[Tag 10] Nirgendwo im Negev – Eilat

[Biking] – Israel 2019

[Tag 10] Nirgendwo im Negev – Eilat

8. Dezember 2019: 55 Kilometer, 500 Höhenmeter vom Wildcampingspot in der Negev Wüste zu einer Besichtigung des Timna Parks und dann weiter bis zum Roten Meer und nach Eilat.

GPX-Daten

Hier die heute gefahrene Route, anschließend in Relation zur Gesamtstrecke:

Zeit in Bewegung: 3:45h
Tempodurchschnitt: ~14,5km/h
Maximalgeschwindigkeit: 39,4km/h

Gesamtstrecke (Rot) in Relation zur heutigen Strecke (Blau)

Heute Nacht wurde es wieder ziemlich frostig, so wie man es in der Wüste halt erwartet. Trotzdem, außerhalb der Golanhöhen musste ich bisher meinen Schlafsack nicht zuziehen, derzeit reicht er noch als Decke.

Schon kurz nach dem Start erwartete mich noch eine letzte Ablenkung vor der Einfahrt nach Eilat: Der Timna-Nationalpark. Nah an der Route 90 gelegen ist dies ein gigantischer Nationalpark, der sowohl für seine toll geformten Berge und Hügel aus Sandstein bekannt ist, ebenso wie für eine der ältesten Kupferabbau-Gebiete der Welt.

Monumentale Einfahrt in den Timna Nationalpark, könnte auch Utah sein, oder? (E-M5, 26mm, f/8, 1/320sec, ISO-100)

Am Einlass erkennt man in mir wohl einen weitgereisten, erfahrenen Tourenfahrer. Oder vielleicht eher eine verlotterte, ungepflegte Gestalt? Nun, jedenfalls muss ich nicht die vollen 49 Shekel Eintritt zahlen, sondern bekomme den 25 Shekel “Israel-National-Trail-Hiker”-Spezialpreis. Mit inbegriffen ist eine Tasse Tee und leckere Datteln. Mir haben Datteln noch nie geschmeckt, für Jahre habe ich abgelehnt oder mit verkniffenen Gesicht ein Stück abgebissen und „bäh“ gerufen. Doch nach der Kostprobe im Timna Park beende ich meine Israelreise mit 2x 1kg Packungen Datteln im Fluggepäck. So kann es einem ergehen. 😉

Timna Begrüßungspaket samt Datteln (ZTE A2017G, 4.216mm, f/1.8, 1/30sec, ISO-136)

Der Nationalpark ist so groß dass eine fußläufige Erkundung nahezu ausgeschlossen ist. So ist durch den Park eine Asphaltstraße verlegt, zudem gibt es Radwege, an denen dann Wanderungen zu den jeweiligen Sehenswürdigkeiten anschließen. Ich fühle mich ein bisschen wie auf Safari, ein seltsames Gefühl mit dem eigenen Rad den Nationalpark zu erkunden.

Doch was mich die nächsten Stunden visuell beeindruckt sind die zahlreichen Naturphänomene, die es hier zu sehen gibt. Verbunden ist dies mit einer tollen Beschilderung, einer guten Karte die mir in die Hand gedrückt wurde und zahlreichen Info-Tafeln. Ganz anders als mein enttäuschendes Erlebnis in Jericho noch vor ein paar Tagen.

Das einzige Fahrrad im Park (E-M5, 14mm, f/10, 1/200sec, ISO-100)
Panorama Valley Viewpoint und Steinpilz (E-M5, 14mm, f/10, 1/200sec, ISO-100)
Ein Klick aufs Bild öffnet das Panorama

Nur an einer Stelle kriege ich ob der Schotterpiste kurze Pamir-Flashbacks, hier sind es aber 5 statt 500 Kilometer, so kann ich diese regelrecht genießen! Eingefasst in dieses tolle Tal fühlt man sich, abgesehen von der Straße, wie ein Zeitreisender, denn die Landschaft sah sicherlich auch vor tausenden Jahren nicht anders aus als jetzt.

Pamir-Feeling (E-M5, 17mm, f/10, 1/320sec, ISO-100)

Unterwegs besuche ich Spiral Hill. Die spiralförmigen Abtragungen sind rein der Natur zu verdanken.

Spiral Hill (E-M5, 45mm, f/8, 1/250sec, ISO-100)
Spiral Hill (E-M5, 14mm, f/8, 1/250sec, ISO-100)

Anschließend komme ich zu den „Arches“, welche Torbögen im Sandstein geformt haben.

Arches (E-M5, 14mm, f/10, 1/320sec, ISO-100)
Arches – Info (E-M5, 24mm, f/10, 1/640sec, ISO-100)
Blick über Timna Park (E-M5, 23mm, f/10, 1/400sec, ISO-100)

Nebst den Naturphänomenen und der beeindruckenden Landschaft liegt der Reiz des Timna Parks in den Fundstellen menschlichen Lebens. Vor über 6000 Jahren wurde hier in der Gegend Kupfer gefördert und verarbeitet, im Auftrag der Ägypter und auch unter König David. Besonders unter ägyptischer Leitung wurde dies wohl vorangetrieben. Von den Kupferminen, wo mit primitivsten Methoden in die Erde gegraben wurde, hin zu den Kupferverarbeitungsstätten, wo das Kupfer aus dem Gestein gelöst wurde. Verbunden ist dies mit religiösen Einrichtungen, die wohl von den Arbeiter*innen aufgesucht wurden.

Ganz in der Nähe der „Arches“ befinden sich somit die weltweit ältesten gefundenen Kupferminen. Kaum zu glauben, dass damals dort Leute sich hier in den Boden gegraben haben.

Minenschächte (E-M5, 35mm, f/10, 1/400sec, ISO-100)

Dem Arbeitsablauf folgend geht es anschließend weiter zur Kupferschmelze und den Verarbeitungsstellen.

Kupferverarbeitung und Pilz (E-M5, 30mm, f/10, 1/250sec, ISO-100)
Übersicht Kupferverabeitung (E-M5, 22mm, f/10, 1/160sec, ISO-100)

Dort stößt man dann auch auf diese beeindruckende Pilzformation.

Pilz (E-M5, 16mm, f/10, 1/100sec, ISO-100)
Pilz (E-M5, 16mm, f/10, 1/125sec, ISO-100)
Pilz (E-M5, 25mm, f/10, 1/80sec, ISO-100)

Die letzte Station sind Salomons Säulen und der nahegelegene Tempel des Hathor.

Salomons Säulen (E-M5, 14mm, f/10, 1/200sec, ISO-100)
Salomons Säulen (E-M5, 33mm, f/10, 1/500sec, ISO-100)

Am Tempel Hathors, der ägyptischen Gottheit der Minenarbeiter*innen finden sich allerlei Spuren, die darauf hinweisen, dass hier die Arbeiter*innen religiöse Rituale zelebrierten. Eine Gravur zeigt Ramses III, der Hathor eine Gabe darbringt.

Hathors Tempel (E-M5, 23mm, f/10, 1/320sec, ISO-100)

Dann komme ich an der Sphinx vorbei, deren Namensgebung dürfte wohl ähnlich klar sein, wie die danach folgende Felsformation namens „Der Gral“

Sphinx (E-M5, 40mm, f/10, 1/160sec, ISO-100)

Ganz am Ende der Straße erreiche ich dann auch noch eine künstlich angelegte Oase. Hier lasse ich mich für eine kurze Pause nieder, dann soll es wieder zurück auf die Route 90 gehen.

“Oase” im Timna Park (E-M5, 14mm, f/10, 1/250sec, ISO-100)
(E-M5, 20mm, f/10, 1/250sec, ISO-100)

Ich bin nun einen 14km langen Halbkreis im Nationalpark gefahren, leider kann mir keiner sagen ob ich nun einen kleinen Weg zurück zur Hauptstraße finde. Da ich aber mit aller Macht verhindern will, die 14km wieder zurück zu müssen, schlage ich mich auf rauen Pfaden durch, und stehe nach 10 Minuten wieder auf einer asphaltierten Straße, die in die richtige Richtung führt. Perfekt! Lang lebe die Navigationssoftware, die auch winzige Pfade eingezeichnet hat.

Solltet ihr es nicht rauslesen können: Auch für den Timna Park gibt es von mir eine uneingeschränkte Empfehlung. Vermutlich könnte man sich gar mehr Zeit nehmen, als ich das getan habe, aber die paar Stunden dort waren beeindruckend, lehrreich und eine reine Freude.

Kaum zurück auf der Route 90 feiert mein Fahrrad einen wichtigen (runden?) Geburtstag:

Schnaps-Jubiläum! (E-M5, 45mm, f/10, 1/10sec, ISO-100)

Ich bin verzückt, ich besitze das Rad nun seit Herbst 2016, also knappe 3 Jahre. In der Zeit hat es Tschechien, Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland, Tadschikistan, Kirgistan, Israel und natürlich ganz viel Deutschland unter die Räder bekommen. Auf zahlreiche größeren Touren hat es mich treu begleitet: Prag-Berlin (ca. 465 km), Berlin-Nordkap (ca. 4500km), Rügen-Tour (ca. 360 km), Saale-Radweg (ca. 410km), Pamir Highway (1080km), tausende Kilometer rund um Berlin und nun schon fast 800km durch Israel. Weiter so lieber Drahtesel, ich freu mich auf viel mehr Abenteuer.

Und nun zur Statistik: Über 629 Stunden im Sattel und angeblich 300L Benzin gespart. Dabei muss allerdings angemerkt werden, dass dieser Tacho partout von 7L/100km ausgeht, sich also nicht an unwegsames Gelände anpasst und erst vor ein paar Tausend Kilometern diese Funktion aktiviert wurde. Ist also eher ein Gimmick. Mir wäre ja eine Snickers/100km Anzeige lieber, um mir meinen Schokoriegel-Konsum aufzuzeigen. 😉

Der weitere Weg nach Eilat bleibt weitgehend ereignislos. Ich komme am neu eröffneten Ramon-Flughafen (benannt nach dem israelischen Astronaut Ilan Ramon, der bei der Explosion der Challenger-Rakete ums Leben kam) vorbei, der nun neben dem Ben-Gurion Flughafen nahe Tel Aviv um die fliegende Kundschaft buhlt. Ich sehe 4 Ryanair-Maschinen im Landeanflug, es scheint also zu funktionieren.

Ramon Flughafen (E-M5, 14mm, f/10, 1/250sec, ISO-100)
(E-M5, 45mm, f/10, 1/500sec, ISO-100)

Ansonsten geht es mehrheitlich Bergab gen Eilat, die Höhenmeter der letzten Tage wollen nun abgearbeitet werden.

Südlichster Grenzübergang nach Jordanien (E-M5, 45mm, f/10, 1/250sec, ISO-100)
Akaba auf jordanischer Seite (E-M5, 36mm, f/10, 1/200sec, ISO-100)

Und dann stehe ich tatsächlich endlich in Eilat, dem südlichsten Teil meiner Reiseroute.

Einfahrt nach Eilat und erster Blick aufs Rote Meer! (E-M5, 31mm, f/11, 1/400sec, ISO-100)

Ich springe schnell in einen gigantischen Supermarkt, anschließend geht es zu einem Hostel. In der Regel mache ich auf Radreisen einen Tag pro Woche Pause, damit der Körper Erholung und der Geist ein wenig Abwechslung vom Radfahren hat. Dies hat sich bisher auf dieser Reise nicht ergeben, ich habe dafür viele spannende Sachen nebenbei gemacht. Aber nun, nach 10 Tagen auf dem Rad brauche ich dringend eine Pause. So habe ich vor mindestens einen, vielleicht sogar zwei Tage Pause in der Stadt zu gönnen.

Kulturell ist Eilat nun nicht so wahnsinnig spannend, aber mit der Lage direkt am Roten Meer (welches ich seit einem Urlaub in Ägypten vor 15 Jahren nicht mehr besucht habe), dem weltweit nördlichsten Korallenriff und der Lage an der Meeresenge, nahe an Jordanien, Ägypten und Saudi-Arabien, gibt es sicherlich einiges zu erleben. Schnorcheln, schwimmen, vielleicht ein bisschen Wandern und die schmerzenden Beine auskurieren. Ich freu mich es bis hier hin geschafft zu haben, mit 825 Kilometern habe ich bereits 2/3 der Tour absolviert. Nach der Erholung geht es dann endlich wieder gen Norden.

