mich damit, dass ich heute Abend in Khorogh wieder auf 2000 Metern Höhe bin, und dass mein Körper das sicherlich verkraftet.

Nun, es hilft vermutlich, es sich so schönzureden, besonders da nun noch was ansteht: Der Pass ist an sich relativ unspektakulär, zwei kleinere Seen kommen in den Blick. Doch es gibt einen wundervollen Aussichtspunkt auf dem Berg direkt östlich des Kargush Pass. Eingezeichnet ist dieser sogar in meiner Landkarte, und da er 360° Aussichten verspricht, kann ich mir den natürlich nicht verkneifen. Ein wenig schwierig ist es Akbar meinen Wunsch zu vermitteln, auch weil er wohl hoffte einfach schnell nach Khorogh weiterfahren zu können. Doch irgendwann hat er es verstanden. Er gibt mir 2,5 Stunden Zeit zum Wandern, wenn ich in 3 Stunden nicht wieder da bin, kommt er mich suchen. Diese Zeiten gebe ich ihm vor, er ist ein wenig bedröppelt, da er mir ursprünglich eine Stunde zugestehen wollte. Aber hilft ja nichts, in einer Stunde erreiche ich den Gipfel nicht und dafür wird er ja bezahlt.

Akbar bleibt im Auto zurück, ich mache mich querfeldein auf in Richtung Berg, da ich keinen Weg sehen konnte. Im Nachhinein weiß ich, man hätte einfach dem vertrockneten Flusslauf bis oben folgen sollen, so kämpfe ich mich auf teilweise steileren Stellen bergauf. Schneller war diese Route nicht unbedingt, auf losen Schotter komme ich nur mühsam voran. 2 Schritte vor, einen wieder zurück. Ich warte die ganze Zeit darauf wie mein Körper wohl auf die Höhe reagiert. Die Berichte zu rasenden Kopfschmerzen und Übelkeit spuken mir im Hirn herum, ebenso die Erklärungen meiner Ärztin zu Effekten des Hirnödems oder eines Lungenödems.

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Da geht es jetzt hoch!

Doch davon kriege ich zum Glück nichts mit. Ich merke, dass ich alle 40-50 Schritte Pause machen muss, und auch mein Herz schlägt mit solcher Vehemenz gegen die Brust wie ich es sonst bei einer Wanderung nicht kenne. Aber bei den vielen Pausen reichen ein paar Sekunden Durchschnaufen, schon geht es weiter.

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Das erste Murmeltier wartet auf mich, die folgenden Tage werde ich noch dutzende sehen.

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Weiter geht es auf direktem Wege den Berg hinauf. Mein kleiner Notfallrucksack ist, beladen mit all dem Wasser und Kameraequipment, nicht sonderlich gemütlich, aber schlägt sich tapfer. Ebenso wie in einigen Reiseberichten gelesen brauche ich eineinhalb Stunden bis zum Gipfel. Ich stehe auf 4750 Metern, 500 Höhenmeter oberhalb des Kargush Pass!

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Gipfel erreicht!

Auf dem Gipfel empfängt mich eiskalter Wind, der an mir zerrte, doch bei dem unglaublichen Panorama, welches sich vor meinen Augen auftat waren jegliche Widrigkeiten sofort Vergessen. Im Süden sieht man Afghanistan, dort ragen die schneebedeckten Kappen der Hindukush-Berge hinauf. Um mich rum die Pamir-Berge, höhere auch in Richtung Koitezek-Pass wo es nachher mit dem Auto hingeht. Im Osten und Nordosten dann die Berge in China, kurz hinter dem Wakhan-Korridor ist im Osten Pakistan und dann kommt auch schon Indien.

 

 

 

 

 

 

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Koh-i-Pamir (Bildmitte) – 6320m

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Gipfel und Hindukusch-Panorama

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Oben ist noch Luft zum Springen 😉

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Also ein phänomenaler Blick in eine spannende Gegend, die mir so gänzlich unbekannt ist. Dies ballt sich alles zum einem ganz verrückten Gefühl, irgendwo zwischen Spannung, Erleichterung, Verwunderung und tiefer Dankbarkeit.

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Blick in Richtung Kargush-Pass. Dorthin muss ich nun wieder runter.

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Akbar wartet noch beim Auto

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Bis dahin ist es allerdings noch ein Stückchen

Ich bleibe insgesamt nur zehn Minuten auf dem Gipfel, weil es doch knackig kalt ist. Doch die Zeit reicht für einige Fotos und der Ausblick brennt sich hoffentlich für alle Ewigkeit ins Gehirn ein. Schnell stolpere ich wieder dem Tal entgegen, unterwegs begegne ich noch zwei finnischen Wanderinnen samt Jeep-Guide (der war deutlich jünger als Akbar und ist wohl gleich mit hoch gerannt 😉 )

35 Minuten später stehe ich wieder im Tal an der Straße, die Füße brennen von dem rasanten Abstieg und ich hoffe es sind keine größeren Blasen dabei entstanden. Scheinbar sind meine leichten Wanderschuhe dafür nicht gedacht, umso besser dass ich nicht 10 Stunden zu Pik Engels gewandert bin.