[Tag 9] Im Negev

[Biking] – Israel 2019

[Tag 9] Nirgendwo im Negev – Nirgendwo im Negev

7. Dezember 2019: 107 Kilometer, 750 Höhenmeter vom Wildcampingspot in der Negev Wüste nahe Ein Hatseva bis nahe Samar.

GPX-Daten

Hier die heute gefahrene Route, anschließend in Relation zur Gesamtstrecke:

Zeit in Bewegung: 6:27h
Tempodurchschnitt: ~16,5km/h
Maximalgeschwindigkeit: 38,0km/h

Gesamtstrecke (Rot) in Relation zur heutigen Strecke (Blau)

Nachts überrascht mich ein kurzer Regenschauer, von dem ich schnell wach werde. Nach einem kurzen Check dass alle Besitztümer trocken verstaut sind, schlafe ich sofort wieder ein. Ich bin auf dieser Reise wirklich unglaublich froh ein freistehendes Zelt mitgenommen zu haben. Bisher gab es nur ein oder zwei Übernachtungsstellen, an denen ich alle Heringe in den Boden treiben konnte. Zumeist begnüge ich mich mit ein paar Steinen.

Sonnenaufgang am Zeltplatz (E-M5, 9mm, f/10, 1/30sec, ISO-100)
(E-M5, 9mm, f/10, 1/25sec, ISO-100)
(E-M5, 9mm, f/7.1, 1/13sec, ISO-250)
Es wird wohl wieder ein schöner Tag (E-M5, 9mm, f/7.1, 1/500sec, ISO-100)

Nach dem üblichen Prozedere in der Früh schiebe ich mein Rad zur Straße zurück. Aus Sorge vor den Akazienbaumstacheln habe ich dann noch meine Räder auf Dornen untersucht, denn gestern haben diese sogar meine Crocs durchdrungen und mir in den Fuβ gepikst. Dornen finde ich im Reifen zwar keine, dafür aber 2 dünne Metallsplitter, vom selben Typ die mir damals in Schweden das Leben schwer gemacht haben. Gut das ich diese also rechtzeitig entdecke, bevor sie sich bis zum Schlauch vorarbeiten können. So sind sie schnell entfernt. Genau wie ich mich über mein selbststehendes Zelt freue, beglückwünsche ich mich nahezu täglich dazu, mit pannensicheren Reifen unterwegs zu sein. Meine dicken Schwalbe Marathon Mondial-Reifen sind zwar schwer und sicherlich nicht die lauffreudigsten. Aber hier in Israel bin ich bereits über dutzende zerschmetterte Glasflaschen, Drähte aus Autoreifen und spitze Steine gerollt und bin pannenfrei geblieben.

(E-M5, 45mm, f/7.1, 1/320sec, ISO-100)
(E-M5, 21mm, f/7.1, 1/640sec, ISO-100)
Liebe Leute, die Suche kann aufhören, ich hab ihn gefunden… (E-M5, 37mm, f/7.1, 1/400sec, ISO-100)
… habe mir den Ort aber irgendwie beeindruckender vorgestellt. (E-M5, 34mm, f/7.1, 1/500sec, ISO-100)

Der Rest des Tages gestaltet sich sehr ähnlich zu gestern. Bis Mittag geht es nur bergauf. Immer graduell, so ist es nicht gar so anstrengend, verbunden mit dem heute erneut vorherrschenden Gegenwind zieht es sich allerdings.

Das Klettern zahlt sich aus, wieder auf Meereshöhe (E-M5, 42mm, f/7.1, 1/500sec, ISO-100)

Absolut verrückt, jedem dem ich begegne erzählt mir “nun, eigentlich solltest du den Wind im Rücken haben, das ist zumindest die vorherrschende Windrichtung”… Ich wette der Wind dreht genau dann, wenn ich mich an den Rückweg aus Eilat mache. Typische Radtour-Nebenerscheinung: Das Wetter hält sich an keinerlei Vorgaben und Normalitäten.

Ein schönes Jubileum, richtig gefeiert wird aber erst Morgen (E-M5, 45mm, f/7.1, 1/15sec, ISO-100)
Ab und an geht es wieder Hügel hoch (E-M5, 23mm, f/7.1, 1/800sec, ISO-100)
(E-M5, 14mm, f/7.1, 1/640sec, ISO-100)
Guter Seitenstreifen (E-M5, 18mm, f/7.1, 1/500sec, ISO-100)
(E-M5, 23mm, f/7.1, 1/640sec, ISO-100)
Aufgepasst! (E-M5, 45mm, f/7.1, 1/500sec, ISO-100)
Panorama in Richtung Jordanien (E-M5, 26mm, f/11, 1/320sec, ISO-100)
Ein Klick aufs Bild vergrößert dieses.

Nach 65km ist jedoch der Wendepunkt geschafft. Ich habe mich vom Schlafplatz heute Nacht auf -80m auf 260m über Null hochgekämpft. Die kommenden knapp 100km bis Eilat geht es nun ohne größere Steigungen bergab, ich hoffe also ein wenig schneller voran zu kommen.

Schwerter zu Pflugscharren, Haubitzen zu Dekohaltern? (E-M5, 45mm, f/11, 1/200sec, ISO-100)
Truckstop mit Wachturm (E-M5, 45mm, f/11, 1/250sec, ISO-100)
Wie schon erwähnt, Eis geht immer. (ZTE A2017G, 4.216mm, f/1.8, 1/850sec, ISO-100)

Es gibt eine kürzere Pause für ein Eis an der Tankstelle, ansonsten eine Mittagspause nach 75km, wie so oft schon an einem Bushäuschen, denn das sind zumeist die einzigen Schattenspender in der Gegend.

Den restlichen Tag geht es mit schönen Ausblicken auf die Negev-Wüste, anregenden Podcasts und guter Musik weiter. Klingt vielleicht ein wenig eintönig, aber ich genieße die Wüstenlandschaft um mich herum, schließlich ist das der maximale Kontrast zu einer Radtour in Mittel-/Nordeuropa.

Blick zurück in die flache Ebene (E-M5, 28mm, f/11, 1/200sec, ISO-100)
(E-M5, 23mm, f/7.1, 1/640sec, ISO-100)
Jordanien (E-M5, 36mm, f/11, 1/250sec, ISO-100)
(E-M5, 14mm, f/11, 1/320sec, ISO-100)
(E-M5, 33mm, f/11, 1/200sec, ISO-100)
(E-M5, 31mm, f/11, 1/60sec, ISO-100)
Lange Schatten in Jordanien (E-M5, 31mm, f/11, 1/60sec, ISO-100)

Nach 110 km biege ich von der Straße ab, laufe ein paar hundert Meter ins Gelände und schlage dann mein Zelt auf. So sind es morgen nur noch ca. 30km nach Eilat, wobei ich zuvor am Nationalpark Timna halt machen will.

Erneut ein bildhübscher Übernachtungsspot (E-M5, 14mm, f/11, 1/25sec, ISO-100)
(E-M5, 9mm, f/10, 1/125sec, ISO-100)
(E-M5, 9mm, f/10, 1/125sec, ISO-100)
Campspot Panorama (E-M5, 9mm, f/8, 1/50sec, ISO-100)
Ein Klick aufs Bild vergrößert das Panorama.

Erst gibt es aber heute Abend das aus Deutschland mitgebrachte Kartoffelpüree, eine angenehme Abwechslung nach 7x Nudeln 😉 Gruselig war Nachts das dauerhafte Summen meines Telefons. Die “Red Alert”-App, von der ich schon berichtet hatte, warnt vor zahlreichen Raketenangriffen aus dem Gazastreifen auf die benachbarten israelischen Siedlungen. Nun, die App scheint zu funktionieren, laut Nachrichten gab es keine Verletzten und ich hoffe das bleibt der einzige Angriff, besonders da ich bald in Nähe des Gazastreifens mit dem Rad vorbeikommen werde.

Abends dann noch der Schock im Zelt: Red Alert meldet Raketenangriffe nahe des Gazastreifens

[Tag 8] En Gedi – Nirgendwo im Negev

[Biking] – Israel 2019

[Tag 8] En Gedi – Nirgendwo im Negev

6. Dezember 2019: 98 Kilometer, 960 Höhenmeter von En Gedi am Toten Meer bis zum Wildcampen in der Negev Wüste nahe Ein Hatseva.

GPX-Daten

Hier die heute gefahrene Route, anschließend in Relation zur Gesamtstrecke:

Zeit in Bewegung: 6:30h
Tempodurchschnitt: ~15,0km/h
Maximalgeschwindigkeit: 57,6km/h (!!!)

Gesamtstrecke (Rot) in Relation zur heutigen Strecke (Blau)

Sonnenaufgang in En Gedi (E-M5, 9mm, f/8, 1/80sec, ISO-100)
(E-M5, 9mm, f/8, 1/100sec, ISO-100)
(E-M5, 38mm, f/8, 1/800sec, ISO-100)

Heute habe ich es endlich geschafft um 6 Uhr aufzustehen, erstaunlicherweise war der halbe Campingplatz da bereits auf den Beinen. Bis ich alles wieder in den Radtaschen verstaut habe ist es dann Bereits Viertel nach 7, trotzdem komme ich früher los als die letzten Tage.

Ich kann nicht mehr tiefer sinken… 😉 (E-M5, 43mm, f/8, 1/125sec, ISO-100)

Die ersten 30 Kilometer bis Ein Bokek gingen gut, auch weil in der Früh der Wind noch nicht eingesetzt hatte. Auf dem Weg komme ich noch an der Bergfestung Masada vorbei, die ich 2013 zum Sonnenaufgang erklommen habe.

(E-M5, 29mm, f/8, 1/100sec, ISO-100)
Felsenfestung Masada 2019 (E-M5, 45mm, f/8, 1/250sec, ISO-100)
Ein Bokek (E-M5, 14mm, f/8, 1/250sec, ISO-100)

In Ein Bokek hole ich dann das nach, was mir in Ein Gedi verwehrt blieb: Im Toten Meer schwimmen. Genau wie bei meinem letzten Bad im Toten Meer 2013 eine surreale Erfahrung, das Schweben im stark salzhaltigen Gewässer fühlt sich wirklich schräg an und man merkt der Kopf kommt nicht hinterher damit die Sinneseindrücke auszuwerten.

Am leeren Strand von Ein Bokek (E-M5, 14mm, f/8, 1/160sec, ISO-100)
(E-M5, 22mm, f/8, 1/320sec, ISO-100)
Salzkristalle aus dem Toten Meer (E-M5, 14mm, f/8, 1/100sec, ISO-100)
Wenn man schon mir zu Ehren ein Hotel erbaut, könnte es dann bitte keine Bettenburg sein? (E-M5, 45mm, f/8, 1/250sec, ISO-100)
(E-M5, 29mm, f/8, 1/400sec, ISO-100)

Nach der Schwebeeinlage komme ich noch mit einem Local ins Gespräch und werde zum wiederholten Male vor der Route 90 gewarnt, ab jetzt soll es wohl wirklich gefährlich werden mit dem Verkehr.

Weiter auf der selben Straße (E-M5, 45mm, f/8, 1/250sec, ISO-100)
Immer geradeaus (E-M5, 14mm, f/8, 1/640sec, ISO-100)

Dies bestätigt sich dankenswerterweise nicht gleich, dafür geht es erst mal fies bergauf, zum Glück muss ich nicht den Abzweig nach Arad nehmen. Dieser Abzweig windet sich nämlich steil aus dem Tal heraus.

Abzweig nach Arad, bin ich froh da nicht hoch zu müssen (E-M5, 17mm, f/8, 1/320sec, ISO-100)
Abzweig nach Arad (E-M5, 45mm, f/8, 1/400sec, ISO-100)

Dafür hat der Wind an Kraft gewonnen und ich komme selbst auf gerader Ebene nur mit 12-14km/h voran. Dies ist auf Dauer ziemlich demotivierend und kostet Kraft ohne Ende. Da helfen dann nur Podcasts, gute Musik und die Freude darauf, ein paar Kilometer später nicht die steile Straße in den Klippen hoch zu müssen, die gen Dimona führt.

Abzweig nach Dimona (E-M5, 26mm, f/10, 1/250sec, ISO-100)
(E-M5, 45mm, f/8, 1/400sec, ISO-100)
(E-M5, 45mm, f/8, 1/200sec, ISO-100)
(E-M5, 14mm, f/8, 1/400sec, ISO-100)
(E-M5, 25mm, f/8, 1/500sec, ISO-100)

Die Landschaft bleibt spannend, zum Südende des Toten Meeres dominieren die ganzen Industrieanlagen, die Mineralien verarbeiten.

Salzablagerungen am Toten Meer (E-M5, 41mm, f/8, 1/640sec, ISO-100)
Kochend heiß und kein Schatten (E-M5, 29mm, f/8, 1/640sec, ISO-100)
Die Industrie am Toten Meer verarbeitet die Rohstoffe aus dem Meer und umliegenden Gesteinsschichten (E-M5, 30mm, f/10, 1/100sec, ISO-100)
Beim Lokalpatriotismus werden keine halben Sachen gemacht. (E-M5, 25mm, f/10, 1/320sec, ISO-100)

Anschließend bin ich endlich in der Negev-Wüste angekommen. Zuerst erkennt man der Natur ganz deutlich an, dass sie ebenfalls unter Wasser stand wie einst das Tote Meer, dann werden es aber mehr und mehr Wadis und der Blick weitet sich.

Letzter Blick aufs Tote Meer (E-M5, 40mm, f/10, 1/320sec, ISO-100)
Nun bleibt die Grenze zwischen Jordanien und Israel eher eine trockene Angelegenheit (E-M5, 37mm, f/10, 1/320sec, ISO-100)

So vergeht der Tag, alle 30-40 Kilometer passiere ich eine Tankstelle und kann da zum Glück meine Wasservorräte auffüllen..Besonders praktisch, da es heute am Toten Meer stellenweise über 30 Grad heiβ wurde, und man förmlich spürt wie die salzige, trockene Luft einem die Feuchtigkeit aus dem Körper zieht.

Spannende Gesteinsschichten (E-M5, 45mm, f/10, 1/200sec, ISO-100)

Pause mache ich erst um 14 Uhr nach 75 Kilometer. Daran gemessen, dass ich bereits seit 7 Uhr auf dem Rad sitze ist dies natürlich viel zu spät.

Ein paar Kilometer später treffe ich an einer Tankstelle mit angehängtem Café auch noch eine große Gruppe Mountainbiker*innen. Im Gespräch stellt sich raus, das diese auf einem inoffiziellen Rennen unterwegs waren, ganze 160 km haben sie heute schon hinter sich, und dass auf Offroad-Pfaden, ich bin beeindruckt. Die eine Person mit der ich spreche ist sogar Ultra-Sportler, für ihn war das heute eine  entspannte Tour… Verrückt! Wenn ich schon mal so jemanden vor mir sitzen habe, kann ich wenigstens endlich fragen wie er es mit dem Sattel macht, denn ich bin immer noch nicht zufrieden mit dem 4. Sattel dieses Jahr. Nach 50 Kilometer kann ich nicht mehr sitzen, stehe alle hundert Meter aus dem Sattel auf, positioniere mich neu, bis der Druckschmerz zu groß wird und alles erneut von vorn beginnt. Ich bin beruhigt, als er sagt “there is no solution, my ass always looks like a baboon’s ass after a race”… 😀

Immer geradeaus gen Eilat. Die Aussicht bleibt nun ähnlich für die kommende Zeit. (E-M5, 14mm, f/10, 1/250sec, ISO-100)

Danach fahre ich noch 10 Kilometer, nach knappen 100 Kilometern heute bei dem fiesen Gegenwind reicht es dann aber auch völlig. Zudem ist es nun wieder 16 Uhr und ich will auf dieser Straße, vor der mich alle warnen, keinesfalls im Dunkeln unterwegs sein müssen. Wobei ich heute keine kritischen Situationen erlebt habe, die Autos lassen mir viel Freiraum und in 95 Prozent der Fälle ist der Seitenstreifen auch ausreichend.

Sonnenuntergang in der Wüste (E-M5, 9mm, f/9, 1/1000sec, ISO-100)

Heute schlage ich mich mal wieder in die Büsche, ich habe meine Wasservorräte aufgefüllt und habe Lust auf ein wenig Wüsten-Feeling allein. Hier gibt es genug Möglichkeiten, hier behindern mich keine Zäune mehr wie zu Beginn meiner Reise. Dafür lerne ich schnell und schmerzhaft, dass der Schatten unter Akazienbäumen keine gute Zeltmöglichkeit ist, verdammt sind diese Dornen spitz.

Hier parke ich das Rad nach Ankunft am Campspot. Kurz darauf merke ich, dass Akazien(nadeln) keinen geeigneten Abstellplatz darstellen (E-M5, 22mm, f/9, 1/13sec, ISO-100)
Sonnenuntergang am heutigen Campspot (E-M5, 16mm, f/10, 1/640sec, ISO-100)
Fiese Dornen! (E-M5, 18mm, f/9, 1/60sec, ISO-100)
(E-M5, 9mm, f/9, 1/100sec, ISO-100)

So genieße ich noch einen angenehmen Abend, esse (wie könnte es anders sein) meine Nudeln mit Gemüse und lass es mir gut gehen.

(E-M5, 45mm, f/9, 1/200sec, ISO-100)
(E-M5, 18mm, f/9, 1/250sec, ISO-100)

[Tag 7] Shlomtzion – En Gedi

[Biking] – Israel 2019

[Tag 7] Shlomtzion – En Gedi

5. Dezember 2019: 84 Kilometer, 860 Höhenmeter von Shlomtzion, einem Besuch in Jericho bis En Gedi am Toten Meer.

GPX-Daten

Hier die heute gefahrene Route, anschließend in Relation zur Gesamtstrecke:

Zeit in Bewegung: 5:43h
Tempodurchschnitt: ~14,7km/h
Maximalgeschwindigkeit: 59,9km/h (!!!)

Gesamtstrecke (Rot) in Relation zur heutigen Strecke (Blau)

Mein Zeltplatz am Morgen (E-M5, 15mm, f/9, 1/125sec, ISO-100)
Blick vom Zeltplatz in Richtung Jericho (E-M5, 11mm, f/9, 1/125sec, ISO-100)
(E-M5, 9mm, f/9, 1/125sec, ISO-100)

Heute kriege ich einen einigermaßen frühen Start hin. In der Nacht kam keiner mehr vorbei, ein Qualitätsmerkmal eines ausgezeichneten Wildcampingspots. Erst als ich gerade abfahrbereit auf dem Rad sitze, fährt plötzlich der Bauer des Palmenhains an mir vorbei. Glück gehabt. 😉 Es geht jetzt erstmal nach Jericho, knappe 20 Kilometer entfernt.

Jede Bushaltestelle in der Westbank ist mit Betonpollern gegen vehikuläre Terrorangriffe gesichert. Diese dienen dann auch gleich als Wahlwerbeträger (E-M5, 14mm, f/9, 1/200sec, ISO-100)
(E-M5, 23mm, f/9, 1/100sec, ISO-100)
(E-M5, 37mm, f/9, 1/200sec, ISO-100)
(E-M5, 45mm, f/9, 1/250sec, ISO-100)

Der Eingang zur Stadt ist wahrlich nicht verlockend, was sowohl an den Schildern wie auch der Stadt selber liegt.

An der Abbiegung nach Jericho (E-M5, 30mm, f/9, 1/200sec, ISO-100)
Mehr Warnungen (E-M5, 45mm, f/9, 1/125sec, ISO-100)
Jericho (E-M5, 33mm, f/9, 1/400sec, ISO-100)

Jericho erscheint mir in den Außenbezirken hochgradig vermüllt, es liegen Flächen brach, teilweise bricht der Asphalt mitten auf der Straße weg und wird durch Schotter ersetzt. Auch wird am Wegesrand Müll verbrannt, ich quäle mich durch die eklige Luft.

Berg der Versuchung im Hintergrund, Schutt im Vordergrund (E-M5, 35mm, f/9, 1/250sec, ISO-100)
(E-M5, 28mm, f/9, 1/125sec, ISO-100)

Ich hatte mir als Sehenswürdigkeit in Jericho Tel as-Sultan rausgesucht, eine Ausgrabungsstätte, die Jerichos Besiedlung bis ins 10. JahrTAUSEND v. Chr. nachzeichnen kann, eingefasst in 23 Fundschichten übereinander. Bereits im Neolithikum wurde hier gesiedelt, es wurden bei Ausgrabung der älteste bekannte Turm der Welt (erbaut 8050 v. Chr.) mit den ältesten bekanntesten Treppenstufen entdeckt. Jericho preist sich als eine (die?) der ältesten dauerhaft besiedelten Orte der Welt mit unbegreiflich weit zurückreichenden Wurzeln der Urbanisierung.

Dies könnte einen unglaublich faszinierenden Aufenthalt darstellen, leider ist die Ausgrabungsstätte jedoch absolut lieblos gestaltet. Man merkt es fehlt an allen Ecken und Enden das Geld, sowohl für die Ausgrabungen, aber auch für die Aufrechterhaltung des musealen Betriebs der Ausgrabungsstätte. Teilweise ist die Wegfindung nicht klar, es fehlen die meisten Infotafeln oder sie sind verblichen und zerstört, auch die mitgegebene Flyer-Karte ist unbrauchbar.

Wenig hilfreich zur Orientierung (E-M5, 16mm, f/9, 1/400sec, ISO-100)
Tel as-Sultan mitten in der Stadt (E-M5, 16mm, f/8, 1/320sec, ISO-100)
Der weltälteste Turm samt Treppenstufen (E-M5, 14mm, f/10, 1/40sec, ISO-100)

So gebe ich Tel as-Sultan nicht die Aufmerksamkeit, die es vermutlich verdient hätte und stehe nach 30 Minuten wieder am Ausgang. Der Besuch hat zumindest ein paar schöne Ausblicke ergeben und mit 10 Shekel Eintritt (=2,5 Euro) war es nun wahrlich kein teures Vergnügen. Ich finde es trotzdem frustrierend und traurig zu sehen, wie solch ein wichtiges zeithistorisches Dokument der Menschheitsgeschichte dem Verfall anheim gelassen wird.

Es gibt aber auch blühende Gärten und Villen in Jericho (E-M5, 14mm, f/10, 1/200sec, ISO-100)
(E-M5, 35mm, f/10, 1/80sec, ISO-100)
Pepsi-Städtepartnerschaft? (E-M5, 22mm, f/10, 1/250sec, ISO-100)
Martialische Darstellung in Jericho (samt Existenzleugnung Israels in der Landkarte) (ZTE A2017G, 4.216mm, f/1.8, 1/950sec, ISO-100)
(E-M5, 30mm, f/10, 1/30sec, ISO-100)

Anschließend stoße ich noch in die schöneren Viertel Jerichos vor und mache einen etwas größeren Einkauf, da morgen wieder Freitag und somit Shabbat ist. Ich will verhindern am Freitag und Samstag ohne Essen da zu stehen, vor allem da ich nun in die Wüste fahre. Jericho selber bleibt laut und geschäftig, die Marktstände sind rege besucht. Auch ziehe ich keinerlei Aufmerksamkeit auf mich, im Gegenteil, ich stehe an allen Ständen Ewigkeiten an, weil dauernd irgendwer vordrängelt.

(E-M5, 40mm, f/10, 1/200sec, ISO-100)
Nun heißt es sich entscheiden: Abzweig nach Jerusalem (E-M5, 34mm, f/10, 1/160sec, ISO-100)

Nach dieser kurzen Stippvisite verlasse ich Jericho wieder. Kurz hinter der Stadtgrenze komme ich an den Abzweig, wo die Straße entweder weiter bergab zum Toten Meer führt oder in die Gegenrichtung nach Jerusalem aufsteigt. Ich hatte mir ursprünglich beim Planen der Route überlegt, dass es witzig wäre nach Jerusalem hochzufahren. Doch die Vorraussetzungen sind ähnlich meiner angedachten Routenerweiterung am Berg Hermon in den Golanhöhen: Ich müsste nun knappe 1000 Höhenmeter auf mich nehmen, um Abends in Jerusalem anzukommen und mich in ein Hostel einquartieren zu müssen. Nur um dann Morgen auf exakt der gleichen Route wieder 1000 Höhenmeter zurück in die Wüste zu brettern. Und da ich Jerusalem bereits 3 Mal ausführlicher besucht habe, ergeht es diesem Plan ähnlich wie die Befahrung des Berg Hermon: Er wird schnell über den Haufen geschmissen! Ich habe dieses Jahr mehr als genug Höhenmeter geleistet, muss mir nichts beweisen und freue mich mir solche Kraftakte sparen zu können.

Da müsste ich nun hoch nach Jerusalem (E-M5, 24mm, f/10, 1/400sec, ISO-100)
Hoch in die Berge gen Jerusalem (E-M5, 18mm, f/10, 1/250sec, ISO-100)

Also weiter in die Gegenrichtung, nun steht auch Eilat dran.