Bei der Weiterfahrt erneut die Erleichterung über meinen fahrbaren Untersatz. Die Hochfahrt zum Kargush Pass hätte mich mit Muskelkraft sicherlich 2 Tage gekostet, streckenweise gab es da länger kein frisches Wasser und der Weg war auf der gesamten Strecke hundsmiserabel, das hätte wohl wenig Spaß gemacht. Akbar und ich rumpeln im Jeep weiter, es sind knappe 30 Kilometer Weg vom Kargush Pass, bis man auf den Pamir Highway trifft, der hier in feinstem Asphalt wie eine Fata Morgana erscheint.

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Weiter geht die wilde Fahrt.

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Nun endlich kommt wieder der reguläre Pamir Highway (M41) in den Blick
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Asphalt! Schönster, feinster Asphalt!

Die Torturen scheinen überstanden, ab jetzt wieder auf passabler Straße zurück gen Khorogh. Dies war auch bitter notwendig, für die 30 Kilometer haben wir eine knappe Stunde gebraucht, so mies war der Weg. Unterwegs treffen wir noch einen Radreisenden in die Gegenrichtung, der sich Bergauf die Schotterpiste hochquält. Ich schenke ihm einen Liter Wasser, er wird ihn brauchen, da kommt so schnell erst mal kein fließendes Gewässer in nächster Zeit.

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Das werde ich sein in 3 Tagen…

Zum weiteren Verlauf: Es geht nun auf der M41, dem offiziellen Pamir Highway bergab zurück nach Khorogh. De facto sattle ich morgen das Fahrrad und fahr auf exakt demselben Wege in die Gegenrichtung, also wieder hoch auf das Pamir Plateau. So sehe ich heute schon die Landschaft, die ich die nächsten Tage er-radeln werde. Das finde ich nicht ideal, schöner finde ich es mit dem Rad neue Wege zu erkunden. Doch da ich unbedingt Kargush Pass und den Ausblick vom Berg erleben wollte, machte es Sinn dass ich im Jeep eine Rundtour buche, und nicht durchs Wakhan-Tal zurück kehre nach Khorogh.

Hier am Abzweig warten aber noch 190 Kilometer Jeepfahrt bis Khorogh auf uns. Doch die passable Straße hört bald wieder rauf, für weitere 55 Kilometer verschwindet der Asphalt und es geht auf recht grober Piste dahin. Nicht so schlimm wie im Wakhan, aber schlecht genug um das Tempo drosseln zu müssen.

Die Vorschau darauf, was mich die nächsten Tage mit dem Rad erwartet, gefällt mir gar nicht. Dauernd begutachte ich den Weg aus der Fensterscheibe und frage mich “ist das hier nicht zu steil zum Hochfahren?”, “wo könnte ich denn hier das Zelt aufschlagen, da ist seit 20 Kilometern keine gute Stelle gekommen?”, “wo war eigentlich die letzte Wasserquelle, wie viel Liter Wasser muss ich denn mitschleppen?”. Besonders die Steigungen machen mir Sorgen, der Gegenanstieg sieht wirklich knackig aus.

So mache ich mich selber ganz nervös und verrückt. Wäre ich einfach von der anderen Seite mit dem Rad gestartet, ich hätte jeden Kilometer einfach erkundet und hätte gesehen was mich erwartet. So habe ich jetzt die dumpfe Sorge, dass es Morgen zu anstrengend werden könnte. Wenigstens nutze ich die Autofahrt um mir im Navi einige geeignete Zeltplätze, Wasserquellen und Einkaufsmöglichkeiten einzutragen, so lenke ich mich wenigstens selbst ab und tue was Sinnvolles.

Vor dem Abstieg vom Pamir-Plateau kommen wir noch am Koitezek-Pass vorbei. Hier, auf holpriger Schotterpiste, verschwindet die Sonne gänzlich und die bisherige Hitze wird durch dunkle Wolken ersetzt. Ehe ich mich versehe schüttet es wie aus Kübeln, teilweise auch Schneeregen und dann schneit es zu allem Überfluss auch noch richtig. Ich bin froh im Auto zu sitzen und hoffe inständig dieses Wetter nicht in drei Tagen auf dem Fahrrad zu erleben. Auch sind das aus der Gegenrichtung noch mal viele Höhenmeter auf einem steilen Straßenabschnitt hoch zum Pass, das kann ja was werden mit dem Rad.

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Koitezek-Pass
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und das Wetter wird immer schlimmer

 

 

 

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Doch kurz danach kommt die Sonne wieder raus.