Die nächsten Ziele, nun steht auch schon Eilat angeschrieben (E-M5, 34mm, f/10, 1/160sec, ISO-100)
Grenzübertritt nach Jordanien (E-M5, 29mm, f/10, 1/125sec, ISO-100)
Dann doch lieber weiter Bergab! (E-M5, 37mm, f/10, 1/320sec, ISO-100)
Endlich im Blick: Das Tote Meer! (E-M5, 43mm, f/10, 1/250sec, ISO-100)

Schon bald komme ich am Toten Meer an, an dessen Westufer es nun bis zum Südende entlang geht. Leider weht auch heute ein starker Gegenwind, ich vermute dass grundsätzlich am Nachmittag der Wind immer anzieht. Vielleicht sollte ich morgen früher los kommen und die ruhigere Luft dadurch besser nutzen.

(E-M5, 29mm, f/10, 1/125sec, ISO-100)
Totes Meer und Jordanien auf der anderen Seite (E-M5, 20mm, f/10, 1/200sec, ISO-100)
Blick zurück (E-M5, 14mm, f/10, 1/200sec, ISO-100)
(E-M5, 28mm, f/10, 1/200sec, ISO-100)

Auch läuft es heute ziemlich wellig am Ufer entlang. Direkt am Toten Meer entstehen in der trocknen Landschaft viele plötzlich auftretende Erdkrater („Sinkholes“), die Straße ist also ein bisschen ins Inland versetzt. Und dort steigen die Klippen ziemlich steil an, des erklärt die dauernden Bergauf- und Bergabpassagen der Route. Auch ist die Luft hier ganz schön drückend, heute werden gar die 27° C geknackt. Wetterglück habe ich also weiterhin ohne Ende!

(E-M5, 14mm, f/10, 1/40sec, ISO-100)

Eine Mittagspause gibt es im Schatten einer Busstation, das Highlight dabei ist heute die Mango aus Jericho. So saftig und frisch, die hing vermutlich gestern noch am Baum. Fantastisch.

Frische Mango, besser wird es nicht mehr! (ZTE A2017G, 4.216mm, f/1.8, 1/640sec, ISO-100)

Der Nachmittag wartet noch mit einer größeren Steigung auf, ich quäle mich 150 Höhenmeter bergauf. Doch dafür knacke ich auf der sehr steilen Abfahrt auch locker die 60km/h, ohne Bremsen wären vermutlich die 100km/h erreicht worden, ich will allerdings nichts riskieren mit dem bepackten Rad.

Voraus wird es nun leider steil (E-M5, 45mm, f/10, 1/100sec, ISO-100)
Totes Meer Panorama (E-M5, 11mm, f/10, 1/160sec, ISO-100)
Ein Klick darauf vergrößert das Bild!
Salzformationen (E-M5, 14mm, f/10, 1/100sec, ISO-100)

Ich verlasse die Westbank wieder. Kurz bin ich besorgt, weil ein Schild erklärt, man dürfte keine frischen Waren zurück nach Israel einführen und ich sehe mich schon den gesamten Einkauf aus Jericho abgeben. Doch die Soldat*innen, die jedes Auto kontrollieren, sind bei mir extrem cool. Sie winken nur, wünschen mir einen guten Trip und öffnen die Schranke. Toda raba! Back to Israel!

Checkpoint zur Ausreise aus der Westbank (ZTE A2017G, 4.216mm, f/1.8, 1/1900sec, ISO-101)

Kurz danach komme ich in En Gedi an, hier war ich damals bei meinem ersten Israel-Urlaub wandern. Leider ist dank der vorher beschriebenen Erdkrater der Zugang zum Strand nicht mehr möglich. Da hier nicht viele Wildcamp-Möglichkeiten kommen, steuere ich den En Gedi Campingplatz an, der leider noch mal 60 Meter über der Hauptstraße liegt.

Abendstimmung (E-M5, 45mm, f/10, 1/60sec, ISO-100)
(E-M5, 30mm, f/10, 1/100sec, ISO-100)
Campingplatz samt Betonfläche zum Zeltaufbau… (E-M5, 17mm, f/10, 1/40sec, ISO-100)
Kloschild am Campingplatz (ZTE A2017G, 4.216mm, f/1.8, 1/40sec, ISO-103)

Wenigstens gibt es so heute Nachmittag eine Dusche, ich kann meine Wäsche auch gleich noch mal handwaschen und den Abend entspannt auf Polstermöbel ausklingen lassen. Hoffentlich schaffe ich es dafür morgen an den Strand, ich will noch mal ins Tote Meer springen.

Gemütlicher Zeltplatz geht anders, aber der Ausblick ist schick! (E-M5, 14mm, f/10, 1/20sec, ISO-100)

Der Campingplatz ist nicht besonders schön, sein Zelt baut man auf Asphalt auf, Halt für die Heringe gibt es somit natürlich nicht. Als ich ein paar Meter vom Zelt entfernt bin, reißt eine Windböe mein Zelt um, und es schlittert ein paar Meter auf dem Asphalt. Auch wenn das ganze Unterfangen nur ein paar Sekunden dauert, ich habe ein paar hässliche, kleine Löcher im Außenzelt und ärgere mich maßlos. Nun, das werde ich nach Rückkehr nach Deutschland auf alle Fälle flicken müssen.

(E-M5, 33mm, f/10, 1/200sec, ISO-100)
Jordanien im Abendrot (E-M5, 40mm, f/10, 1/25sec, ISO-100)
(E-M5, 9mm, f/10, 1/30sec, ISO-100)

Entschädigt werde ich dadurch, dass ich Abends noch von den Nachbarn zu gegrilltem Hähnchen und Gemüse eingeladen werde. Die 5er Gruppe Freunde hat viel zu viel gekocht und ich darf mich nach Herzenslust bedienen. Deutlich besser als meine üblichen Nudeln mit Gemüse! Wir reden viel, die Männer sind ca. 50 Jahre alt und verbringen jedes Jahr ein gemeinsames Wanderwochenende irgendwo in Israel. Kennengelernt haben sie sich bei ihrem Wehrdienst, was erneut zeigt was der israelischen Armee für ein sozialer Faktor innewohnt und wie dabei Kontakte für das restlichen Leben geknüpft werden. Dies gilt nicht nur für den sozialen Bereich, auch von beruflichen Kontakten höre ich immer wieder.

Gesättigt falle ich ins Bett.

[Tag 6]: Givat Yoav – Shlomtzion

[Biking] – Israel 2019

[Tag 6] Givat Yoav – Shlomtzion

4. Dezember 2019: 105 Kilometer, 740 Höhenmeter von Givat Yoav bis nahe Shlomtzion in der Westbank.

GPX-Daten

Hier die heute gefahrene Route, anschließend in Relation zur Gesamtstrecke:

Zeit in Bewegung: 5:55h
Tempodurchschnitt: ~17,6km/h
Maximalgeschwindigkeit: 51,0km/h

Gesamtstrecke (Rot) in Relation zur heutigen Strecke (Blau)

In der Früh bringt mir Sara, die Hotelbesitzerin, meine gewaschene Wäsche zurück. Was ein tolles Gefühl endlich in sauberes Zeug eingekleidet zu sein. Dabei kann ich mich auf dieser Reise eh nicht beschweren, bereits am Ende des dritten Tages durfte ich bei Alon all meine Wäsche in die Maschine schmeißen. Auf dem Pamir Highway habe ich es tatsächlich nur 2 Mal in 3 Wochen geschafft meine Wäsche zu waschen, ansonsten musste ein Fluss herhalten. Geht auch, aber so wie es jetzt läuft ist es natürlich deutlich angenehmer. Ich packe zusammen, was sich trotz fehlendem Zeltabbau ziemlich langwierig gestaltet, denn ich habe mich ganz schön ausgebreitet in der Jurte.

Mit dem frisch gewarteten Fahrrad geht es dann wieder auf die Route. Die Beine haben heute Kraft, nur mein Knie tut ein wenig weh. Es widerstrebt mir, den Grund dafür zu nennen, denn der ist ganz schön peinlich: Gestern bin ich nach der Ankunft in Givat Yoav vor dem Supermarkt gestürzt, da ich mich nicht rechtzeitig aus meinen Klickpedalen befreien konnte und in Zeitlupe umgefallen bin. Nun ich war schlau genug nicht den Arm auszustrecken, und da irgendeine Verletzung zu provozieren, trotzdem bin ich aufs Knie gefallen, und habe wohl eine leichte Prellung davon gezogen. Außerdem habe ich die Coladose aufgesprengt, die ich etwa zwei Minuten davor bezahlt habe und flute damit die Tüte voller Essen. Ich ärgere mich tierisch über den unnötigen Umfaller. Nun, ich hoffe das Knie bessert sich, weiter geht’s!

Weg von der Hauptstraße, nun auf einem Nebenweg (E-M5, 34mm, f/9, 1/40sec, ISO-100)
Blick auf Sussita auf der Hügelspitze und den See Genezareth dahinter (E-M5, 45mm, f/9, 1/100sec, ISO-100)

Nach 6 Kilometer biege ich von der Hauptstraße ab, denn ich nehme eine weniger befahrene Strecke ins Tal, runter zum See Genezareth: Auf einer kleinen, trotzdem asphaltierten, Straße geht es bergab. Und hält auch noch einen Besichtigungspunkt bereit: Sussita (Hippos) ist eine alte römische Stadt und liegt mitten auf einem kleinen Berg am Wegesrand.

Aufstieg zu Sussita (E-M5, 16mm, f/9, 1/100sec, ISO-100)
Minenfelder neben Sussita (E-M5, 14mm, f/9, 1/125sec, ISO-100)

Kein Tickethäuschen, weit und breit niemand zu sehen, nach 10 Minuten Fußmarsch komme ich an den Ruinen an. Bewohnt wurde die Stadt im 2. Jahrhundert v. Chr. bis ins 7. Jahrhundert n. Chr. und diente unter anderem wohl als eine Festung dort oben auf dem Hügel.

Paradestraße (E-M5, 41mm, f/9, 1/80sec, ISO-100)
(E-M5, 45mm, f/9, 1/80sec, ISO-100)

Nach der israelischen Staatsgründung und vor der Eroberung der Golanhöhen im Sechstagekrieg nutzte die israelische Armee die Anlage wieder für den verwendeten Zweck: Als Verteidigungsanlage. Verrückt, dass über zwei Jahrtausende später eine Anlage für denselben Zweck herhält.
Ein Luftbild von Wikipedia zeigt eindrücklich, wie klein die Anlage ist: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Sussita_-_Aerial_photography_April_2017.jpg
Trotzdem bin ich vom Charme der Ausgrabung sehr angetan. Sicherlich spielt es eine Rolle, dass ich mutterseelenallein hier oben wandle. Wer von uns war denn schon mal in einer Ausgrabung wo keine Tourist*innen rumlaufen, das Personal nicht am ausbessern ist und auch sonst kein Lärm die Stille zerreißt? Ich habe die Ruinen ganz für mich allein, kann die Paradestraße entlang laufen, blicke auf zahlreiche Säulen und kann mir in dem Moment lebhaft vorstellen, wie diese Stadt damals mit geschäftigen Vorgehen gefüllt sein muss.

Mir gefällt es, dass ich bisher jeden Tag eine Aktivität oder Besichtigung nebst dem Radfahren hatte. Tel Meggido – Schwimmen im Meer – Safed besuchen – Hula Nationalpark – Mount Bental – Susita. Mal sehen ob ich sich das so fortsetzt, für morgen zumindest ist was geplant… 😉 Dies ist eine gelungene Abwechslung dazu, wie ich sonst meine Radreisen durchführe, nämlich von morgens bis abends nur im Sattel zu sitzen. Auf echte Stadtbesichtigungen habe ich auf Radtouren selten Lust, dafür kosten Städte einfach zu viel Kraft: Ampeln, Verkehr, Passant*innen. Aber mal eine Ausgrabung auf dem Weg unter die Lupe nehmen, das macht Laune!

Blick auf den weiteren Weg nach unten an den See Genezareth (E-M5, 26mm, f/9, 1/100sec, ISO-100)

Anschließend geht es weiterhin flott bergab. Die Reifen quietschen, die Felgen heizen sich so auf, dass ich mich daran fast verbrenne. Wie kann das denn sein, ich bin doch nur auf 50m Höhe? Nun, der See Genezareth liegt bei 200m UNTER Null, es geht also weiterhin bergab. 😉

Dann fahre ich am Ostufer des Sees entlang bis ich auf die Route 90 abbiege. Dieser werde ich nun zu 99% gen Süden bis nach Eilat am Roten Meer folgen, etwa 400 Kilometer weit. Es gibt noch ein paar knackige Steigungen, aber keine länger als 10 Minuten. Eher macht mir die drückende Hitze zu schaffen, selbst bei 24° C fühlt es sich weitaus heißer an, ich kann kaum glauben in Tadschikistan bei 45° C und mehr durch die Gegend gefahren zu sein.

(E-M5, 45mm, f/9, 1/160sec, ISO-100)
(E-M5, 40mm, f/9, 1/500sec, ISO-100)
Der Fluss Jordan ist auch hier nicht sonderlich imposant (E-M5, 14mm, f/9, 1/250sec, ISO-100)
Blick zurück auf das Golan-Plateau, von dem ich heute abgefahren bin. (E-M5, 25mm, f/9, 1/250sec, ISO-100)
Obstanbau (E-M5, 38mm, f/9, 1/60sec, ISO-100)
Jüdischer Friedhof (E-M5, 30mm, f/9, 1/320sec, ISO-100)
Mittagessen (ZTE A2017G, 4.216mm, f/1.8, 1/400sec, ISO-100)
Zeit für Eis ist eigentlich immer! (ZTE A2017G, 4.216mm, f/1.8, 1/470sec, ISO-100)

Nach einem kurzen Pita-Hummus-Mittagessen quere ich dann ganz problemlos die Grenze und bin nun in der Westbank. Westjordanland – Palästina – Judea und Samaria, sucht euch einfach aus was euch am besten gefällt. Zwar wusste ich, dass die Einreise in diese Richtung zumeist problemlos von statten geht, bin trotzdem erleichtert als ich die Grenzstation im Rückspiegel verschwinden sehe.

Nächstes Reiseziel: Jericho (E-M5, 38mm, f/9, 1/100sec, ISO-100)
Obst- und Gemüseanbau (E-M5, 14mm, f/9, 1/250sec, ISO-100)

Nachdem lange Zeit riesige Anbaugebiete für Obst und Gemüse an mir vorbei zogen, kommt nun ein sehr einheitliches Landschaftsbild auf. Rechts von mir türmen sich die Klippen und Berge auf, ich fahre auf einer ziemlich welligen Route 90 durchs Land. Links von mir kommt ein militärisch abgesperrter Korridor, dahinter liegt dann der Fluss Jordan und auf der anderen Flussseite ist bereits jordanisches Staatsgebiet. Leider quält mich seit der Abfahrt aus dem Golan ein fieser Gegenwind, der einfach nicht schwächer werden will. Ich darf ganz schön strampeln um Strecke zu machen.

Schöne Steilklippen zu meiner Rechten (E-M5, 35mm, f/9, 1/50sec, ISO-100)
Blick nach Jordanien (E-M5, 16mm, f/9, 1/250sec, ISO-100)
(E-M5, 18mm, f/9, 1/250sec, ISO-100)

Die Grenz-Befestigungen sind schon imposant, so hätte ich mir damals den chinesischen Grenzzaun in Tadschikistan vorgestellt. Bewegungsmelder, Starkstrom, Minen-Warnschilder und sicherlich allerlei sonstiger Hightech-Kram, den ich nicht sehen kann. Nun, wenn mir das Wasser ausgeht, rüttle ich einfach am Zaun, ich wette 10 Minuten später ist die Grenzsicherheit da. 😉

Sicherheitszaun und dahinter Jordanien (E-M5, 45mm, f/9, 1/250sec, ISO-100)
Sicherheitszaun (E-M5, 45mm, f/9, 1/320sec, ISO-100)
Jordanien-Panorama (E-M5, 14mm, f/9, 1/200sec, ISO-100)
Ein Klick auf das Panorama vergrößert dies.
(E-M5, 45mm, f/9, 1/160sec, ISO-100)
(E-M5, 36mm, f/9, 1/125sec, ISO-100)

Die Route 90, auf der ich mich gerade befinde, hält den Titel als niedrigster Highway der Welt, was der Routenführung am tiefliegenden Toten Meer vorbei geschuldet ist. Sie läuft von der libanesischen Grenze ganz im Norden bis zur südlichsten Stadt Israels, Eilat. Die Straße ist im Westbank-Abschnitt als „Area C“-Gebiet kategorisiert, das bedeutet sie unterliegt nicht der palästinensischen Autonomiebehörde, sondern ist auch in der Westbank unter israelischer Kontrolle. Durch die Checkpoints nach Israel kommen nur israelische Fahrzeuge und Personen mit israelischem Pass. Palästinenser*innen, die die Grenze passieren wollen brauchen eine gültige Arbeitserlaubnis für Israel oder überführen landwirtschaftliche Produkte. Besonders unrühmlich ist der Ruf der Straße, die höchsten Unfallzahlen in ganz Israel hervorzubringen. Je nachdem wen man fragt, liegt die Schuld dafür an verschiedenen Faktoren. Nicht von der Hand zu weisen ist, dass die Route 90 vor allem in ihrem südlichen Abschnitt durch die Negev-Wüste schnurgrade und monoton ist, es passieren also wohl viele Unfälle durch unachtsame, müde Fahrer*innen. Vielfach wurde ich auf meiner Tour vor der Route 90 gewarnt, teilweise wurde mir in den schillerndsten Farben ausgemalt, dass ich hier auf alle Fälle mein Leben aufs Spiel setzen täte. Ich entschließe mich dazu, mich nicht dadurch verrückt machen zu lassen. Aufmerksam fahren, oft in den Rückspiegel blicken und keinesfalls bei Dämmerung unterwegs sein. Wird schon klappen!

(E-M5, 39mm, f/9, 1/400sec, ISO-100)
(E-M5, 39mm, f/9, 1/200sec, ISO-100)

Wasser kriege ich in einem kleinen palästinensischen Café am Straßenrand aufgefüllt, dann geht es weiter. Ich halte schon fleißig Ausschau nach Campingmöglichkeiten. Obwohl viele Wege am Straßenrand gesperrt sind, gibt es doch ein paar Spots, wo ich ohne größeren Aufwand meinen Palast errichten könnte.

Und nachdem ich es heute endlich schaffe die 100km zu knacken, weil zwar keine großen Steigungen, aber viele kleine, mir das Leben schwer machen, verbunden mit starkem Gegenwind, finde ich nach 104km den gesuchten Platz. Eine kleine Anhöhe, die mich aus der Sichtweite der Straße bringt. Hier beobachte ich einen fantastischen Sonnenuntergang, bevor ich mich daran mache, das Zelt aufzuschlagen. Es liegt hier sogar ein kaputter, aber noch einigermaßen stabiler Stuhl rum. Einziger Nachteil bis jetzt: Im Gebüsch neben mir sind wohl zahlreiche Mäuse versteckt, es ist ein dauerhaftes Geraschel. Ich werde wohl heute meine Taschen extra gut Verschließen müssen, ich hoffe die bleiben meinen Sachen fern.

Hinter diesem Schutthaufen stelle ich heute das Zelt auf, nahe der Hauptstraße (E-M5, 18mm, f/9, 1/50sec, ISO-100)
Der Palmenhain am Campspot (E-M5, 9mm, f/9, 1/40sec, ISO-100)
Panorama Abendstimmung (E-M5, 9mm, f/9, 1/60sec, ISO-100)

Spannend finde ich die Darstellung der heutigen Tour:

Das Höhendiagramm meiner GPS-Software, wenn man unter Null kommt.

So genieße ich einen beeindruckenden Blick rüber nach Jordanien und entspanne am Abend. Zumindest so lange, bis es über meinem Kopf auf einmal klingt, als wäre der Vesuv ausgebrochen und Metallica hätte zeitgleich Rock am Ring eröffnet. Vom nahen Herzstillstand begleitet, beobachte ich wie etwa 50-100m über mir zwei gigantische Lockheed Militärtransporter hinwegdonnern. Es sind zwei der nur 18 in ganz Israel vorhandenen Lockheed C-130. Etwas früher am Tag hatte ich sie bereits fotografiert, da aber mit voll ausgefahrenen Tele-Zoom.

Man stelle sich den Flieger 100m Überkopf vor… Die Flugzeuge sind so nah, ich hab das Gefühl das Landegestell fast greifen zu können. Da sie gegen den Wind angeflogen kamen, höre ich sie erst, als sie genau über mir sind.

Die üben wohl Niedrigflugmanöver oder fliegen aus strategischen Gründen in der Westbank so niedrig. Ich vermute ersteres, denn keine halbe Stunde später donnern sie erneut über meine Köpfe (wenn es denn nun nicht zwei weitere Flieger waren), diesmal allerdings mit weniger Herzstillstand und mehr „HOLY SHIT!“. Was ein verrückter Ausklang eines tollen Tages!

[Tag 5]: Odem Forest – Givat Yoav

[Biking] – Israel 2019

[Tag 5] Odem Forest – Givat Yoav

3. Dezember 2019: 67 Kilometer, 570 Höhenmeter von Odem Forest entlang des Golans bis Givat Yoav auf den Golanhöhen.

GPX-Daten

Hier die heute gefahrene Route, anschließend in Relation zur Gesamtstrecke:

Zeit in Bewegung: 3:53h
Tempodurchschnitt: ~17,2km/h
Maximalgeschwindigkeit: 56,7km/h (!!!)

Gesamtstrecke (Rot) in Relation zur heutigen Strecke (Blau)

Auch wenn es echt frostig wurde und die Temperaturen bis auf 6 Grad runtergingen, habe ich heute gut geschlafen.

Odem Campingplatz am Morgen (E-M5, 14mm, f/7.1, 1/15sec, ISO-250)

Am Campingplatz selber besuche ich noch das Palsar-7 Gedenkstätte, zu der ich bei meinem Besuch 2014 schon was geschrieben habe.

In der Früh mache ich mich entspannt ans Zusammenpacken, denn bis zum ersten Stopp des Tages ist es nicht weit.

Erster Blick auf den Berg Bental (E-M5, 20mm, f/7.1, 1/320sec, ISO-100)
(E-M5, 23mm, f/7.1, 1/400sec, ISO-100)

Kaum habe ich mein Rad gesattelt, sind die 5 Kilometer bis zum Dörfchen Merom Golan bereits absolviert. Dort wartet dann jedoch noch eine Herausforderung auf mich: Ich will nämlich auf den Berg Bental, und somit warten doch wieder knappe 200 Höhenmeter auf mich. Und die haben es, trotz Asphaltstraße, wirklich in sich.

Das wird ein richtig steiler Aufstieg! (E-M5, 45mm, f/7.1, 1/320sec, ISO-100)

Es geht steiler als gestern bergauf. So muss ich etwa 1/3 der Strecke schieben, selbst im ersten Gang war das für mich nicht mehr zu meistern. Dafür ist die Befriedigung, oben angekommen zu sein, umso größer.

Finde ich immer wieder: Die Markierungen des Golan-Trails. Hier bin ich auch 2014 hochgekraxelt, mit dem Rucksack ging es aber leichter als mit dem Rad (E-M5, 45mm, f/7.1, 1/320sec, ISO-100)
Coffee Annan (DSC-HX50, 8.31mm, f/6.3, 1/400sec, ISO-80)

Mount Bental hat eine wunderbare Aussicht in alle Richtungen und liegt nah an der syrischen Grenze, die die Ostgrenze der Golanhöhen darstellt. Von hier oben sieht man die Grenzanlagen, die patrouillierenden UN-Friedenstruppen, aber auch die restlichen Golanhöhen und zurück bis ins Hula-Tal. Ich war bereits 2014 hier, damals habe ich bei meiner Wanderung entlang der syrischen Grenze ab und an Feuergefechte gehört und Rauchsäulen aufsteigen gesehen. Heute ist die Situation ruhiger, aber auch hier waren die letzten Jahre ereignisreich: Die syrische Grenzregion wurde immer mal wieder von anderen Gruppen eingenommen, mal herrschten die Rebellen, mal die Regierungstruppen und natürlich macht sich besonders in Israel die Angst davor breit, das Hisbollah und ihre Unterstützer einen Fuβ in die Tür kriegen, in direkter Nähe zu Israel.

Panorama nach Syrien (E-M5, 25mm, f/7.1, 1/320sec, ISO-100)
Ein Klick auf das Panorama vergrößert dieses!
Blick auf die Grenzanlage (E-M5, 45mm, f/7.1, 1/400sec, ISO-100)
Blick zurück auf den Odem-Wald, wo ich heute übernachtet habe. (DSC-HX50, 44.77mm, f/6.3, 1/400sec, ISO-80)
Militäranlage auf dem benachbarten Berg (E-M5, 45mm, f/7.1, 1/640sec, ISO-100)

Den Ausblick kenne ich wie gesagt schon, schön war für mich also das oben angesiedelte Café Coffee Anan (Ein Wortwitz, basierend auf Kofi Annan, der vor seiner Zeit als UN Generalsekretär hier Leiter der UN-Friedenskräfte war). Dort gibt es für mich die Möglichkeit windgeschützt zu sitzen, denn es bläst immer noch ein eisiger Wind, ich komme zum Blogschreiben und entspannen. Zudem gönne ich mir eine gigantische Pizza, für 12 Euro kein Schnäppchen, aber mit so viel Mozzarella belegt, dass es auf alle Fälle als Mittagessen ausreicht.