Anschließend geht es zum Glück flacher und wieder auf gutem Asphalt gen Khorogh, ich halte mich mit den Fotos aber zurück, schließlich will ich die Strecke erst “so richtig” mit dem Rad erkunden. Wieder sammeln wir in verschiedenen Dörfern Personen ein und nehmen sie mit. Ich merke dagegen wie ich immer wieder mal eindöse, die Anstrengung der Wanderung holt mich doch ein. Zudem brauchen wir für die 190 Kilometer knappe vier Stunden mit dem Auto, selten kann Akbar richtig Gas geben.

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Auf dem Weg gen Khorogh

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Zurück in Khorogh fährt mich Akbar bis zum Hotel. Insgesamt hat mich die Reise mit ihm knappe 300$ gekostet, was in der Gegend doch eine Stange Geld ist. Hebt meine durchschnittlichen Tagesausgaben auf die ganze Tour gerechnet ganz schön an. Da ich aber ansonsten auf die Eindrücke des Wakhan-Korridors hätte verzichten müssen, war es mir jeden Cent wert! Schade war lediglich das Akbar nicht viel Englisch und ich kein Russisch sprachen, ich hätte gerne mehr von ihm erfahren.

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Danke Akbar und danke lieber Jeep!

Rückblickend mit dem Erfahrungsschatz, den mir die folgenden Tage noch so bringen sollte, wäre ein anderer Plan schlauer gewesen: Ich hätte mein Rad mitnehmen sollen im Jeep und dann oben auf dem Pamir-Plateau aussteigen sollen und meine Tour per Rad dort fortsetzen sollen. Keine Dopplung der M41 und weit weniger Höhenmeter die hochgestrampelt werden müssen. Nun, nachher ist man immer schlauer. Stattdessen erwartet mich jetzt in den kommenden Tagen auf den ersten 160 Kilometern Wegstrecke ein Aufstieg von 2000 auf 4200 Höhenmeter. Andererseits hätte ich mich sicherlich geärgert es mir so einfach zu machen, nun muss ich mich halt an den Anstieg machen. Und wenn es gar nicht geht, dann gibt es auf der M41 genug motorisierten Verkehr, da nimmt mich hoffentlich irgendwer mit. Auch sind die Temperaturen dann durch den Aufstieg wieder deutlich angenehmer als bei meiner Fahrt entlang des Panj.

Zurück in Hotel Zarya bin ich schon wieder der einzige Gast und kriege so erneut das geräumige Doppelzimmer. Abends habe ich wieder den Fahrradständer am Rad montiert, der ja vor einigen Tagen abgebrochen war. Ich hoffe der hält jetzt besser, ich würde mich ärgern das Rad jedes Mal hinlegen zu müssen.

Abends geht es wieder zum Restaurant auf der anderen Flussseite. Am Nebentisch sitzt eine Vierergruppe männlicher österreichischer Touristen und ihre zwei tadschikischen Guides. Die Guides werden von den Männer so sehr von oben herab behandelt, dass ich fast schon bewundernd die Gelassenheit der Guides zu Kenntnis nehme. Gepaart ist dies mit auf Deutsch geführten Abendbrotgesprächen, wo es mir die Nackenhaare aufstellt. In bester FPÖ- und AfD-Manier wird über Flüchtlinge geschimpft, der Islam gesamt als die Geißel der Menschheit stigmatisiert und auch sonstiger rassistischer Müll herausposaunt. Strache sei ja auch ein ganz fantastischer Ehrenmann, es läge nun nur an den Medien, dass so eine Treibjagd auf ihn veranstaltet werde. Auch wird sich bei den Guides beschwert wie miserabel das Mobilfunknetz hier sei. Dass diese 4 Männer Biertrinkend in einem bettelarmen muslimischen Land sitzen, nachdem sie Stunden in einem Flugzeug verbracht haben um hierher zu kommen, diese Ironie ist bei den werten Herrschaften leider nicht angekommen.

Auch die Aussage “die Flüchtlinge klauen uns den Wohlstand” verbunden damit, dass die Senioren nun ihre Rente in einem spottgünstigen Land verprassen fällt scheinbar nur mir auf. Zum Glück verschwinden sie nach 20 Minuten, ich konnte mich nicht entscheiden ob ich mich nun einmischen sollte, oder doch den Rädelsführer von der Terrasse in den Fluss befördern sollte. Ich wünsche der Reisegruppe ja eine wunderschöne Magen-Darm-Erkrankung im weiteren Verlauf ihrer Tour!

Abschließend mache ich es mir im Hotelzimmer gemütlich. Im Gegensatz zu den bisherigen Rad-Tagen habe ich morgen nicht vor wieder so irre früh mich auf meinen Drahtesel zu schwingen. Die Temperaturen dürften weit niedriger sein als in der Vergangenheit, da kann ich es ruhig angehen lassen.