Aktiver Diebstahlschutz für mein Fahrrad (E-M5, 25mm, f/7.1, 1/250sec, ISO-100)
Das ist eine gelungene Abwechslung zu Pita und Hummus (E-M5, 14mm, f/7.1, 1/20sec, ISO-100)

Anschließend geht der wilde Ritt wieder bergab.

Blick zurück auf den Berg Bental (E-M5, 30mm, f/7.1, 1/400sec, ISO-100)
Mehrmals komme ich heute an Panzer-Wracks vorbei (E-M5, 45mm, f/7.1, 1/320sec, ISO-100)
Sehr nah an der syrischen Grenze (E-M5, 45mm, f/7.1, 1/200sec, ISO-100)

Der Rest des Nachmittags bleibt fantastisch: ich habe bis zu meiner Übernachtungsmöglichkeit 60 Kilometer vor mir, der überwiegende Großteil davon Bergab. Die Übernachtung liegt auf 300m, am Berg Bental bin ich auf 1170m, da ist also ganz schön viel Strecke nach unten zu machen. Nun, mir soll es nach den beiden vergangenen, sehr anstrengenden Tagen nur Recht sein. Ich kann es heute Laufen lassen, die Landstraße ist in diesen Teilen des Golans auch nicht so dicht befahren wie gestern. Mit Musik im Ohr und so laut singend das selbst die Kühe schmerzverzerrt dreinblicken, geht es in beeindruckendem Tempo voran. Selbst der Wind pustet mir heute mit Kraft in den Rücken, so könnte es öfters sein.

Nachdem ich es gestern auf den Golan geschafft habe, durchkreuze ich heute die ganzen Golanhöhen, es ist wirklich ein winziges Fleckchen Erde. Umso surrealer erscheint mir hier die Situation und das “Gefühl”, welches den Tag über vorherrscht. Ich beschreibe es vielleicht am besten als ein Gebiet im Kriegszustand, das aber gerade Mittagspause oder Mittagsschlaf macht.

Klar, mit Syrien ist man immer noch im Kriegszustand, da herrscht nur Waffenruhe. Es gibt also eine immer bemannte Grenze, dauernd überholen mich Militärfahrzeuge voller Soldat*innen, fette Hummer-Jeeps mit Maschinengewehren. Dann ist gefühlt auf jedem Berg ein Horchposten der israelischen Armee installiert. Die Felder links und rechts des Weges sind abgezäunt und mit Warnschildern versehen, da sich noch zahlreiche vergrabene syrische Minen darauf befinden. Auch komme heute an dutzenden Mahnmalen vorbei, die an gefallene Soldat*innen oder bestimmte Truppenteile erinnern, welche entweder im 67er Krieg (Sechstagekrieg) oder aber beim Yom Kippur Krieg 1973 ums Leben gekommen sind. Wie gesagt, eine komische Situation, dennoch bleibt das Land wunderschön und ich genieße die Ausblicke in alle Richtungen.

Gedenkort (E-M5, 14mm, f/7.1, 1/400sec, ISO-100)
Blick nach Syrien, von wo die Panzerarmee angerollt kam 1973 (E-M5, 14mm, f/7.1, 1/400sec, ISO-100)
Hier die gestern schon beschriebenen Luftschutzvorrichtungen. Jeder Abwassergraben dient als möglicher Schutz (E-M5, 31mm, f/7.1, 1/320sec, ISO-100)
Abseits der Straße sind noch allerlei Minenfelder (E-M5, 45mm, f/7.1, 1/125sec, ISO-100)
Das Ende der Welt? (E-M5, 45mm, f/7.1, 1/500sec, ISO-100)
Doch nicht das Ende, aber es geht angenehm bergab (E-M5, 43mm, f/9, 1/200sec, ISO-100)

Auch komme ich an den Windrädern vorbei, die mir bereits 2014 auf Wanderung so gut gefallen haben.

Die Windräder fand ich schon auf meiner Wanderung sehr fotogen (E-M5, 29mm, f/7.1, 1/250sec, ISO-100)
Golanhöhen-Panorama (E-M5, 14mm, f/9, 1/80sec, ISO-100)
Ein Klick auf das Panorama vergrößert dieses!
Eine faszinierende Geschichte: Tel Saki (E-M5, 45mm, f/9, 1/160sec, ISO-100)

Unterwegs komme ich an Tel Saki vorbei, wo sich im Yom Kippur Krieg unglaubliches abspielte. In der Befestigungsanlage hielten 60 Fallschirmjäger und 45 Panzer dem syrischen Angriff stand. Aus Syrien sahen sie sich 11.000 Soldaten und 900 Panzern gegenüber. Nachdem ihnen die Munition ausging und zwei Rettungsversuche erfolglos blieben, konnten in einem dritten Rettungsversuch noch ein paar lebende, aber verwundete Soldaten befreit werden. Ein Ort mit viel Geschichte.

Tel-Saki (E-M5, 45mm, f/9, 1/200sec, ISO-100)
(E-M5, 30mm, f/9, 1/100sec, ISO-100)
Ankunft in Givat Yoav (E-M5, 28mm, f/9, 1/100sec, ISO-100)

Zum Abend habe ich es bis Givat Yoav geschafft. In diesem kleinen Dörfchen gibt es einen Campingplatz mit mongolischen Jurten. Den Platz hatte ich bereits bei meinem ersten Israeltrip 2013 entdeckt und war seitdem bei jedem Besuch im Land wieder hier. Heute soll keine Ausnahme sein, ich habe mich für eine Nacht eingebucht. Und wie jedes Mal bisher bin ich der einzige Gast auf dem Gelände und habe eine Jurte wieder ganz für mich. Fantastisch, da kommen Erinnerungen hoch.

(E-M5, 45mm, f/9, 1/320sec, ISO-100)
Bilder vom Aufbau des Campingplatzes (ZTE A2017G, 4.216mm, f/1.8, 1/20sec, ISO-510)

Nebenan wird aber ein weiteres Jurten-Camping gebaut, dies scheint wohl die Konkurrenz zu sein.

Den Abend verbringe ich damit mein Rad auf Vordermann zu bringen, da ist nach all dem Sand und Dreck der letzten Tage doch ein bisschen Pflege und Öl notwendig. Ansonsten koche ich mir ein leckeres Abendessen (Ist schon einfacher, wenn man das Gemüse sehen kann, welches man gerade kleinschneidet und nicht wie die letzten Tage im Dunkeln darauf hoffen muss keinen Finger abzutrennen.) Dafür muss ich allerdings meinen eigenen Kochtopf nutzen. In der Küche finden sich nämlich nur Töpfe, mit denen man eine mittelgroße Schulklasse satt kriegen würde, da würden aller Voraussicht nach meine Nudeln nicht mal den Topfboden bedecken.

Abendessen (E-M5, 14mm, f/4.5, 1/3sec, ISO-500)

Und dann bleibt ganz viel Zeit zum Entspannen in der Jurte.

Ich breite mich ganz schön aus (E-M5, 14mm, f/4.5, 1/5sec, ISO-500)
(E-M5, 14mm, f/4.5, 1/5sec, ISO-500)

Morgen geht es weiter Bergab, erst bis zum See Genezareth und dann weiter bis in die Westbank/Judea und Samaria /Palästina/Palästinensischen Autonomiegebiete/Westjordanland (ich bin noch unentschieden, welche Begrifflichkeit ich verwenden könnte. Jede*n damit zufrieden zu stellen wird wohl nicht funktionieren).

Ich bin froh über den heute etwas entspannteren Tag und hoffe dass es morgen erfolgreich weiter geht.

[Tag 4]: Nof HaKinneret – Odem Forest

[Biking] – Israel 2019

[Tag 4] Nof HaKinneret – Odem Forest

2. Dezember 2019: 72 Kilometer, 1400 Höhenmeter von Nof HaKinneret nahe Safed bis zu einer Campingstelle im Odem Forest auf den Golanhöhen.

GPX-Daten

Hier die heute gefahrene Route, anschließend in Relation zur Gesamtstrecke:

Zeit in Bewegung: 5:44h
Tempodurchschnitt: ~12,4km/h
Maximalgeschwindigkeit: 49,2km/h

Gesamtstrecke (Rot) in Relation zur heutigen Strecke (Blau)

Ich habe in der Nacht wunderbar geschlafen und werde durch Alon mit Oatmeal zum Frühstück geweckt. Ich habe in der Nacht einen starken Regenschauer verpasst, der gut für die israelische Landschaft, aber schlecht für meine Wäsche auf der Leine war. Also noch mal ab in den Trockner damit.

Blick über den wolkenverdeckten See Genezareth (E-M5, 18mm, f/9, 1/100sec, ISO-100)
Blick von Alons Terrasse. Das Hula-Tal ist komplett unter der Wolkenschicht verdeckt (E-M5, 14mm, f/9, 1/1250sec, ISO-100)

Ich komme nach dem Packen erst um kurz vor 9 los, zur Verabschiedung wird es noch mal religiös. Ich solle mir bewusst machen, das Israel “the land of Jesus” ist, er hier wirklich seine Wunder vollbracht habe und ich mit offenem Herzen und Seele durchs Land reisen solle. Nun, in so einer Situation hilft nur noch nicken und sich seinen Teil denken. Trotzdem, der Aufenthalt bei Alon war wunderbar, genau das richtige nach der Kletterpartie gestern.

Danke für die Gastfreundschaft Alon (E-M5, 14mm, f/9, 1/200sec, ISO-100)
Blick auf die Abfahrt (E-M5, 14mm, f/9, 1/640sec, ISO-100)

Ebenfalls gut für die müden Beine: Es geht jetzt erstmal 25km bergab. Erst steil runter von den Bergen ins Hula-Tal, dann moderat bergab im Hula-Tal selbst.

Blick in Richtung Hula-Tal und Golanhöhen (E-M5, 24mm, f/9, 1/250sec, ISO-100)
(E-M5, 17mm, f/9, 1/320sec, ISO-100)
Zwischenstop am Markt (E-M5, 14mm, f/9, 1/320sec, ISO-100)
Gespenstische Einfahrt ins Hula-Tal (E-M5, 20mm, f/9, 1/80sec, ISO-100)
Auf der anderen Tal-Seite spannen sich bereits die Golanhöhen auf. Das Tal ist wirklich sehr schmal. (E-M5, 45mm, f/9, 1/125sec, ISO-100)

Im Hula-Tal habe ich einen weiteren Zwischenstopp eingeplant, ich will Vögel beobachten gehen. Das Hula-Tal hat einen Reichtum an Vogelarten, die hier auf dem Weg von Europa nach Afrika eine Pause in ihrer Wintermigration einlegen. Es gibt zwei Nationalparks, denjenigen den ich mir raussuche kostet keinen Eintritt. Der Park umfasst einen großen See und ich bin gewaltig froh diesmal mit meinem eigenen Rad angereist zu sein. 2016 und 2013 war ich bereits hier und habe den See zu Fuß umrundet, das kostet gute 2-3 Stunden.

Der Nationalpark ist auf wahre Touristenanstürme vorbereitet (E-M5, 14mm, f/9, 1/80sec, ISO-100)
(E-M5, 14mm, f/9, 1/100sec, ISO-100)

Mit dem Rad ist das deutlich komfortabler, so sehe ich tausende Kraniche, aber auch einen Reiher und dutzende andere Vögel in ihrem Habitat. Einen blauen Eisvogel kriege ich zwar kurz zu Gesicht, für ein Foto ist er aber zu clever und zu schnell verschwunden.

Irritierend sind Explosionen, die alle paar Minuten die Stille und das Vogelgeschrei zerreißen. Erst nach einiger Zeit fällt mir auf, dass die Explosionen von umliegenden Feldern stammen. Mit zeitgesteuerten kleinen Sprengladungen werden die Vögel von den Feldern verjagt, bevor sie die ganze Aussaat wegfressen.

Und wenn ihr mal hören wollt, was für eine Geräuschkulisse sich aufbaut:

Statt den See einmal komplett zu umrunden müssen, hatte ich einen Guide im Nationalpark gefragt, ob ich den Park nach der Hälfte auch gen Osten verlassen kann, so fahre ich gleich in die richtige Richtung weiter. Der Guide bestätigt meinen Routenvorschlag, er warnt mich allerdings dass es keine asphaltierten Wege sein und diese eventuell schlammig sein könnten. Nun, 4 Kilometer von 5 Kilometern Gesamtstrecke fahre ich absolut glücklich auf diesem Weg, schön am Jordan-Fluss (hier eher Flüsschen) entlang.

Zuerst ist der Feldweg ja ideal! (E-M5, 14mm, f/7.1, 1/250sec, ISO-100)
Blick auf den Fluss Jordan, der hier im Norden nicht ganz so beeindruckender Statur ist (E-M5, 45mm, f/7.1, 1/40sec, ISO-100)

Und dann plötzlich wird der Weg ein wenig feucht und keine 30 Sekunden später komme ich unsanft zum Stehen. Der Matsch hat sich zwischen Schutzblech und Reifen so aufsummiert, ich komme keinen Meter mehr voran. Mühsam muss ich das Gepäck abladen und mit einem Stock den Matsch abkratzen, der schnell antrocknet und hart wie Zement wird. Eine langwierige Aufgabe, auch weil ich danach den letzten Kilometer zur Straße lieber schiebe, denn ich will nichts mehr riskieren. So kosten mich die 5km Wirtschaftsweg knappe 1,5h.

Mit so viel Dreck unterm Schutzblech dreht sich auch der Reifen nicht mehr. (E-M5, 14mm, f/7.1, 1/30sec, ISO-100)
Alles dreckig und verklebt (E-M5, 34mm, f/7.1, 1/30sec, ISO-100)
Mühsame Reinigung mit einem Stock (E-M5, 14mm, f/7.1, 1/13sec, ISO-100)

Anschließend geht es noch 10 Kilometer dem Tagesziel entgegen: Ich muss hoch auf den Golan. Und da der Landstrich nicht umsonst GolanHÖHEN genannt wird, war von Anfang an klar, dass dies kein leichtes Unterfangen wird. Selbst der Anblick der Golanhöhen, die wie eine Klippe über mir thronen machen die strategische Bedeutung dieser Gegend bewusst. Israel hat die Golanhöhen im Sechstagekrieg 1967 erobert. Davor kam es immer wieder zu Angriffen der syrischen Seite, die mit Scharfschützengewehren die israelischen Bauern im tiefer gelegenen Hula-Tal beschossen.

Zur Verdeutlichung noch mal das Bild von heute Morgen. Die Golanhöhen haben eine Art Klippe zum Hula-Tal (E-M5, 45mm, f/9, 1/125sec, ISO-100)
Ich komme ans nördliche Ende des Hula-Tals. Rechts vor der Bergkette biege ich nun ab und klettere auf die Golanhöhen (E-M5, 14mm, f/7.1, 1/320sec, ISO-100)
Da geht es nun gleich hoch (E-M5, 25mm, f/9, 1/200sec, ISO-100)

So bin ich nach einigem sanften Bergauffahren am Ende des Hula-Tals auf 125m Höhe angekommen, passenderweise im Örtchen „Dan“. Doch ich muss zu einer Stadt auf dem Golanplateau und die liegt auf 1050m Höhe. Dazwischen liegen nur 15km Landstraße. Also wie gestern schon, ab in den 2. Gang und kurbeln, kurbeln, kurbeln. Heute ist es besonders ätzend, der Weg ist steil, die Landstraße ist viel befahren und ohne breiten Seitenstreifen. Zudem sitzt mir wieder die Zeit im Nacken, es ist nun 14 Uhr im Tal, und ich will vor Einbruch der Dunkelheit oben sein. Nicht mal eine Mittagspause hatte ich bisher, die hole ich um 15 Uhr gehetzt neben der Straße nach. Erholsam ist das nicht gerade.

Endlich da! Jetzt muss ich “nur” noch den Berg hoch (E-M5, 28mm, f/9, 1/200sec, ISO-100)
Ein-Qiniyye am Hang über mir (E-M5, 45mm, f/9, 1/200sec, ISO-100)

Um die Anstrengung zu kompensieren fange ich irgendwann an, im dehydrierten und erhitzten Zustand mir Witze auszudenken. Seid ihr bereit für eine Kostprobe? *Achtung Sparwitzalarm, sagt nicht ich hätte euch nicht gewarnt*:
Wie heißt ein berühmtes Teenager-Märchen? – Ali Blabla und die 40 Voicemails!
Ha, Schenkelklopfer! 😀

Doch es gibt auch schöne Aspekte. Ich kurble mich am Banias-Nationalpark vorbei, wo ich vor Jahren schon zu Besuch war.

Abzweig zum Banias Nationalpark (ZTE A2017G, 4.216mm, f/1.8, 1/1150sec, ISO-100)

Auch erlebe ich im weiteren Verlauf den Erfolgsmoment, dass die Nimrod-Festung, die vorher uneinnehmbar über mir thronte plötzlich unter mir liegt. Ebenso der Ort Ein-Qiniyye, den man bereits aus dem Tal erblicken konnte.

Die Nimrod Festung (E-M5, 45mm, f/9, 1/200sec, ISO-100)
(E-M5, 40mm, f/9, 1/80sec, ISO-100)
Ein gutes Gefühl, ich bin nun gleichauf mit der Nimrod Festung (E-M5, 45mm, f/9, 1/125sec, ISO-100)
Nimrod Festung (E-M5, 45mm, f/9, 1/80sec, ISO-100)
Der Ort Ein-Qiniyye aus dem Tal gesehen (E-M5, 45mm, f/9, 1/200sec, ISO-100)
Und nun bin ich auch noch höher als Ein-Qiniyye (E-M5, 14mm, f/9, 1/100sec, ISO-100)
Blick zurück ins Hula-Tal (E-M5, 14mm, f/9, 1/125sec, ISO-100)

Zahlreiche Minenfelder am Wegesrand beschreiben die ereignisreiche Geschichte dieses Gebiets und stellen sicher, dass ich mir keinen vorzeitigen Übernachtungsplatz suche. Ich habe vor Abreise nach Israel mir noch eine sogenannte „Red-Alert“-App aufs Telefon geladen. Diese ist gekoppelt an die Raketenvorwarnsystemen in Israel und warnt falls es zu Raketenbeschuss aus Gaza, Syrien oder dem Libanon kommt. Eine kleine Vorsichtsmaßnahme, wo ich doch länger an der libanesischen Grenze unterwegs war, morgen an der syrischen Grenze entlang fahre und im weiteren Verlauf der Reise auch am Gazastreifen vorbeikomme. Vor zwei Wochen wurden 6 Orte nahe/auf den Golanhöhen von Syrien aus beschossen. Alle 6 in der App genannten Orte durchfahre ich heute mit dem Rad. Da verwundert es mich nicht, dass selbst bei Abflussrohren unter der Straße ein Schild steht, um diese im Notfall als Schutzbunker auszuschildern.

Durch all diese Orte bin ich heute durchgefahren. Vor zwei Wochen gab es hier Raketenalarm.
Erneut ein Wettrennen gegen den Sonnenuntergang (E-M5, 17mm, f/9, 1/50sec, ISO-100)

Langsam verschwindet die Sonne, die Temperatur auf dem Golan fällt ziemlich rapide. Ich hab endlich Mas‘ade, die Stadt auf dem Bergrücken, im Blick. Die letzten 200 Höhenmeter gelingen nur noch mit purer Sturheit.

Endlich angekommen auf dem Bergrücken! (E-M5, 31mm, f/9, 1/4sec, ISO-100)

Im Dorf angekommen ist es 16.40Uhr, ich habe noch 7km bis zum von mir anvisierten Campingplatz. Schnell lasse ich meine Flaschen von einer Burger Bude mit Wasser befüllen, schon flitze ich ins halbdunkel der blauen Stunde davon. Diese 7km werden noch mal richtig ätzend: Nicht nur das das Licht fast weg ist und es doch noch mal 100 Höhenmeter bergauf geht, nein, auch hat die Straße keinen Seitenstreifen und unglaublich viel bekloppten Verkehr. Die Fahrer*innen schalten ihr Fernlicht nicht aus und rasen mit über 100km/h an mir vorbei. Mehr als einmal fahre ich absichtlich in den Straßengraben um den Autos auszuweichen, nicht sicher ob meine Fahrradbeleuchtung ausreicht um erkannt zu werden. Sehr unentspannt also, ich hetze mich auch sehr, selbst bergauf fahre ich nun 15km/h, keine Ahnung wo ich die Kraft hernehme. Ich will nur runter von der Straße.

Sonnenuntergang auf den Golanhöhen. Nur noch ein paar Kilometer zu meinem Campingplatz (E-M5, 21mm, f/5, 1/3sec, ISO-1000)

Dann endlich kommt der anvisierte Campingplatz am Odem Forest in den Blick. Durchgefroren, weil bei 8°C immer noch im durchgeschwitzten T-Shirt unterwegs, baue ich in Windeseile das Zelt auf und liege erstmal länger im Schlafsack, bis die Wärme wieder zurückkehrt. Durch den Temperaturabfall ist auch unglaublich viel Kondenswasser auf allen Gegenständen und im Zelt.

Ich hatte mir ursprünglich bei der Planung vorgenommen auch noch auf den nahegelegenen Berg Hermon zu fahren. Dieser ist geteilt zwischen Israel, Syrien und dem Libanon und beherbergt auf israelischer Seite das einzige Skigebiet des Landes. Aber die Aussicht darauf morgen früh noch einmal 700 Höhenmeter steil bergauf zu fahren, nur um in einem Skigebiet zu stehen? Auch ist nicht sicher ob dort oben überhaupt Schnee liegt, zudem müsste ich dann dort oben umdrehen und auf gleichem Weg wieder bergab fahren. All dies ist mir den Aufwand nicht wert, dafür hat mich der Aufstieg zu den Golanhöhen heute zu viel Kraft gekostet. Ich schmeiße also die Hermon-Befahrung aus dem Routenplan. So habe ich jetzt, müde im Zelt liegend zumindest die Gewissheit, dass die schlimmste Kletterei des Urlaubs hinter mir liegt. Ich bin heute von 50 Meter auf 1100m ü. N. aufgestiegen, morgen Abend werde ich hingegen auf 400m Höhe übernachten. Und dann geht es sowieso runter in Richtung Totes Meer auf MINUS 400m. Weitere Aufstiege auf der Reise werden 200-300m beinhalten, aber keine 1000 wie heute.

Diese Grafik beschreibt gut, wieso heute so anstrengend war.

Mein heutiger Campingplatz ist eigentlich ganz beschaulich, wenn es nicht stockfinster und kalt wäre. 2014 habe ich bei meiner Wanderung auf dem Golan-Trail (Tag 1 und Tag 2) ebenfalls hier gezeltet und die Palsar 7 Gedenkstätte besucht, die getöteten israelischen Soldaten gewidmet ist, die hier im Yom-Kippur-Krieg ihr Leben ließen. Mehr Infos im Beitrag von damals.

Heute bin ich jedoch ganz allein auf dem Campingplatz und koche mir abends in der Dunkelheit noch einen großen Topf Nudeln, dann geht es schon ins frostige Zelt.

Heute war mir eindeutig zu anstrengend, ich bin sehr froh die Strecke hinter mich gebracht zu haben. 2 Tage klettern am Stück sind zu viel für mich, zumindest zu Beginn der Tour, wo ein Muskelkater dem nächsten folgt. Nun habe ich aber immerhin den nördlichsten Punkt Israels hinter mich gebracht. Ab jetzt geht es knapp 550km immer nur nach Süden bis nach Eilat. Zeit also, die Sonnenbrille auszupacken!

Nachts zerreißt immer wieder Artilleriefeuer die Stille. Zum Glück weiß ich aber, dass das israelische Militär Übungsgelände auf den Golanhöhen betreibt wo besonders Panzerbataillone ausgebildet werden.

[Tag 3]: Libanesische Grenze – Nof HaKinneret

[Biking] – Israel 2019

[Tag 3] Libanesische Grenze – Nof HaKinneret

1. Dezember 2019: 50 Kilometer, 1310 Höhenmeter vom Campingplatz in die Nähe der libanesischen Grenze bis Nof HaKinneret nahe Safed.

GPX-Daten

Hier die heute gefahrene Route, anschließend in Relation zur Gesamtstrecke:

Zeit in Bewegung: 4:50h
Tempodurchschnitt: ~11,0km/h
Maximalgeschwindigkeit: 51,8km/h

Gesamtstrecke (Rot) in Relation zur heutigen Strecke (Blau)

Wie gestern angenommen, bleibe ich auch in der Nacht unentdeckt, kein Auto verirrt sich auf meinen Schotterweg. Der Start in der Früh ist ein bisschen beschwerlich, aber da ich den Wecker auf eine unheilige Zeit gestellt habe, komme ich nichtsdestotrotz um 7.30 Uhr los.

Mein Camp am Morgen (E-M5, 14mm, f/6.3, 1/40sec, ISO-250)

Heute geht es zuerst nach Safed und der Weg kennt nur eine Richtung: Bergauf.

Hügelig wäre als Beschreibung für den heutigen Tag eine Untertreibung (E-M5, 16mm, f/9, 1/125sec, ISO-100)
Ab nach Shelomi (E-M5, 45mm, f/9, 1/125sec, ISO-100)
(E-M5, 45mm, f/9, 1/125sec, ISO-100)
Roadkill im Straßengraben. (E-M5, 36mm, f/9, 1/10sec, ISO-100)

Vom Übernachtungsplatz auf knapp über 270m windet sich die Route immer weiter in den Himmel, Safed selbst liegt auf 800m. Dazwischen warten also einige anstrengende Kilometer, auf denen es im 2. Gang in Kriechgeschwindigkeit bergauf geht. Gut, dass hier auf dieser Landstraße, zumindest am Morgen, das Verkehrsaufkommen doch geringer ist als es gestern Abend war.

Finde ich unfair, mir mein Reisetempo so unfreundlich unter die Nase zu reiben! (E-M5, 45mm, f/9, 1/60sec, ISO-100)
Vorallem wenn es gleich steil bergauf geht (E-M5, 35mm, f/9, 1/160sec, ISO-100)
Runter-hoch-runter-hoch (E-M5, 18mm, f/9, 1/160sec, ISO-100)
(E-M5, 14mm, f/9, 1/400sec, ISO-100)

Dafür bleibt wenigstens der Ausblick fantastisch. Da ich mich grundsätzlich weiter gen Osten bewege fahre ich parallel zur libanesischen Grenze. An einer Stelle bin ich auch nur noch 200m von der Grenze selber entfernt, man sieht im Tal bereits die libanesischen Ortschaften.

Der Grenze ganz nah. Blick in den Libanon (E-M5, 45mm, f/9, 1/80sec, ISO-100)
(E-M5, 45mm, f/9, 1/20sec, ISO-100)
Keine 100 Meter mehr von der Grenze entfernt.
Blick in den Libanon (E-M5, 45mm, f/9, 1/200sec, ISO-100)
Die andere Talseite ist bereits libanesisches Staatsgebiet (E-M5, 45mm, f/9, 1/250sec, ISO-100)
Blick zum israelischen Grenzturm (E-M5, 45mm, f/9, 1/200sec, ISO-100)

Genau die Grenze ist es ja nicht, dazwischen liegt noch eine von der UN kontrollierte demilitarisierte Zone, die sogenannten blauen Linie. Es verwundert also nicht, dass hier oben ganz schön viele Militärfahrzeuge und weiße UN-Jeeps unterwegs sind. Auch das israelische Militär patroulliert an der Grenze, schließlich werden immer wieder Angriffstunnel der Hisbollah entdeckt, womit die Terrororganisation vom Libanon aus versucht in israelisches Staatsgebiet vorzudringen.

Meinem steilen Klettern kommt zum Glück das Wetter heute entgegen. Bei relativ angenehmen 24 ° geht es mir deutlich besser als den über 45°, die ich stellenweise in Tadschikistan bewältigen musste. Trotzdem, die Höhenmeter bleiben knackig. In den ersten 15 Kilometern des Tages habe ich bereits 700 Meter davon hinter mich gebracht. Immer wenn man einen Hügelkamm mit dazugehörender Ortschaft erreicht hat, lässt sich mit fast 100%iger Sicherheit sagen, dass der Weg danach erstmal 50 oder mehr Höhenmeter wieder ins Tal schießt, nur um dann mühsam wieder empor zu klettern.

Weiter nach Safed, nun wieder auf einer “Hauptroute” (E-M5, 40mm, f/9, 1/80sec, ISO-100)

Safad scheint einfach nicht näher zu kommen, auch wenn es nur 40 Kilometer Wegstrecke sind. Als ich die letzten 5 davon erreicht habe, ist die Power wirklich raus aus den Beinen, schließlich habe ich heute bereits mehr Höhenmeter geschafft, als damals am ersten, verhängnisvollen Tag in Tadschikistan.

Erster Blick auf Safed (E-M5, 28mm, f/9, 1/200sec, ISO-100)

Und erneut geht es nun auf- und ab, ich keuche gegen die Widrigkeiten an. Da holt mich von hinten Alon ein, der erste Radfahrer mit Tourenrad, der mir im Land begegnet. Sonst waren es immer nur Menschen auf ihren (beneidenswert leichten Rennräder. Wir quatschen ein paar Minuten im Schatten eines Baumes und entweder habe ich einen interessanten Eindruck oder einen unerträglichen Geruch hinterlassen. Denn Alon bietet mir an, dass ich nach der Stadtbesichtigung in Safed bei ihm in einem nahegelegen Ort vorbeikommen kann, ich darf gerne übernachten und bei ihm die Dusche nutzen. Ein sehr nettes Angebot, ich sage ihm, ich werde mich nach dem Besuch in Safed entscheiden.

(E-M5, 14mm, f/9, 1/200sec, ISO-100)

Safed selber ist eine schöne Stadt, malerisch auf einem Berg gelegen, dadurch aber auch ziemlich anstrengend zu erkunden. Ich lasse mein Fahrrad bei einem Restaurant zurück und gehe zu Fuss weiter. Der Ausblick vom höchsten Punkt ist phänomenal, Safed ist die höchstgelegene Stadt Israels.

Während ich vom Berg/Hügel absteige kommen mir etwa 50 Jugendliche entgegen, alle mit einer Schutzweste und einem Gewehr bewaffnet. Es stellt sich raus, dass dies wohl eine Art Spielzeuggewehr ist, wo über ein Geräusch in der Weste dargestellt wird, wenn man getroffen ist. Diese Jugendliche spielen unter Beobachtung eines Erwachsenen die Erstürmung des Bergs in Safed nach. Alles seeeeehr skurril.

Nachgespielte Gefechte (E-M5, 45mm, f/9, 1/100sec, ISO-100)

Es gäbe zahlreiche religiöse Stätten zu besuchen, schließlich ist Safed die 4. wichtigste Stadt im Judentum und das Zentrum der jüdischen Mystik (Kabbala), ich entschließe mich aber für einen Bummel durchs Künstler*innenviertel.

In Safeds Künstler*innenviertel (E-M5, 24mm, f/9, 1/1000sec, ISO-100)

Die Bevölkerungszusammensetzung wirft ein spannendes Schlaglicht auf eine diverse Stadtgesellschaft, zwischen vielen (Ultra-)Orthodoxen, und Künstler*innen mischen sich noch jede Menge Tagestourist*innen. Die Stadt scheint vielfach recht arm zu sein, ich werde überaus häufig im Namen dieser oder jener religiösen Vereinigung angebettelt. Zudem scheint die Quote an verrückten (exzentrischen?) Menschen sehr hoch, nun das kenn ich ja aus Berlin auch nicht anders.

(E-M5, 14mm, f/9, 1/125sec, ISO-100)
(E-M5, 45mm, f/9, 1/250sec, ISO-100)
(E-M5, 26mm, f/9, 1/125sec, ISO-100)
(E-M5, 28mm, f/8, 1/40sec, ISO-100)
(E-M5, 14mm, f/8, 1/100sec, ISO-100)

Im Gespräch mit meinem Sitznachbarn auf der Parkbank darf ich mir plötzlich ein Loblied auf den BREXIT anhören, ergänzt durch absolutes Unverständnis, wie ich diesen nicht begrüßen könne. Zeit die Stadt zu verlassen, also Drahtesel gesattelt und weiter geht’s.

Blick zurück auf Safed bei der Fahrt aus der Stadt (E-M5, 18mm, f/8, 1/200sec, ISO-100)

Ich war unentschieden wie ich weiter verfahren sollte: Eigentlich hatte ich vor von Safed auf die Hula-Ebene hinab zu fahren, die 700 Höhenmeter unter mir liegt. Dann wäre es bretteben zum Hula-Nationalpark gegangen. Andererseits sind das alles in allem nur 20 Kilometer, von denen 5 auch noch steil Bergab gehen. Das könnte ich also auch morgen früh gut und schmerzlos erledigen und heute den Abend bei Alon verbringen.

Erster Blick auf den See Genezareth (E-M5, 19mm, f/8, 1/250sec, ISO-100)
See Genezareth (E-M5, 18mm, f/8, 1/200sec, ISO-100)

Als ich nach dem losfahren auch nur die kleinste Steigung hochfahren muss, ist die Entscheidung gefallen: Ab zu Alon und morgen erst gen Hula-Ebene. Die Beine fühlen sich einfach an wie Gummi, ich habe seit drei Tagen nicht geduscht, und ich habe keinerlei Lust wieder 10 Minuten vor Einbruch der Dunkelheit unten im Tal nach einem Campplatz Ausschau halten zu müssen.

Traumhafte Abfahrt nach all den Höhenmetern heute. Bereits im Blick: Das tieferliegende Hula-Tal und dahinter bereits die Golanhöhen (E-M5, 17mm, f/8, 1/100sec, ISO-100)
HulaTal und Golanhöhen (E-M5, 45mm, f/8, 1/125sec, ISO-100)
(E-M5, 16mm, f/8, 1/125sec, ISO-100)

Auf dem Weg zu Alon komme ich noch an wunderbaren Ausblicken auf den See Genezareth vorbei, gut dass dieser Ausblick auch von Alons Terrasse das Panorama dominiert. Und an was für einem beeindruckenden Ort ich hier gelandet bin: 5 Schlafzimmer hat das Haus, gebaut in einem kleinen, aber anscheinend sehr wohlhabenden Dörfchen.

Mein heutiger Palast (E-M5, 9mm, f/7.1, 8sec, ISO-400)

Alons Frau lebt im selben Haus, allerdings im Erdgeschoss, da sie an Lupus erkrankt ist und seit ein paar Jahren ein 100%iger Pflegefall ist, betreut durch eine 24h Pflege, die auch im Haus untergebracht ist. Eine wirklich berührende Geschichte, die mich mitnimmt. Vor ein paar Jahren war sie noch komplett gesund, dann gab es Gleichgewichtsprobleme beim Radfahren und von da an ging es steil Bergab mit ihrem Zustand. Umso faszinierender, wie Alon mit der Situation umgeht.

All dies erzählt mir Alon nachdem ich eine wohltuende Dusche genießen konnte.

So fertig sehe ich aus nach einer Bergetappe (ZTE A2017G, 4.216mm, f/1.8, 1/30sec, ISO-219)
Luxuswanne! (ZTE A2017G, 4.216mm, f/1.8, 1/30sec, ISO-436)

Kurz befürchtete ich, der Abend könnte seeeehr lang werden: Denn auf meine Frage, was ihn aus Amerika nach Israel verschlagen hätte bekam ich die Antwort, dass er mit 19 eine Vision von Gott erhalten habe, aber nicht wusste was dies zu bedeuten hatte. Erst 20 Jahre später, als er am See Genezareth stand, und auf einen Berg blickte, erkannte er diesen als Teil seiner Vision. Nun, auf diesem Berg steht nun sein Domizil. Die nächsten Sätze waren geschmückt mit “Gott will dass ich für ihn arbeite” und “er wird mich leiten”. Im weiteren Verlauf des Gesprächs hält er sich damit allerdings zurück, somit bleibt das Gespräch angenehm. Er ist Christ, seine Frau Jüdin, es scheint trotz den verrückten Visionsgedanken geklappt zu haben mit der interreligiösen Verständigung.

Wir haben noch viele spannende Gespräche übers Radfahren und das Leben in Israel, ich probiere zum ersten Mal Granatapfelwein (lecker! wenn auch etwas zu süß) und um 8 Uhr verabschiede ich mich in mein Gästezimmer, wo ein eigenes Bett auf mich wartet! Den Luxus heute keinen Zeltplatz suchen zu müssen, nicht im Dunkeln das Zelt aufzubauen und nicht im Dunkeln zu Kochen, genieße ich jetzt einfach mal: ich bin mir sicher es werden noch genug Camping-Abende auf diesem Trip anfallen.

Ein richtiges Bett! (E-M5, 14mm, f/5, 1/6sec, ISO-400)
Und ein Zimmer für mich alleine, welches ich schnell in einen Outdoorladen umfunktioniere (E-M5, 14mm, f/5, 1/4sec, ISO-400)